12.12.2012 Aufrufe

Unter anderen Umständen – Mutter werden in dieser Gesellschaft

Unter anderen Umständen – Mutter werden in dieser Gesellschaft

Unter anderen Umständen – Mutter werden in dieser Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Menschen, die zum Objekt gemacht <strong>werden</strong>.<br />

In der Abspaltung und mediz<strong>in</strong>isch-technischen Festlegung von »Krankheit«<br />

haben biomediz<strong>in</strong>isch-technologische Lösungen folgerichtig Vorrang vor<br />

sozialpolitischen Lösungen: Selektive/eugenische Kontrolle schwangerer<br />

Frauen als Kontrolle des Ungeborenen hat <strong>in</strong>dividuell und gesellschaft-<br />

lich Vorrang vor dem Versuch, e<strong>in</strong> gesellschaftliches Zusammenleben zu<br />

gestalten, <strong>in</strong> der Vielfalt von Lebensäußerungen von Menschen, auch be-<br />

h<strong>in</strong>dertes Leben, erlaubt, wenn nicht gar erwünscht ist.<br />

Neue Lösungen <strong>in</strong> eugenischen Bestrebungen sche<strong>in</strong>en sich <strong>in</strong> präventiven<br />

Ansätzen zu zeigen. Prävention als frühzeitige Verh<strong>in</strong>derung von Krankheit<br />

und Beh<strong>in</strong>derungen ersche<strong>in</strong>t unverdächtig: Prävention kann doch nur gut<br />

se<strong>in</strong>! Aber Prävention <strong>in</strong> unserem Themenbereich ist geknüpft an die eben<br />

beschriebenen Vorstellungen von Gesundheit e<strong>in</strong>erseits und Beh<strong>in</strong>derung<br />

andererseits. Somit ist Prävention immer neben Hilfe auch soziale Kontrol-<br />

le. Mit vorgeburtlicher Diagnostik wird <strong>–</strong> präventiv <strong>–</strong> die Leibesfrucht und<br />

damit die schwangere Frau kontrolliert und an Normalität angepaßt. In<br />

diesem Feld »Gesundheit«, welches für unsere Kultur zum LebensGrund<br />

schlechth<strong>in</strong> geworden ist (Hauptsache: gesund!), treffen gesellschaftliche<br />

Anforderungen und Normierungen mit den Bedürfnissen e<strong>in</strong>zelner Frau-<br />

en und Männer eben nach jenem sicheren Lebensglück zusammen. Dies<br />

vielleicht um so mehr, als die <strong>in</strong>dividuellen Gestaltungsmöglichkeiten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er immer undurchschaubarer und komplexer <strong>werden</strong>den Welt enger<br />

<strong>werden</strong> und unser Leben vielfach geprägt ist von Ohnmachtserfahrungen<br />

z.B. durch ökologische Bedrohung und soziale Unsicherheiten auch für<br />

unsere K<strong>in</strong>der.<br />

Angebote und mediz<strong>in</strong>ische Versprechen zur optimalen Ausgestaltung des<br />

eigenen Körpers und e<strong>in</strong>es »gesunden« K<strong>in</strong>des sichern das eigene Selbst-<br />

verständnis: Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gute Frau, e<strong>in</strong>e gute <strong>Mutter</strong>, e<strong>in</strong> guter Mensch.<br />

He<strong>in</strong>er Keupp nennt dies das »Wollen des Gesollten«, (S.64).<br />

Diese Gesundheitsvorstellungen s<strong>in</strong>d ausgerichtet auf die Erfolgreichen, auf<br />

SiegerInnen. Petra Schlüter formuliert: »Das self-management des eige-<br />

nen Reproduktionsschicksals ist so zugleich <strong>in</strong>dividuelles wie gesellschaft-<br />

liches Ziel. Geme<strong>in</strong>sames Kriterium für e<strong>in</strong> erfolgreiches Management ist<br />

die Vermeidung von nicht oder nur schwer <strong>in</strong> diese <strong>Gesellschaft</strong> <strong>in</strong>tegrier-<br />

bare Menschen«, (Schlüter S. 108).<br />

Eugenische Tendenzen als Zwang zum gesunden K<strong>in</strong>d<br />

81

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!