Cruiser im September 2013
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Gesellschaft CRUISER Edition <strong>September</strong> <strong>2013</strong><br />
Homosexualität,<br />
Gott und die Welt<br />
Welche Faktoren beeinflussen<br />
die Einstellung gegenüber<br />
Homosexualität?<br />
von Michael Lenz<br />
Mit Menschen- und Bürgerrechten<br />
ist es in dieser Welt<br />
so wie mit Reichtum: Sie sind<br />
ungleich verteilt. Das wird besonders<br />
deutlich bei gesellschaftlichen<br />
Einstellungen<br />
gegenüber Schwulen und Lesben.<br />
In den westlichen Industriestaaten ist die<br />
Gleichstellung Homosexueller weit fortgeschritten.<br />
Immer mehr Länder führen bürgerliche<br />
Partnerschaften oder gar die Homo-Ehe<br />
ein. In den Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
hingegen gehört noch sehr viel Mut dazu,<br />
sich als Schwuler oder Lesbe zu outen. Die konservativen<br />
Gesellschaften lehnen Menschen<br />
anderer sexueller Orientierungen als der heterosexuellen<br />
ab, und in über 80 Ländern ist Homosexualität<br />
(meist «nur» die männliche) gar<br />
noch <strong>im</strong>mer kr<strong>im</strong>inalisiert – oder wieder, wie<br />
neuerdings in Russland.<br />
Dieses Bild zeichnet die jüngst veröffentlichte<br />
Studie des Pew Research Center. Das us-amerikanische<br />
Meinungsforschungsinstitut hatte<br />
<strong>im</strong> Mai gut 38 000 Menschen in 39 Ländern zu<br />
ihrer Einstellung gegenüber Homosexuellen<br />
befragt. Am schlechtesten schneiden dabei die<br />
islamischen und streng christlichen afrikanischen<br />
Länder ab, welche seit vielen Jahren<br />
wegen ihrer extremen Schwulenfeindlichkeit<br />
am Pranger der<br />
internationalen<br />
(westlichen) Gemeinschaft<br />
stehen.<br />
In den meisten<br />
der 39 Länder<br />
sind die Einstellungen<br />
gegenüber<br />
Homosexua lität<br />
auch vom Alter der Befragten abhängig,<br />
wobei jüngere positiver eingestellt<br />
sind als ältere. Keine signifikante Rolle<br />
hingegen spielte das Geschlecht, mit<br />
der Ausnahme von Ländern mit einem<br />
gros sen «Gender gap». In diesen Ländern<br />
akzeptieren mehr Frauen als Männer<br />
Homosexualität.<br />
Mexico 61 %<br />
Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert<br />
werden soll».<br />
Mit anderen Worten: In Ländern, wo wenige<br />
steinreich und viele entsetzlich arm sind, wo<br />
Korruption grassiert, es an Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten<br />
fehlt, wo ein Rechtsstaat<br />
nicht existiert, bieten Religionen Werte, Identität<br />
und Zuflucht. Gleichzeitig instrumentalisieren<br />
die Mächtigen Religionen gerne <strong>im</strong> Kampf<br />
um Macht und Pfründe – wie aktuell <strong>im</strong> mehrheitlich<br />
musl<strong>im</strong>ischen Malaysia.<br />
Ausnahmen von der Regel<br />
Aber wie <strong>im</strong>mer gibt es auch bei dem gerade skizzierten<br />
Diskr<strong>im</strong>inierungsmuster bemerkenswerte<br />
Ausnahmen von der Regel. Zwei deckt die Pew-<br />
Umfrage in Russland und China auf. Obwohl in<br />
beiden Ländern das Volk nach Jahrzehnten des<br />
Kommunismus reichlich säkular eingestellt ist,<br />
akzeptieren in Russland nur 16 Prozent und in<br />
China gerade mal 21 Prozent Homosexualität.<br />
Ein gemischtes Bild, aber mit deutlichem Trend<br />
zur Akzeptanz, zeigt sich in Israel. 61 Prozent<br />
der säkularen Juden akzeptieren Homosexualität,<br />
aber nur 26 Prozent ihrer orthodoxen<br />
Kanada 80 %<br />
El Salvador 34 %<br />
USA 60 %<br />
England 76 %<br />
Deutschland 87%<br />
Polen 42 %<br />
Tschech. Republik 80%<br />
Frankreich 77 %<br />
Spanien 88%<br />
Italien 74 %<br />
Griechenland 53%<br />
Faktor Religion<br />
Als einen wesentlichen Faktor bei der<br />
Einstellung gegenüber Homosexualität<br />
macht die Pew-Umfrage jedoch Religionen<br />
aus: «Die Umfrage zeigt, dass<br />
die Akzeptanz von Homosexualität in<br />
Ländern weit verbreitet ist, in denen Religion<br />
eine weniger zentrale Rolle <strong>im</strong> Leben<br />
der Menschen spielt. Diese gehören<br />
gleichzeitig zu den reichsten Ländern<br />
der Welt. In den ärmeren Ländern mit<br />
einem hohen Religiositätslevel hingegen<br />
sind nur wenige der Ansicht, dass<br />
Venezuela 51 %<br />
Bolivien 43 %<br />
Chile 68 %<br />
Argentinien 74 %<br />
Brasilien 60 %<br />
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