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COMPACT-Spezial "Asyl unsere Toten"

Asyl, Unsere Toten Unsere Toten, Unsere Trauer

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<strong>COMPACT</strong> <strong>Spezial</strong><br />

_ Was tun?<br />

Wehrhafte Demokratie – aber wie?<br />

_ von Marc Dassen<br />

Regierung und Eliten greifen längst rücksichtslos gegen vermeintliche Extremisten<br />

durch. Leider verstehen sie darunter nicht islamische Terroristen, sondern die<br />

wachen Teile des Volkes. Ein Plädoyer für den starken Staat könnte diese gefährliche<br />

Tendenz verstärken.<br />

Gerd Held ist mit seinem «Plädoyer für die wehrhafte<br />

Demokratie» eine kritische Bestandsaufnahme<br />

der Sicherheitslage in Deutschland sowie eine<br />

treffende Analyse der zwielichtigen Rolle der sogenannten<br />

Zivilgesellschaft gelungen. Allerdings ist<br />

bereits sein Zentralbegriff problematisch: Verstand<br />

man unter «wehrhafter Demokratie» in den ersten<br />

Jahrzehnten der Bundesrepublik noch die verfassungsmäßig<br />

geregelte Fähigkeit <strong>unsere</strong>s Gemeinwesens,<br />

sich gegen innere und äußere Feinde zur<br />

Wehr zu setzen und dabei auch Grundrechte bestimmter<br />

Personengruppen zum Schutz der Allgemeinheit<br />

temporär einzuschränken, scheint in der<br />

Ära Gauck eine Lähmung dieses demokratischen<br />

Selbstschutzmechanismus eingetreten zu sein.<br />

Als vordringliche Aufgabe von Staat und Gesellschaft<br />

wird heute nicht der notwendige Kampf<br />

gegen Scharia-Zonen und islamistischen Terrorismus<br />

gesehen, sondern vielmehr die Verfolgung und<br />

Unterdrückung unliebsamer Meinungen und weitgehend<br />

gewaltfreier Proteste patriotischer Widerständler.<br />

Aggressiv gegen Merkel-Kritiker, zahm gegen<br />

Salafisten?<br />

Jagd auf Gedankenverbrecher<br />

Besonders Justizminister Heiko Maas scheint<br />

dieser neuen Form politisch korrekter Wehrhaftigkeit<br />

zugeneigt. Nachdem Ende Februar 2016 eine 15-jährige<br />

IS-Besessene einen Bundespolizisten in Hannover<br />

mit einem Messer attackiert hatte und Mitte<br />

April 2016 bei einem Sprengstoffanschlag auf eine<br />

Sikh-Gemeinde in Essen drei Menschen knapp dem<br />

Tode entkamen, zitierte Die Zeit ihn Anfang Juni mit<br />

den Worten: «Maas sieht Demokratie in Gefahr.»<br />

Doch nicht der sich ausbreitende IS-Terror, der weniger<br />

als einen Monat später in Würzburg und Ansbach<br />

erneut zuschlagen sollte, schien ihm bedrohlich.<br />

Vielmehr sei es die «rechte Hetze», die «in<br />

Deutschland ein nicht mehr hinnehmbares Maß erreicht»<br />

habe. Maas warnt vor «intensiveren organisatorischen<br />

Zusammenschlüssen» gewaltbereiter<br />

Gruppen, die sich verabreden würden, um «gezielt<br />

Verbrechen zu begehen – mit klaren rechtsextremistischen<br />

Motiven.» Von Islamisten kein Wort. Besonders<br />

dreist: «Eine Mitschuld» für die beklagte Verrohung<br />

sieht er bei den «verbalen Brandstiftern» von<br />

der AfD, also – frei nach Kurt Tucholsky – wieder bei<br />

denjenigen, die mit Worten auf den Schmutz hinweisen,<br />

statt bei denen, die den Schmutz verursachen<br />

– also mit ihren Taten Blut vergießen.<br />

Auch bei der Süddeutschen Zeitung gab man<br />

Ende Januar 2017 eine gleichlautende Losung aus:<br />

«Eine wehrhafte Demokratie», so hieß es da, müsse<br />

«Hetzer nicht fürchten». Damit ist die Sache klar:<br />

Statt Terroristen und Scheinasylanten ins Visier zu<br />

nehmen, werden die Waffen der wehrhaften Demokratie<br />

auf politische Gedankenverbrecher gerichtet,<br />

die selbstverständlich weder die Demokratie bedrohen,<br />

noch Ursache des Terrors sind. Ihr Vergehen<br />

«Eine wehrhafte Demokratie<br />

muss Hetzer<br />

nicht fürchten.» <br />

Süddeutsche Zeitung<br />

Bundesjustizminister Heiko Maas<br />

(SPD) ist das Gesicht der Zensur<br />

in Deutschland. Foto: picture alliance<br />

/ dpa<br />

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