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Fall der Verheiratung aus seinem Stand austrete und damit<br />
alle Ansprüche auf eine spätere Meisterschaft verliere. 18<br />
Der ständisch und der eher, wenn auch eingeschränkten,<br />
staatsbürgerlich geprägten Sichtweise setzte Hofrat Böde-<br />
ker 19 noch in einem ausführlichen Einzelvotum seine rein<br />
pragmatisch-konservativ ausgerichtete Ansicht über die<br />
Wirksamkeit der Gesetzgebung schlechthin hinzu. Es sei die<br />
Pflicht des Gesetzgebers ein Gesetz, das Übertretungen und<br />
Umgehungen Raum gewähre, auf der Basis der konkreten Um-<br />
stände nachzubessern, nicht aber darüber hinauszuge-<br />
hen. 20 Daß die Verordnung über die Beschränkung des Heira-<br />
tens, die als erste ihrer Art in Oldenburg erlassen wurde,<br />
einige Modifikationen erleiden würde, damit sei zu rechnen<br />
gewesen. Das Verhalten der Gesellen habe den Anlaß gegeben,<br />
eine auf sie zugeschnittene besondere Bestimmung zu dieser<br />
Verordnung zu formulieren. Zur Zeit gebe es keinen Grund,<br />
sie auch auf andere Personen auszudehnen; zumal, wenn man<br />
18 Vgl. Regierungsbericht v.11.6.1834, in: Ebenda<br />
19 Vgl. Votum des Geh. Hofrats Heinrich Friedrich Gerhard<br />
Bödeker im Anhang des oben genannten Regierungsberichts<br />
20 Vgl. dazu die Beschreibung konservativen Denkens bei<br />
Mannheim, K., Das konservative Denken. Soziologische Beiträge<br />
zum Werden des politisch-historischen Denkens in<br />
Deutschland, in: Schumann, H.G., (Hg.), Konservatismus<br />
(Neue wissenschaftl. Bibliothek Bd.68), Köln 1974, S.24-75;<br />
Mannheim hebt u.a. zwei grundsätzliche Merkmale, die konservatives<br />
von progressivem Denken unterscheiden, hervor:<br />
die Tendenz zum Konkreten, zum Einzelfall. „Einer der wesentlichsten<br />
Charakterzüge dieses konservativen Erlebens<br />
und Denkens scheint uns das Sichklammern an das unmittelbar<br />
Vorhandene, praktisch Konkrete zu sein [...] Der nichtromantisierte<br />
Konservatismus geht stets vom unmittelbaren<br />
Einzelfall aus und erweitert seinen Horizont nicht über die<br />
eigene besondere Umwelt hinaus. Er ist auf unmittelbares<br />
Handeln gerichtet, auf Veränderung der konkreten Einzelheiten,<br />
und kümmert sich deshalb eigentlich nicht um die<br />
Struktur der Welt, in der er lebt [...] Konservativer Reformismus<br />
besteht im Austausch (Ersetzung) der Einzeltatsachen<br />
durch andere Einzeltatsachen („Verbessern“). Progressiver<br />
Reformismus hat die Tendenz, um einer unliebsamen<br />
Tatsache willen die ganze Welt, die um diese Tatsache herumgebaut<br />
ist, in der eine solche Tatsache möglich ist, umzugestalten.<br />
Von hier aus, ist die Tendenz des Progressiven<br />
zum System, die Tendenz des „Konservativen“ zum Einzelfall<br />
verstehbar“. (Ebenda, S.33)