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Unter anderen Umständen – Mutter werden in dieser Gesellschaft

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dennoch straffrei def<strong>in</strong>iert. E<strong>in</strong> und dieselbe Tat wird auf zwei Ebenen<br />

behandelt: auf der <strong>in</strong>fantilen Ebene ist Abtreibung e<strong>in</strong> krim<strong>in</strong>elles Delikt<br />

und auf der realen, lebenspraktischen Ebene, die doch nicht völlig von<br />

den Lebensrealitäten der <strong>in</strong>dividuellen Frauen und gesellschaftlichen Be-<br />

d<strong>in</strong>gungen absehen kann, läßt man Abtreibung straffrei »durchgehen«.<br />

Man kann auch nicht e<strong>in</strong>fach die Hälfte der weiblichen Bevölkerung <strong>in</strong> den<br />

Knast stecken!<br />

Der unverantwortliche, ja <strong>in</strong>humane Umgang mit dem auch immer wieder<br />

lässig geäußerten Tötungsvorwurf bei <strong>dieser</strong> Art von <strong>in</strong> unserer Gesell-<br />

schaft <strong>in</strong>zwischen salonfähiger Abtreibungsgegnerschaft wäre e<strong>in</strong>en eige-<br />

nen Vortrag wert. Me<strong>in</strong>er Auffassung nach handelt es sich dabei um e<strong>in</strong>e<br />

Form von »Frauenhetze« <strong>–</strong> diesen Tatbestand gibt es aber sowohl <strong>in</strong> justiti-<br />

abler wie <strong>in</strong> ethischer Form nicht <strong>–</strong> und gleichzeitig, praktischerweise, um<br />

e<strong>in</strong>e Verharmlosung tatsächlichen Tötens und Mordens. Mir ersche<strong>in</strong>t es<br />

als s<strong>in</strong>nvoll und klärend, den Begriff Töten für geborenes Leben zu re-<br />

servieren. Der aggressive und zerstörerische Akt, den e<strong>in</strong>e Abtreibung be-<br />

deutet, soll aber ke<strong>in</strong>eswegs »soft« verharmlost <strong>werden</strong>. Diese defensive<br />

Mimikry schwächt den selbstbewußten Umgang mit Ab- treibungen und<br />

unterstützt leider die anhaltende Positionierung des Schwangerschaftsab-<br />

bruchs <strong>in</strong> der Schmuddelecke: scham-, schuld- und leidbeladen.<br />

Gebärneid und die Abwehr von weiblicher Potenz Im folgenden geht es um<br />

e<strong>in</strong>ige Konsequenzen des männlichen Neides auf die weibliche sexuelle<br />

und Fortpflanzungspotenz, der Gebärneid, Schwangerschafts- und Ab-<br />

treibungsneid e<strong>in</strong>schließen kann. Die damit verbundenen Bilder und Phan-<br />

tasien, bei denen es um Entwertung, narzißtische Kränkungen, Scham-,<br />

Schuldgefühle und deren Abwehr geht, stellen weiteren Zündstoff im Ab-<br />

treibungsdiskurs dar.<br />

Schon <strong>in</strong> der Bibel versucht der patriarchale Gott durch se<strong>in</strong>en Fluch über<br />

Eva ihre fruchtbare Potenz zu demontieren und zu e<strong>in</strong>em Leid zu machen:<br />

»<strong>Unter</strong> Schmerzen sollst du K<strong>in</strong>der gebären und der Mann soll de<strong>in</strong> Herr<br />

se<strong>in</strong>.«<br />

Evas Entdeckungslust und Potenz (als erste Sexualforscher<strong>in</strong>) im Paradies<br />

über Geheimnisse, Se<strong>in</strong>sfragen und Sex wurde durch den männlichen<br />

Gott und se<strong>in</strong>e irdischen Nachfolger auch nach dem Paradies beh<strong>in</strong>dert.<br />

68 Cornelia Hühn

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