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UNTERNEHMERTAG <strong>2017</strong><br />
Unternehmertag – dieser nüchtern-sachliche<br />
Begriff lässt<br />
kaum ahnen, wie attraktiv die<br />
Veranstaltung ist, die jährlich<br />
Firmeninhaber und Persönlichkeiten<br />
aus Wirtschaft und Politik, eben<br />
„Entscheidungsträger“ im wahrsten<br />
Sinne des Wortes, zusammenführt. Die<br />
Samtgemeinden Artland, Bersenbrück,<br />
Fürstenau und Neuenkirchen, allesamt<br />
aus der ILEK-Region Nördliches Osnabrücker<br />
Land, hatten eingeladen, und 150<br />
Teilnehmer strömten nach der Besichtigung<br />
lokaler Betriebe in die Räume der<br />
REW REGENIS Regenerative Wirtschaftssysteme<br />
GmbH, um neue Kontakte zu<br />
knüpfen und alte zu erneuern, kurz<br />
gesagt: Sich intensiver zu vernetzen. Außergewöhnlich,<br />
aber spannend fiel das<br />
Referat von Daniela A. Ben Said – Psychologin,<br />
Entertainerin und Buchautorin<br />
– zum brisanten Thema „Konfliktmanagement“<br />
aus.<br />
„Der Unternehmertag ist eine feste<br />
Größe im Veranstaltungsangebot der<br />
heimischen Wirtschaft“ sagte Samtgemeindebürgermeister<br />
Claus Peter Poppe<br />
in seiner Eröffnungsrede. „ILEK“ – Integriertes<br />
Ländliches Entwicklungskonzept –<br />
sei zwar ein komplizierter Begriff, aber<br />
ein sehr dynamisches Projekt. Der Besuch<br />
von Landrat Michael Lübbersmann belege,<br />
welchen Wert der Landkreis seiner<br />
nördlichen Region beimesse. Es sei kein<br />
Zufall, dass ausgerechnet die Neustadt<br />
als Ausrichtungsstandort gewählt<br />
wurde, denn diese habe sich nach der<br />
Kynast-Pleite sehr positiv entwickelt.<br />
Das Vorbereitungsteam habe ganze<br />
Arbeit geleistet: „Das Interesse am Networking<br />
ist groß!“ betonte er.<br />
Ja, es gehe um Vernetzung, bestätigte<br />
das Kreisoberhaupt. Am Beispiel kreativer<br />
junger Firmen und verschiedener<br />
„Joint Ventures“ zeigte Lübbersmann<br />
auf, wie vielversprechend unternehmerische<br />
Ideen sein können – so etwa das<br />
naturnahe Mischfutter eines Betriebes<br />
aus Bippen, das auf der EQUITANA als<br />
erfolgreiches Produkt einschlug. Unternehmensnachfolge,<br />
Existenzgründungen<br />
und den Fachkräftemangel gelte es anzupacken;<br />
daran sei auch die WIGOS<br />
interessiert. „Wenn sich ein Landrat auf<br />
starke Unternehmer verlassen kann,<br />
macht es Spaß, Landrat zu sein !“ schloss<br />
er.<br />
Aufhorchen ließ Dr. Dieter Schillingmann,<br />
Gastgeber in der früheren Kynast-<br />
Betriebsstätte, mit seinen Thesen zu<br />
ökologischen Innovationen, Schwerpunkt<br />
und Ziel seiner Firma REGENIS: „Was wir<br />
brauchen, ist nicht nur ein Produkt, wir<br />
brauchen auch einen Markt dafür“ war<br />
sein Credo. Jede Stunde ändere sich der<br />
Strompreis – wer im Wettbewerb mithalten<br />
wolle, müsse wach sein.<br />
Erstes Highlight des Unternehmertages<br />
war die Verleihung eines Preises an<br />
einen Auszubildenden. Thomas Kohne,<br />
aktuell Schuldirektor der Berufsbildenden<br />
Schulen Bersenbrück, und Sven Büsing,<br />
Leiter der dortigen Arbeitsagentur,<br />
machten es spannend, behaupteten sogar,<br />
der Markt für Ausbildungsanwärter<br />
habe sich komplett umgedreht, die Bewerber<br />
hätten heute quasi die Wahl. Ein<br />
Film zum Thema „Berufschancen eines<br />
jungen Flüchtlings“ ließ Möglichkeiten<br />
für junge Vertriebene erkennen, sich in<br />
der Bundesrepublik ausbilden zu lassen.<br />
„Mir gefällt die Abwechslung zwischen<br />
Theorie und Praxis“ sagte der Protagonist<br />
