energiezukunft_2016-20
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neues aus der energiepolitik<br />
Strom aus<br />
regionalen<br />
EEG-Anlagen<br />
Oliver Hummel<br />
Oliver Hummel ist Vorstand der NATURSTROM AG<br />
Wussten Sie, dass vermutlich über 90 Prozent des<br />
„Ökostroms“ in Deutschland unter diesem Begriff<br />
verkauft werden, weil der Energieversorger ein Zertifikat<br />
im Ausland erwirbt, das seinen „Graustrom“ umetikettiert<br />
und sonst nichts macht? Nicht verwundern wird Sie,<br />
dass die allermeisten Deutschen sich unter Ökostrom<br />
wohl etwas anderes vorstellen – die Belieferung aus den<br />
in Deutschland zunehmend errichteten Wind- und Solarkraftwerken.<br />
Als Pionier der echten Direktbelieferung versorgte<br />
NATURSTROM seit <strong>20</strong>08 seine Kunden zu großen Teilen<br />
aus solchen Anlagen, die ansonsten durch das EEG<br />
gefördert wurden (EEG-Anlagen). Dieser Weg einer wirtschaftlich<br />
tragfähigen Belieferung von Kunden mit Strom<br />
aus heimischen EEG-Anlagen wurde aber zum August <strong>20</strong>14<br />
von der Regierung bei einer Überarbeitung des EEG gestrichen.<br />
Seitdem wird der Strom aus EEG-Anlagen i.d.R. nur<br />
noch als Graustrom vermarktet. Verständlich ist dieses<br />
System aber für so gut wie niemanden.<br />
Deshalb haben wir gemeinsam mit anderen engagierten<br />
Akteuren und Verbänden mehrfach Vorschläge erarbeitet,<br />
wie eine alternative Vermarktung von Ökostrom aus<br />
EEG-Anlagen hierzulande wieder gelingen könnte – deren<br />
Umsetzung ist aber trotz breiter Unterstützung bislang am<br />
Widerstand des Wirtschaftsministeriums gescheitert.<br />
Stattdessen hat das Ministerium nun eine endgültig verwirrende<br />
Änderung bei der Stromkennzeichnung vorgeschlagen.<br />
Energieversorgern soll es ermöglicht werden, in<br />
Verbindung mit der gezahlten EEG-Umlage Herkunftsnachweise<br />
aus Anlagen in ihrer Region zu erhalten. Mit<br />
Hilfe dieser Zertifikate könnten sie dann in ihrer Stromkennzeichnung<br />
anteilig Strom aus EEG-Anlagen aus der<br />
Region ausweisen.<br />
Die ohnehin schon intransparente Stromkennzeichnung<br />
würde dadurch noch komplexer. Normale Stromkunden<br />
bekommen von ihrem Stromversorger heute einen Anteil<br />
von etwa 40 Prozent Strom aus EEG-Anlagen in der<br />
Stromkennzeichnung ausgewiesen. Diesen Anteil kann<br />
jeder Stromanbieter gegenüber den Kunden ausweisen,<br />
ohne auch nur eine einzige Kilowattstunde Ökostrom<br />
eingekauft zu haben. Kommt der neue Vorschlag des Ministeriums<br />
zum Zuge, dann können diese 40 Prozent virtuellen<br />
Mengen in Zukunft sogar noch als Ökostrom aus der<br />
Region bezeichnet werden.<br />
Anders als Akteure, die überhaupt keinen Ökostrom<br />
einkaufen, können reine Ökostromanbieter wie NATUR-<br />
STROM, die 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien<br />
anbieten, die 40 Prozent EEG-Strom-Zuweisung übrigens<br />
schon heute nicht verwenden, denn sie müssen erst einmal<br />
100 Prozent aus echten Quellen nachweisen. Die virtuellen<br />
extra 40 Prozent EEG-Strom können sie dann nicht mehr<br />
sinnvoll zusätzlich nutzen (mehr als 100 Prozent geht eben<br />
nicht).<br />
Oder anders ausgedrückt: Je weniger Ökostrom ein Händler<br />
kauft, desto mehr nützt ihm die jetzige Stromkennzeichnungsverordnung.<br />
Wenn Sie jetzt ungläubig den Kopf<br />
schütteln – das machen wir auch.<br />
Der neue Vorschlag des Ministeriums ändert daran absolut<br />
nichts. Auch wenn er vermutlich einen auch für konventionelle<br />
Anbieter einfachen Weg zu „regionalem Ökostrom“<br />
darstellen soll, freut sich aufgrund der Tatsache, dass das<br />
Ganze dem Kunden einfach kaum noch vermittelbar wäre,<br />
eigentlich niemand darüber, nicht einmal die möglichen<br />
Nutznießer.<br />
Drücken wir also gemeinsam die Daumen, dass die geplante<br />
Änderung nicht verabschiedet wird. Wir werden uns jedenfalls<br />
nicht entmutigen lassen und uns auch weiterhin für ein<br />
sinnvolles gesetzliches Vermarktungsmodell für EEG-Anlagen<br />
einsetzen, damit NATURSTROM in Zukunft neben<br />
100% Erneuerbaren Energien größtenteils aus Deutschland<br />
auch wieder vermehrt Strom aus Wind und PV in den<br />
Strommix aufnehmen kann.<br />
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