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Der Herr der Schlüssel_Mai_2017

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DIE VISION / DORF 2.0<br />

VISIONÄR NR. 3 / VISIONARY NO. 3<br />

Steffen Hess<br />

Leiter des Projekts Digitale Dörfer vom Fraunhofer Institut<br />

Project manager at Digital Villages, Fraunhofer Institute<br />

WER IM DIGITALEN DORF <strong>der</strong> Zukunft eine<br />

Bohrmaschine ausleihen möchte, findet<br />

über die Tauschbar-App schnell den<br />

Nachbarn, <strong>der</strong> eine besitzt. Über die<br />

Lieferbar-App erfährt man, welcher<br />

Nachbar auf dem Heimweg an <strong>der</strong><br />

Packstation vorbeifährt und einem<br />

die Kiste Äpfel mitbringen kann, die<br />

man über die Bestellbar-App bestellt<br />

hat. Neben dem Obsthändler aus<br />

dem Nachbardorf bieten auch an<strong>der</strong>e<br />

Unternehmen aus <strong>der</strong> Region auf dieser<br />

Online-Plattform ihre Produkte an.<br />

„Wir wollen helfen, digitale Dienste<br />

für ländliche Gegenden zu entwickeln“,<br />

sagt Steffen Hess, <strong>der</strong> 36-jährige Leiter<br />

des Projekts Digitale Dörfer am Fraunhofer<br />

Institut. Denn obwohl zwei Drittel<br />

aller Deutschen auf dem Land leben, hat<br />

sich die Forschung zu den Chancen <strong>der</strong><br />

digitalen Vernetzung bisher auf „Megastädte“<br />

konzentriert. Aber während es<br />

sich ein Supermarkt in Frankfurt leisten<br />

kann, seine Kunden kostenlos zu beliefern,<br />

fallen für eine Lieferung auf dem<br />

Land schon mal 15 Euro an. „Deswegen<br />

braucht man hier individuellere Lösungen“,<br />

sagt Hess.<br />

In den drei Gemeinden in Rheinland-<br />

Pfalz, in denen das Projekt an den Start<br />

ging, nahmen die Bewohner erst einmal<br />

freiwillig das Paket für den Nachbarn<br />

mit – ohne dafür bezahlt zu werden. Wie<br />

von den Forschern vermutet, funktionierte<br />

das gut: „Studien haben gezeigt,<br />

dass Menschen gern mehr ehrenamtlich<br />

tätig wären, aber nicht wissen wie.“<br />

Hier soll das Digitale helfen: „Es ist<br />

eine Ergänzung zum Analogen. Es soll<br />

keinen Bedarf generieren, wo keiner ist.“<br />

Überraschter waren Hess und sein<br />

Team darüber, dass viele Bewohner erst<br />

„Die Rückmeldung?<br />

Endlich mal wie<strong>der</strong><br />

was los hier“<br />

“Our feedback? ‘Finally<br />

something’s going on<br />

around here’”<br />

über die Bestellbar-App Läden in ihrer<br />

Umgebung entdeckten – etwa dass es im<br />

Nachbarort einen Bäcker gibt, <strong>der</strong> noch<br />

selbst backt. Auch erstaunlich: Nicht<br />

etwa die Jungen mit ihren Smartphones<br />

nutzten vorrangig die digitale Nachbarschaftshilfe,<br />

son<strong>der</strong>n Menschen im<br />

frühen Rentenalter.<br />

Über eins, so Hess, waren sich jedoch<br />

Dorfbewohner aller Generationen einig:<br />

„Die häufigste Rückmeldung war: Endlich<br />

mal wie<strong>der</strong> was los hier.“<br />

IN THE DIGITAL village of the future,<br />

residents who need to borrow a drill will<br />

be able to find a neighbour who can lend<br />

them one via the TauschBar exchange<br />

app. Meanwhile, the LieferBar delivery<br />

app will tell them who on their street is<br />

passing the parcel collection point on<br />

their way home so they can ask them to<br />

bring back the box of apples or<strong>der</strong>ed<br />

using the BestellBar or<strong>der</strong>ing app. Local<br />

shops will all be on this online platform.<br />

“We want to help develop digital<br />

services for rural areas,” says Steffen<br />

Hess, head of the Digital Villages<br />

project at the Fraunhofer Institute.<br />

According to the 36-year-old, some<br />

two-thirds of people in Germany live in<br />

the countryside, yet research into<br />

digital connectivity has so far focused<br />

on cities. However, while a supermarket<br />

in Frankfurt can afford to deliver<br />

goods to its customers free of charge, a<br />

similar delivery in the countryside can<br />

cost €15. “We need more customised<br />

solutions,” says Hess.<br />

The LieferBar delivery service is<br />

now operating on a voluntary basis in<br />

three municipalities in the German<br />

state of Rhineland-Palatinate. As<br />

researchers suspected, the voluntary<br />

approach works well: “Studies have<br />

shown that people would like to do<br />

more voluntary work but they don’t<br />

know how,” explains Hess. The app<br />

offers them that opportunity.<br />

The app’s main users are recent<br />

retirees rather than youngsters – many<br />

of whom have discovered nearby shops<br />

as a result – but Hess says all the villagers<br />

agree on one thing: “The most<br />

frequent feedback was: ‘Finally there’s<br />

something going on around here.’”

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