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August 2017 - coolibri Essen

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FESTIVALS<br />

19.8. JAHRHUNDERTHALLE, BOCHUM<br />

Memento<br />

Mori<br />

Ein letztes Pop-Experiment wagt die<br />

Ruhrtriennale in ihrem aktuellen Zyklus<br />

noch. Zum großen Tanzfest in Industriekulisse<br />

geladen sind internationale<br />

Klangkünstler wie Nicolas Jaar,<br />

Sohn oder Mykki Blanco. Bespielt<br />

werden vier Bühnen.<br />

19.8. AM HAWERKAMP, MÜNSTER<br />

Verwurzelt<br />

Mitte der Neunziger trafen sich die<br />

drei Madsen-Brüder Johannes, Sascha<br />

und Sebastian mit Bassmann<br />

Niko und entwickelnden ihre eigene<br />

musikalische Handschrift. Seitdem<br />

haben sie sechs Alben veröffentlicht<br />

und gehören wie die Toten Hosen<br />

oder Sportfreunde Stiller zum festen<br />

Inventar in der hiesigen Rockmusik.<br />

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<strong>coolibri</strong> präsentiert<br />

<strong>coolibri</strong> präsentiert<br />

Als das Format Ritournelle 2015 zum<br />

ersten Mal elektronische Popmusik<br />

mit avantgardistischer Kante an die<br />

Jahrhunderthalle holte, war ein Liebling<br />

des Festivalsommers geboren.<br />

Dass dem Darling nur eine kurze Lebensspanne<br />

von drei Ausgaben zustand,<br />

machte die Ausgelassenheit<br />

der Feiernden vor Bochums schönster<br />

Industrieszenerie wohl nur noch Nicolas Jaar<br />

größer. Es ist wohl so etwas, wie das<br />

Memento Mori des Nachtlebens. Doch eine Edition bleibt dem tanzenden<br />

Volk ja noch. Dafür wurden wieder große Köpfe der zeitgenössischen, elektronischen<br />

Popmusik angeheuert, die der Mainstream nicht kennen muss,<br />

die er aber in der Ritournellen-Nacht nichtsdestotrotz abfeiern wird. Das<br />

Line-Up wird angeführt vom Chilenen Nicolas Jaar, dessen Soundkonstruktionen<br />

sämtliche Hirnregionen stimulieren, die Fantasie und Vorstellungskraft<br />

produzieren. Referenziert<br />

werden lateinamerikanische Musiktradition<br />

und US-Jazz, experimentiert<br />

wird mit Klängen und Rythmen aus<br />

den Sphären des Unerwarteten. Letztes<br />

Attribut trifft auch auf alles zu,<br />

was die Rap-Künstlerin Mykki Blanco<br />

auf die Bühne und in ihre Musik zaubert.<br />

Hegemonie in Frage stellen, Hip<br />

Hop auf den Kopf drehen, Homosexualität<br />

aus dem Genretabu reißen und<br />

wilde Ästhetikausbrüche gehören<br />

zum Alltagsgeschäft der Drag-Persona<br />

des Künstlers Michael David Quattlebaum<br />

Jr. Wer statt wildem Exzess<br />

lieber nach innen gerichteten Hybridsound<br />

aus R‘n‘B und Post-Dubstep<br />

bevorzugt, wird von SOHN glücklich<br />

gemacht. Zudem werden an der Turbinenhalle<br />

Auswüchse des im Ruhrgebiet<br />

angesiedelten Denovali-Labels<br />

auftreten und audiovisuelle Glücksmomente<br />

erzeugen, während die<br />

Stage am Wasserturm vom Team des <strong>Essen</strong>er Goethebunker beschallt<br />

wird. So lässt sich, zumindest in dieser Nacht, bestens vergessen, dass<br />

dies die letzte Ritournelle ihrer Art sein wird. Aber im Gedenken an die<br />

Sterblichkeit liegt ja auch immer die Freude am Moment. Amen.<br />

Lukas Vering<br />

<strong>coolibri</strong> verlost 3x2 Karten für die Ritournelle auf <strong>coolibri</strong>.de<br />

Foto: Veranstalter<br />

Home Is Where The Heart Is! Noch immer<br />

haben Madsen neben dem Bauernhof<br />

ihrer Eltern ihr Headquarter,<br />

wo sie sich hin verziehen, wenn sie<br />

an neuer Musik arbeiten. In ihrem<br />

Heimatdorf Prießeck im Wendland<br />

wohnen nur etwa 80 Seelen. „So etwa<br />

1999 haben unsere Eltern noch ein Spielen neben Deichkind beim LOUD!Fest: Madsen<br />

weiteres Häuschen auf ihr Grundstück<br />

gebaut – und das war für uns gedacht. Davor haben wir im Keller geübt,<br />

der unter dem Wohnzimmer unserer Eltern liegt. Deren Haus ist sehr<br />

hellhörig und das war irgendwann nicht mehr tragbar. So haben wir dann<br />

unser eigenes Reich bekommen, wo wir uns bis heute gerne aufhalten.“<br />

Erzählt Johannes, der als Sänger und Gitarrist die prägende Stimme von<br />

Madsen ist. Songs fallen ihm schon mal in ganz normalen Alltagssituationen<br />

ein. Die Kompostion von „Die Perfektion“ lief ihm zu, während er die<br />

Gartenmöbel seiner Eltern anstrich. „Ich brauche eine gewohnte Umgebung,<br />

damit ich meine Kreativität<br />

schweifen lassen kann. Aber auch das<br />

Reisen und mit der Band unterwegs<br />

sein gehört dazu. Wenn ich nur zu<br />

Hause rumhängen würde, hm, ich<br />

weiß nicht ob mir dann ständig was<br />

einfallen würde.“ Anderes Beispiel:<br />

„Mein Herz bleibt hier“ fiel Johannes<br />

im Freibad auf dem Handtuch ein.<br />

Schon mit ihrem ersten Album waren<br />

Madsen plötzlich in aller Munde – und<br />

der Zulauf hat bis heute nicht gestoppt.<br />

Doch woher rührt ihr großes<br />

Talent, die kleinen Dinge des Lebens<br />

in Melodien für eine große Zuhörergruppe<br />

zu verdichten? „Unser Vater<br />

spielte früher im Posaunenchor und<br />

bis heute spielt er Mundharmonika“,<br />

so die Antwort des Sängers. Und zu<br />

Weihnachten trällerte die Mutter<br />

schon mal was auf der Blockflöte, aber da waren die unzertrennlichen<br />

Brüder noch ziemlich klein. „Wenn wir neue Demos machen, ist unsere<br />

Mutter aber schon ein wichtiges Ohr für uns. Wenn sie dann nicht richtig<br />

abgeht auf diverse Stücke, wissen wir oftmals, dass wir noch falsch liegen.“<br />

So bleibt von der ersten bis zur letzen Stufe alles in familiärer Hand.<br />

Peter Hesse<br />

<strong>coolibri</strong> verlost für das Loud! Fest 3x2 Karten auf <strong>coolibri</strong>.de<br />

Foto: FKP Scorpio

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