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DIE VISION / DORF 2.0<br />
VISIONÄR NR. 3 / VISIONARY NO. 3<br />
Steffen Hess<br />
Leiter des Projekts Digitale Dörfer vom Fraunhofer Institut<br />
Project manager at Digital Villages, Fraunhofer Institute<br />
WER IM DIGITALEN DORF <strong>der</strong> Zukunft eine<br />
Bohrmaschine ausleihen möchte, findet<br />
über die Tauschbar-App schnell den<br />
Nachbarn, <strong>der</strong> eine besitzt. Über die<br />
Lieferbar-App erfährt man, welcher<br />
Nachbar auf dem Heimweg an <strong>der</strong><br />
Packstation vorbeifährt und einem<br />
die Kiste Äpfel mitbringen kann, die<br />
man über die Bestellbar-App bestellt<br />
hat. Neben dem Obsthändler aus<br />
dem Nachbardorf bieten auch an<strong>der</strong>e<br />
Unternehmen aus <strong>der</strong> Region auf dieser<br />
Online-Plattform ihre Produkte an.<br />
„Wir wollen helfen, digitale Dienste<br />
für ländliche Gegenden zu entwickeln“,<br />
sagt Steffen Hess, <strong>der</strong> 36-jährige Leiter<br />
des Projekts Digitale Dörfer am Fraunhofer<br />
Institut. Denn obwohl zwei Drittel<br />
aller Deutschen auf dem Land leben, hat<br />
sich die Forschung zu den Chancen <strong>der</strong><br />
digitalen Vernetzung bisher auf „Megastädte“<br />
konzentriert. Aber während es<br />
sich ein Supermarkt in Frankfurt leisten<br />
kann, seine Kunden kostenlos zu beliefern,<br />
fallen für eine Lieferung auf dem<br />
Land schon mal 15 Euro an. „Deswegen<br />
braucht man hier individuellere Lösungen“,<br />
sagt Hess.<br />
In den drei Gemeinden in Rheinland-<br />
Pfalz, in denen das Projekt an den Start<br />
ging, nahmen die Bewohner erst einmal<br />
freiwillig das Paket für den Nachbarn<br />
mit – ohne dafür bezahlt zu werden. Wie<br />
von den Forschern vermutet, funktionierte<br />
das gut: „Studien haben gezeigt,<br />
dass Menschen gern mehr ehrenamtlich<br />
tätig wären, aber nicht wissen wie.“<br />
Hier soll das Digitale helfen: „Es ist<br />
eine Ergänzung zum Analogen. Es soll<br />
keinen Bedarf generieren, wo keiner ist.“<br />
Überraschter waren Hess und sein<br />
Team darüber, dass viele Bewohner erst<br />
„Die Rückmeldung?<br />
Endlich mal wie<strong>der</strong><br />
was los hier“<br />
“Our feedback? ‘Finally<br />
something’s going on<br />
around here’”<br />
über die Bestellbar-App Läden in ihrer<br />
Umgebung entdeckten – etwa dass es im<br />
Nachbarort einen Bäcker gibt, <strong>der</strong> noch<br />
selbst backt. Auch erstaunlich: Nicht<br />
etwa die Jungen mit ihren Smartphones<br />
nutzten vorrangig die digitale Nachbarschaftshilfe,<br />
son<strong>der</strong>n Menschen im<br />
frühen Rentenalter.<br />
Über eins, so Hess, waren sich jedoch<br />
Dorfbewohner aller Generationen einig:<br />
„Die häufigste Rückmeldung war: Endlich<br />
mal wie<strong>der</strong> was los hier.“<br />
IN THE DIGITAL village of the future,<br />
residents who need to borrow a drill will<br />
be able to find a neighbour who can lend<br />
them one via the TauschBar exchange<br />
app. Meanwhile, the LieferBar delivery<br />
app will tell them who on their street is<br />
passing the parcel collection point on<br />
their way home so they can ask them to<br />
bring back the box of apples or<strong>der</strong>ed<br />
using the BestellBar or<strong>der</strong>ing app. Local<br />
shops will all be on this online platform.<br />
“We want to help develop digital<br />
services for rural areas,” says Steffen<br />
Hess, head of the Digital Villages<br />
project at the Fraunhofer Institute.<br />
According to the 36-year-old, some<br />
two-thirds of people in Germany live in<br />
the countryside, yet research into<br />
digital connectivity has so far focused<br />
on cities. However, while a supermarket<br />
in Frankfurt can afford to deliver<br />
goods to its customers free of charge, a<br />
similar delivery in the countryside can<br />
cost €15. “We need more customised<br />
solutions,” says Hess.<br />
The LieferBar delivery service is<br />
now operating on a voluntary basis in<br />
three municipalities in the German<br />
state of Rhineland-Palatinate. As<br />
researchers suspected, the voluntary<br />
approach works well: “Studies have<br />
shown that people would like to do<br />
more voluntary work but they don’t<br />
know how,” explains Hess. The app<br />
offers them that opportunity.<br />
The app’s main users are recent<br />
retirees rather than youngsters – many<br />
of whom have discovered nearby shops<br />
as a result – but Hess says all the villagers<br />
agree on one thing: “The most<br />
frequent feedback was: ‘Finally there’s<br />
something going on around here.’”