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Adenauer und die deutschen Ostgebiete in den fünfziger Jahren

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520 Axel Frohn<br />

Diese Politik setzten <strong>die</strong> Vere<strong>in</strong>igten Staaten m<strong>in</strong>destens bis zum Ende der <strong>fünfziger</strong><br />

Jahre fort. Noch <strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>satzpapieren des Nationalen Sicherheitsrats zur<br />

Deutschlandpolitik aus <strong>den</strong> <strong>Jahren</strong> 1957 <strong>und</strong> 1958 hieß es <strong>in</strong> gleichlauten<strong>den</strong> Passagen,<br />

<strong>die</strong> Westalliierten hätten <strong>die</strong> Position e<strong>in</strong>genommen, daß <strong>die</strong> Oder-Neiße-L<strong>in</strong>ie vorläufig<br />

sei <strong>und</strong> daß <strong>die</strong> endgültigen Grenzen Deutschlands mit Zustimmung e<strong>in</strong>er gesamt<strong>deutschen</strong><br />

Regierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Frie<strong>den</strong>sregelung festgelegt wer<strong>den</strong> sollten. Sie hätten<br />

ke<strong>in</strong>e Stellung dazu genommen, wo <strong>die</strong>se Grenzen verlaufen sollten. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />

habe von Zeit zu Zeit darauf h<strong>in</strong>gewiesen, daß es wünschenswert sei, e<strong>in</strong>e<br />

Kompromißlösung <strong>in</strong> der Grenzfrage zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>. Es würde jedoch unklug ersche<strong>in</strong>en,<br />

wenn <strong>die</strong> Vere<strong>in</strong>igten Staaten e<strong>in</strong>e feste Position zum Grenzverlauf e<strong>in</strong>nähmen, je<strong>den</strong>falls<br />

so lange, bis <strong>die</strong> Aussichten für e<strong>in</strong>e Regelung besser seien, da sie sich sonst nur<br />

<strong>die</strong> Fe<strong>in</strong>dseligkeit der Polen oder der Deutschen oder beider zuziehen wür<strong>den</strong> 149 .<br />

Erst während der Berl<strong>in</strong>-Krise, <strong>die</strong> sich von Ende 1958 bis zum Frühjahr 1963 h<strong>in</strong>zog,<br />

änderte sich <strong>die</strong> Politik der Vere<strong>in</strong>igten Staaten. Im Vorfeld der Gipfelkonferenz<br />

der drei westlichen Staats- <strong>und</strong> Regierungschefs mit dem sowjetischen M<strong>in</strong>isterpräsi<strong>den</strong>ten<br />

Nikita Chruschtschow, <strong>die</strong> im Mai 1960 <strong>in</strong> Paris stattf<strong>in</strong><strong>den</strong> sollte, wur<strong>den</strong> im<br />

State Department Stimmen laut, <strong>die</strong> im H<strong>in</strong>blick auf <strong>den</strong> „ungeregelten Status der<br />

ost<strong>deutschen</strong> Grenzen" forderten, nun endlich „harten Druck" auf <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> auszuüben<br />

150 , <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gespräch mit dem britischen Premierm<strong>in</strong>ister Harold Macmillan<br />

Ende März 1960 gab Eisenhower zu verstehen, daß der Zeitpunkt herannahe,<br />

zu dem man e<strong>in</strong>e „Erklärung zur Grenze" abgeben sollte. Macmillan hörte aus <strong>die</strong>sem<br />

Satz zu Recht <strong>die</strong> amerikanische Bereitschaft heraus, <strong>die</strong> Oder-Neiße-Grenze<br />

anzuerkennen, <strong>und</strong> <strong>die</strong> bei<strong>den</strong> Staatsmänner stimmten dar<strong>in</strong> übere<strong>in</strong>, daß man für<br />

e<strong>in</strong>e solche Erklärung von <strong>den</strong> „Russen" e<strong>in</strong>en nicht zu ger<strong>in</strong>gen Preis verlangen sollte<br />

151 . Dieselbe Haltung nahm Präsi<strong>den</strong>t de Gaulle e<strong>in</strong>, der schon e<strong>in</strong> Jahr zuvor <strong>die</strong><br />

Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze öffentlich zur Bed<strong>in</strong>gung für <strong>die</strong> französische<br />

Unterstützung der <strong>deutschen</strong> Wiedervere<strong>in</strong>igung gemacht hatte 152 .<br />

„Wir haben nochmals fies Jlück jehabt!", konnte <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> daher erleichtert aufatmen,<br />

nachdem Chruschtschow das Gipfeltreffen an der U-2-Affäre hatte scheitern<br />

lassen 153 . Doch der e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>geschlagene amerikanische Kurs <strong>in</strong> der Grenzfrage<br />

wurde nun nicht mehr aufgegeben, schon gar nicht unter Präsi<strong>den</strong>t John F. Kennedy,<br />

149<br />

Siehe NSC 5727, „Draft Statement of U.S. Policy on Germany", 13.12. 1957, <strong>in</strong>: FRUS 1955-<br />

1957, XXVI, Central and Southeastern Europe, Wash<strong>in</strong>gton 1992, S.328-341, bes. S.333f., <strong>und</strong><br />

NSC 5803, „Statement of U.S. Policy Toward Germany", 7.2. 1958, <strong>in</strong>: FRUS 1958-1960, IX,<br />

Berl<strong>in</strong> Crisis, 1959-1960; Germany; Austria, Wash<strong>in</strong>gton 1993, S. 631-644, bes. S. 637.<br />

150<br />

FRUS 1958-1960, IX, S.220; siehe auch ebenda, S.130.<br />

151<br />

Siehe ebenda, S.258f.; Harold Macmillan, Po<strong>in</strong>t<strong>in</strong>g the Way 1959-1961, London 1972, S. 191; zur<br />

britischen Position <strong>in</strong> der Grenzfrage siehe ebenda, S. 408 <strong>und</strong> 425.<br />

152<br />

Siehe Daniel Kosthorst, Brentano <strong>und</strong> <strong>die</strong> deutsche E<strong>in</strong>heit. Die Deutschland- <strong>und</strong> Ostpolitik des<br />

Außenm<strong>in</strong>isters im Kab<strong>in</strong>ett <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> 1955-1961, Düsseldorf 1993, S.276; FRUS 1958-1960,<br />

VIII, Berl<strong>in</strong> Crisis 1958-1959, Wash<strong>in</strong>gton 1993, S.654.<br />

153<br />

Zit. nach Hans-Peter Schwarz, Die Ära <strong>A<strong>den</strong>auer</strong> 1957-1963, Stuttgart 1983, S. 107. Am 1.5.1960<br />

war über der Sowjetunion e<strong>in</strong> amerikanisches U-2-Aufklärungsflugzeug abgeschossen wor<strong>den</strong>.

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