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436<br />

Heiraten hinauszuschieben und die heiratswilligen Gesellen<br />

zu disziplinieren. 13<br />

Die Sozialverfassung des mitteleuropäischen Handwerks, die<br />

in der immer wieder, auch von Bade, zitierten „sittlichen<br />

Ökonomie des Alten Handwerks“ ihren Ausdruck findet, wird<br />

im folgenden von Ehmer noch einmal unter der Frage, inwie-<br />

weit sie die Persistenz des Ledigenstandes unter den Gesel-<br />

len förderte, in ihrem inneren Zusammenhang dargestellt. Er<br />

beschreibt die Vor- und Nachteile der Beschäftigung von<br />

verheirateten Gesellen aus der Sicht der Meister sowie die<br />

widersprüchliche Einschätzung ihres eigenen Familienstandes<br />

durch die Gesellen. Eindeutig überwog dabei das Interesse<br />

an der Aufrechterhaltung der Tradition der Ehelosigkeit. In<br />

der kleinen Gewerbeproduktion spielte die spezifische Ge-<br />

sellenkultur, die auf Familienlosigkeit zugeschnitten war,<br />

einen transitorischen Charakter hatte und als Basis für ei-<br />

ne starke Gruppenloyalität diente, die wiederum die Fähig-<br />

keit zur kollektiven Aktion verstärkte, eine wichtige Rol-<br />

le. Hinzu trat die Furcht des Einzelnen vor dem Verlust des<br />

Standes und darausfolgender sozialer Friktionen<br />

(Ausscheiden aus dem sozialen Netz und dem Statussystem der<br />

Zunft, mangelnde oder in ihren Augen minderwertige oder<br />

konfliktträchtige Beschäftigungsalternativen als Bönhasen).<br />

Die Gesellen kontrollierten daher die Einhaltung der Ehelo-<br />

sigkeit und diskriminierten jene Kollegen, die sich ihr<br />

jahre sichtbar zu machen. (vgl. Bade, K.-J., Altes Handwerk<br />

... , S.6ff).<br />

13 In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Obrigkeiten<br />

aus Furcht vor Überbevölkerung und Belastung der<br />

Armenkassen daran interessiert, die Heirat von Angehörigen<br />

der Unterschicht zu erschweren und sie nur unter bestimmten<br />

Bedingungen zuzulassen. Ehmer spricht in diesem Zusammenhang<br />

vom Aufbau eines Systems rechtlicher Ehebeschränkungen,<br />

dem „politischen Ehekonsens“. In diesen Rahmen stellt<br />

er auch die Heiratsverbote für Gesellen, die oftmals in den<br />

Gewerbeordnungen vorkamen. Die vielfältigen Bedingungen,<br />

die ein Geselle erfüllen mußte, um gemäß der Ausnahmeregelung<br />

einen Heiratskonsens zu erlangen, dienten als Mittel<br />

der Disziplinierung. Darüberhinaus wurde das Streben nach<br />

hausrechtlicher Einbindung und Kontrolle aus Angst vor revolutionärer<br />

Betätigung der Gesellen neu belebt (vgl. Ehmer,<br />

J., „Weiberknechte“ ..., S.42ff).

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