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COMPACT-Magazin 05-2017

Der Osten leuchtet. Was der Westen lernen kann

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<strong>COMPACT</strong> Kolumnen<br />

Hartlages BRD-Sprech _ Spaltung<br />

_ Manfred Kleine-Hartlage ist<br />

Publizist und Diplom-Sozialwissenschaftler.<br />

Die Serie ist an sein Buch<br />

«Die Sprache der BRD» angelehnt:<br />

Verlag Antaios, 240 Seiten,<br />

gebunden, 22,00 Euro (Bestellung<br />

über antaios.de).<br />

Was spaltet die Gesellschaft? Bierdeckel<br />

für «Toleranz» in Köln. Foto:<br />

picture alliance / Oliver Berg/dpa<br />

Zu den Lieblingsvorwürfen, die das Establishment<br />

an die Opposition richtet, gehört die Behauptung,<br />

diese wolle «die Gesellschaft spalten». Wie<br />

die meisten Redewendungen der Sprache der BRD<br />

sagt auch dieser Vorwurf mehr über den aus, der ihn<br />

erhebt, als über den, dem er gilt.<br />

Halten wir zunächst fest, dass eine pluralistische<br />

Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad gespalten<br />

sein muss, nämlich in Anhänger unterschiedlicher<br />

politischer Richtungen. Die Formel von der «Spaltung<br />

der Gesellschaft» spricht Bände über die voroder<br />

auch postdemokratischen Wunschvorstellungen<br />

eines Establishments, aus dessen Sicht eine Gesellschaft<br />

ideologischer Konformisten offenbar als<br />

Normalzustand, mindestens aber als anzustrebendes<br />

Ideal gilt. So etwas wie die Legitimität der Dissidenz,<br />

theoretisch immer noch eine der Säulen eines<br />

liberalen Gemeinwesens, kann und darf es aus<br />

der Perspektive von dessen Funktionseliten wohl<br />

nicht mehr geben. Dabei ist die Anerkennung eben<br />

dieser Legitimität der Kitt, der eine pluralistische<br />

Gesellschaft zusammenhält und ihre Spaltung entlang<br />

ideologischer Bruchlinien verhindert.<br />

Ein auf erzwungenem ideologischem Konformismus<br />

beruhendes Staatswesen ist totalitär. Es erzeugt<br />

den Anschein von Harmonie dadurch, dass es<br />

Nonkonformisten aus der Gesellschaft hinausdrängt,<br />

statt sich ihrer Kritik zu stellen. Zwar sind wir hierzulande<br />

gottlob noch nicht so weit, dass Dissidenten<br />

in Konzentrationslagern verschwinden. Wohl aber erleben<br />

wir, dass ein Kartell aus politischen Machthabern,<br />

korrupten Medien und linksradikalem Mob sein<br />

Möglichstes tut, dafür zu sorgen, dass die Grundrechte<br />

ideologischer Abweichler zunehmend theoretischer<br />

Natur sind. Die Gesellschaft wird dadurch<br />

in der Tat gespalten, aber gerade nicht durch ideologische<br />

Dissidenz, sondern durch die demonstrative<br />

Nichtanerkennung von deren Legitimität seitens des<br />

herrschenden Machtkartells – also genau der Kreise,<br />

die die Spaltung der Gesellschaft so gerne der Opposition<br />

in die Schuhe schieben möchten.<br />

Halt, würden die Ideologen des Kartells nun einwenden:<br />

Mit der Spaltung der Gesellschaft, die man<br />

der Opposition vorwerfe, sei ja gar nicht die Spaltung<br />

entlang politischer, sondern ethnischer, religiöser<br />

oder kultureller Grenzen gemeint, also etwa die<br />

Spaltung in Deutsche und Ausländer oder Christen<br />

und Moslems.<br />

Ein Kartell aus Machthabern, Medien<br />

und Mob greift die Grundrechte<br />

an.<br />

64<br />

Nun, diese Spaltung ist zweifellos vorhanden.<br />

Sie ist aber wiederum nicht das Ergebnis der oppositionellen,<br />

sondern der herrschenden Politik. Insbesondere<br />

die politische Rechte hat seit Jahrzehnten<br />

händeringend davor gewarnt, eine ethnisch,<br />

religiös und kulturell einigermaßen homogene Bevölkerung<br />

in ein multiethnisches, multireligiöses<br />

und multikulturelles Konglomerat zu verwandeln,<br />

und zwar genau mit der Begründung, dass die Gesellschaft<br />

durch eine solche Politik in Gruppen gespalten<br />

wird, denen es an elementarsten Gemeinsamkeiten<br />

der Werte und Loyalitäten fehlt. Und jetzt,<br />

wo die düstersten Vorhersagen sich Punkt für Punkt<br />

erfüllen und die Gesellschaft tatsächlich gespalten<br />

ist, sollen diejenigen, die davor gewarnt haben, deren<br />

Warnungen aber in den Wind geschlagen wurden,<br />

schuld an dieser Spaltung sein! Dies wird ungeachtet<br />

der Tatsache postuliert, dass sie keinerlei<br />

politische Macht haben und daher für den Zustand<br />

der Gesellschaft unmöglich verantwortlich sein können,<br />

sehr im Gegensatz zu den Machthabern, die<br />

ihr Programm jahrzehntelang ungehindert verfolgen<br />

konnten, jetzt aber die Verantwortung für dessen<br />

Konsequenzen ablehnen.

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