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schweig, Magdeburg nach Halle; er hielt sich dann vorwie-<br />

gend in Sachsen (Leipzig, Dresden, Chemnitz, Erfurt, Suhl,<br />

Gotha, Jena, Weimar, Eisenach) auf, machte einen Abstecher<br />

nach Böhmen, bevor er die Rückreise über Kassel, Hanno-<br />

versch-Münden, Göttingen antrat. Überall sah er noch die<br />

alten Gesellenbräuche im Schwange: in Bremen mußte er sich<br />

zunächst den Gesellen vorstellen (Umtrunk, Aufsagen be-<br />

stimmter Formeln), um vor offener Lade freigesprochen, also<br />

als zünftiger Geselle anerkannt zu werden. Ein Gesellen-<br />

schein wurde vom Altmeister, Altgesellen und den Beisitzen-<br />

den unterzeichnet, der ihm auf seiner Wanderschaft das Ge-<br />

sellengeschenk sowie Unterstützung und Pflege im Krank-<br />

heitsfalle zusichern sollte. Vor dem Hintergrund der seit<br />

den 50er Jahren in Bremen diskutierten Gewerbefreiheit, die<br />

dann auch 1861 eingeführt wurde, erscheint es fraglich, ob<br />

das Lossprechen durch die Gesellen sowie die offizielle<br />

Vergabe von Gesellenscheinen noch gestattet war. Form und<br />

Ablauf der Arbeitssuche auf seiner weiteren Reise entspra-<br />

chen dem handwerklichen Herkommen. Obwohl er sich in dem<br />

schon stark industrialisierten Sachsen, das ein Zentrum der<br />

Arbeiterbewegung war, aufhielt, finden deren Ideen und Or-<br />

ganisationen keine Erwähnung bei Mengers. Er spiegelt sein<br />

im Kaiserreich durch Beobachtung gesellschaftlicher Span-<br />

nungen gewonnenes Harmoniebedürfnis in gelungenen menschli-<br />

chen Begegnungen bzw. in noch intakten familiär engen Mei-<br />

ster-Gesellen-Verhältnissen seiner Jugendzeit.Er betont au-<br />

ßerdem die Achtung, die einem Handwerksgesellen überall<br />

entgegengebracht und den Schutz der Berufsgenossen, der ihm<br />

als Gesellen auf der Wanderschaft zuteil wurde. In einer<br />

Hotelküche hatte er zusammen mit anderen Gesellen Klempner-<br />

arbeiten zu verrichten. Die Beziehung zwischen Herrschaft<br />

und Hauspersonal beschreibt er als zuvorkommend und harmo-<br />

nisch: Erfrischungen und ein günstiger Mittagstisch wurden<br />

auch den Gesellen gewährt, man integrierte sie in ein<br />

abendliches Tanzvergnügen.<br />

„Ja, meine Lieben, in unserer heutigen, durch den<br />

krassen Klassengeist zerklüfteten Gesellschaft wäre

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