und Preisträger, ein junger Syrer, Mechatronik-Azubi<br />
der Autofirma Fehrmann<br />
aus Gehrde. Er fasste seinen Dank für<br />
die Ehrung in kurze Worte: „Ich wünsche<br />
einen schönen Abend“ sagte er trocken<br />
und hatte die erwartungsvoll Lauschenden<br />
– und Lacher – auf seiner Seite. „Es<br />
macht Spaß, mit ihm zu arbeiten“ lobte<br />
der Chef des Gehrder Autohauses. Man<br />
glaubte es ihm.<br />
Und dann betrat sie die Bühne – Daniela<br />
A. Ben Said, Unternehmensberaterin,<br />
Kommunikationstrainerin, Heilpraktikerin,<br />
(Tier-)psychologin, ja, alles in allem<br />
ein Allroundgenie. Kaum denkbar, von ihrem<br />
Auftritt und Vortragsstil nicht gefesselt<br />
zu sein. „Motivation ist der Schlüssel<br />
zu allem“ verspricht ihre Broschüre, und<br />
genau das brachte sie meist glaubhaft<br />
rüber. Es gebe Typen, die „Yes-butter“<br />
seien, aber ebenso viele „Why-notter“.<br />
Unternehmer müssten Konflikte lösen,<br />
sonst drohten schwer zu steuernde<br />
Spannungen im Betrieb. Angst, Widerstand,<br />
Spannung und Neugier seien<br />
Triebfedern bei neuen Erfahrungen im<br />
Leben – auch bei Führungskräften.<br />
Die Rednerin – nach eigenen Worten „dialogisch,<br />
infoblüffend und strategierig“<br />
– wirbelte über die Bühne, lobte, lockte,<br />
weckte Neugier, beherrschte das Spiel<br />
mit verschiedenen Tonlagen und bedeutungsvollen<br />
Pausen. „Nichts ist scheißer<br />
als Platz 2 !“ – solche Zitate sorgten für<br />
Kopfnicken im gut gefüllten Auditorium.<br />
„Nur das Verhalten von Mitarbeitern<br />
kritisieren, nie die Person“ das erzeugte<br />
eher skeptische Mienen, denn – wie soll<br />
man das trennen ? Kommunikationsregeln<br />
wie „Auch Schweigen aushalten“<br />
oder „Stelle gute Fragen“ fanden dagegen<br />
Anklang.<br />
Überzeichnung macht anschaulich,<br />
könnte man sagen, und das gelang der<br />
quirligen Referentin perfekt, die sich<br />
schon 1995 selbstständig gemacht hatte<br />
und reichlich Erfahrungen mitbrachte.<br />
Entscheidungen seien oft angstgesteuert.<br />
„Alle Konflikte nach ‚unten‘ kriegen<br />
Sie gelöst!“ Wenn jedoch gemeinsame<br />
Ziele nicht mehr übereinstimmten, gebe<br />
es schwerlich Lösungen. Ein Guthabenkonto<br />
mit 86.400 Sekunden bekäme<br />
jeder Mensch täglich geschenkt. Frauen<br />
flüchteten gerne ins Shopping, ehe sie<br />
lösungsorientiert vorgingen. Sie selbst<br />
habe sich stattdessen mal in die Wüste<br />
zurückgezogen, sagte die passionierte<br />
Falknerin.<br />
„Gott platziert die besten Dinge im Leben<br />
hinter deiner Angst“ zitierte sie Will<br />
Smith, der im Kurzfilm einen Fallschirm-<br />
Absprung als Grenzerfahrung erlebte.<br />
„Wichtig ist Kompetenz, Kompetenz<br />
und nochmals Kompetenz. Sie können<br />
im Konfliktmanagement nichts falsch<br />
machen, wenn Sie offen sind, ehrlich sind<br />
– und verstehen“ machte die Osnabrückerin,<br />
Heilpraktikerin und Gründerin der<br />
Firma „Quis agis“ eventuellen Zweiflern<br />
Mut und ermunterte, ihre Vortragsunterlagen<br />
kostenlos anzufordern.<br />
Fantasievolles Präsent für die Bühnenauftritte:<br />
„Landpartie“ – ein Paket mit<br />
Produkten aus der Region. Dann war<br />
Small Talk angesagt – mit reger Diskussion<br />
über das Gehörte, ausgiebigen Gesprächen<br />
mit Wirtschaftsvertretern und/<br />
oder Politikern wie der Bundestagskandidatin<br />
Filiz Polat und eben „Networking“<br />
– aber locker und unverkrampft.<br />
Text/Fotos: Bernard Middendorf<br />
Ausgabe Herbst <strong>2017</strong> mq | 5