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EVANGELISCHER ARBEITERVEREIN E.V.<br />
diesem Abend hervor, dass der Verein mitarbeiten<br />
werde an der Behebung der sozialen<br />
Schäden, „die als eine Folge der kulturellen<br />
Entwicklung, der wachsenden Konkurrenz<br />
auf allen Gebieten, der Anhäufung des<br />
Kapitals in einzelnen Händen sich herausgestellt<br />
haben“. Somit erstrebe der Verein<br />
„die geistige, die gesellschaftliche und, wo<br />
es not thut, auch die materielle Hebung des<br />
Arbeiterstandes ... Alle Kirchenpolitik, wie<br />
die Erörterung politischer Fragen überhaupt,<br />
liegt uns fern, aber evangelischer Geist, der<br />
echte, freie feste Lutherglaube soll unter<br />
uns eine Heim- und Pflegestätte haben.<br />
Darum sind wir auch Protestanten, darum<br />
protestieren wir und kämpfen wir gegen die<br />
öde und flache, glatte und matte Religionslosigkeit,<br />
wo und in welchem Gewande wir<br />
sie antreffen“.<br />
Schon damals gab es gelebte Ökumene,<br />
denn Pastor Kraemer war das friedliche<br />
Zusammenleben zwischen evangelischen<br />
und katholischen Mitbürgern ein wichtiges<br />
Anliegen: „Wir können mit freiem Herzen<br />
und gutem Gewissen jedem kath. Mitbürger<br />
die Hand reichen, ihn ehren und achten in<br />
seiner Überzeugung, und wollen es thun in<br />
Aufrichtigkeit ...“ In den ersten Jahren seines<br />
Bestehens legte der Verein sein Hauptaugenmerk<br />
auf eine umfangreiche Vortragstätigkeit;<br />
die dargebotenen Referate waren stets<br />
allgemeinbildenden Charakters. Auch wurde<br />
eine Bibliothek angelegt, die sich regen<br />
Zuspruchs erfreute.<br />
Bald fanden erste Weihnachtsfeiern und<br />
Familiennachmittage statt. Ab 1895 verfolgte<br />
der Evangelische Arbeiterverein konkret sein<br />
Ziel, die sozialen Schäden zu beheben, vor<br />
allem des Arbeiterstandes. Aus diesem Gedanken<br />
heraus entstand bereits im Folgejahr<br />
eine Baugenossenschaft zur Schaffung von<br />
guten und billigen Wohnungen und schließlich<br />
der gemeinnützige Spar- und Bauverein,<br />
der sich später verselbständigte. Die ersten<br />
Häuser wurden im Bereich Friedrichstraße-<br />
Carlstraße-Hasestraße errichtet.<br />
Seit 1907 wurden von der neu gegründeten<br />
Laienspielschar Theaterstücke vom „Meineidbauer“<br />
bis zum „Weißen Rössl“ aufgeführt,<br />
und zwar im Sanderschen Saale, wo auch die<br />
Stiftungsfeste stattfanden. Die Aufführung<br />
eines Theaterstückes ist noch heute alljähr-<br />
lich Bestandteil des Stiftungsfestes. Weithin<br />
unbekannt sein dürfte die Tatsache, dass<br />
man im Verein auch eine gewisse Ziegenzucht<br />
betrieb, die später vom Ziegenzuchtverein<br />
fortgeführt wurde. Ziegen galten<br />
früher als die „Kuh des kleinen Mannes“,<br />
denn im Gegensatz zu einer Kuh brauchte<br />
die Unterbringung einer Ziege wenig Platz<br />
und das Tier war außerdem ein relativ<br />
anspruchsloser Esser, was es zu einem sehr<br />
pflegeleichten Haustier machte.<br />
Eine Blütezeit erlebte der Verein unter dem<br />
Vorsitz des Studienrates Fritz Stromburg<br />
und seines langjährigen Schriftführers<br />
Robert Kleinert. 1909 wurde die von dem<br />
Zeichenlehrer Karl Germar entworfene<br />
Vereinsfahne feierlich enthüllt, die den<br />
Vereinswahlspruch „Ein feste Burg ist unser<br />
Gott“ trägt. Besonders beliebt waren seinerzeit<br />
die „Familienabende“ in Lohmeyers Saal<br />
(heute Stadtmuseum), wo die Frauen und<br />
Mädchen „den Strickstrumpf pflegten“ und<br />
„andächtig den Vorträgen, Vorlesungen oder<br />
musikalischen Darbietungen“ lauschten.<br />
Alljährlich wurde ein gemeinsamer Ausflug<br />
„mit Frauen und Kindern“ in die Umgebung,<br />
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Ausgabe Herbst <strong>2017</strong> mq | 23