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Im folgenden geht es eher darum, die Reaktionen der Meister<br />
und Gesellen angesichts der Fabrikkonkurrenz sowie die Kon-<br />
fliktregelungen der Behörden darzustellen. 74 Zunächst werden<br />
drei Fälle aus dem metallverarbeitenden Gewerbe ausführli-<br />
cher geschildert. Es geht dabei um den Umfang der Gewerbe-<br />
befugnisse eines zu bewilligenden Industriebetriebs sowie<br />
griff langfristiger Wirtschaftsentwicklung im Handwerk zugrunde:<br />
das Phänomen wird strukturell unter Absehung historischer<br />
Wandlungen erfaßt. Die Schwierigkeit der Vermittlung<br />
von typologischer Herangehensweise und sozialgeschichtlicher<br />
Realität, also die Zuordnung von Merkmalen<br />
und Betrieben, bleibt als solche dabei bestehen. Die Mentalitätsebene,<br />
die „sittliche Ökonomie des alten Handwerks“,<br />
spielt bei den Kaufholdschen Erwägungen eine untergeordnete<br />
Rolle. Anders Kocka, der Handwerk als ein sozialgeschichtliches<br />
Phänomen begreift. Handwerkliches Leben und Arbeiten<br />
machte im 19. Jahrhundert angesichts des Industriekapitalismus<br />
bestimmte Entwicklungen durch, die es etwa seit den<br />
60er Jahren seines spezifischen Charakters entkleideten.<br />
Kocka verwendet einen historisch enger gefaßten, an der sozialen<br />
Wirklichkeit orientierten Begriff. Als Beleg für<br />
seine Auffassung zieht er zeitgenössische Statistiken und<br />
Äußerungen von Behörden heran, die von der Unmöglichkeit<br />
der Aufrechterhaltung eines spezifischen Handwerksbegriffs<br />
ausgehen. - Die Auseinandersetzungen zwischen Innungen und<br />
Fabrikanten um Konzessionen, Arbeitskräfte beispielsweise<br />
könnten unter dem Gesichtspunkt der industriellen Beeinflussung<br />
ausgewertet werden. Allerdings ist einschränkend<br />
zu sagen, daß derlei Fälle nicht sehr häufig vorkamen; zu<br />
vermuten ist außerdem, daß die Betriebslage des betroffenen<br />
Handwerks kaum in aller Ausführlichkeit erörtert worden ist<br />
(z.B. Tischlerinnung wider den Vergolder Boschen: Anlegung<br />
einer Möbelfabrik 1849 [StAO Best.70; Nr.6616]; Schmiede-,<br />
Sattler-, Maler- und Stellmacherinnungen wider den Wagenfabrikanten<br />
Sturm 1853/57 [StAO Best.262-1 A,Nr.2037]; Tischler-,Sattler-,<br />
Schlosser- und Schmiedeinnungen wider den<br />
Kaufmann Ballin: Anlegung einer Möbelfabrik 1856/57 [StAO<br />
Best.70; Nr.6616]).<br />
74 Auf der Grundlage von H.-J. Schulzes Kapitel über die Fabrikgründungen<br />
wäre es auch interessant, die Herkunft der<br />
Fabrikanten systematischer zu erfassen. Schulze hebt hervor,<br />
daß die Bedeutung der „Gründerzeit“ in der Stadt Oldenburg<br />
durch die Leistung einer kleinen Gruppe von Unternehmern<br />
geprägt wurde und nennt J. Schultze, J.C.Hoyer,<br />
F.B.Hegeler (Kaufleute), W. Fortmann (Klempnermeister) und<br />
C.Thorade (Bankier) (vgl. ders., Oldenburgs Wirtschaft ...<br />
, S.201). Wieviele Meister und Gesellen ergriffen die Möglichkeit,<br />
Fabriken zu gründen und ließen damit die zünftige<br />
Handwerksmentalität hinter sich zurück? Wieviele Industriebetriebe<br />
gab es, die sich aus kleinen Handwerksbetrieben<br />
entwickelten?