Taxi Times Berlin - Oktober 2017
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RECHT<br />
VERGESSENE<br />
VERKEHRSREGELN<br />
FOLGE 2<br />
Zum Riskieren von Knöllchen, Gefährdung<br />
oder Unfällen haben <strong>Taxi</strong>fahrer mehr Zeit<br />
als andere. Wir erinnern mit einer kleinen<br />
Serie an leicht vermeidbare Gefahren.<br />
Fragt man frische P-Schein-Absolventen, was man als <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
darf, was andere nicht dürfen, so liegt auf Platz 1 die<br />
Antwort „Bus spuren benutzen“ und – mit einigem Abstand –<br />
auf Platz 2 das „Halten in zweiter Reihe“, wobei die Definition von<br />
„Halten“ sich dann schon als weniger bekannte Größe entpuppt,<br />
zumindest wenn man den berühmten schweren Koffer erwähnt, der<br />
der klapprigen Oma im vierten Stock gehört.<br />
LICHTZEICHEN AUF<br />
SONDERFAHRSTREIFEN<br />
Halt<br />
Halt zu erwarten<br />
Fahrt freigegeben nur geradeaus<br />
Fahrt freigegeben nur nach rechts<br />
Fahrt freigegeben nur nach links<br />
Fahrt freigegeben<br />
unter Beachtung der Abbiegeregeln nach § 9<br />
BUSSONDERFAHRSTREIFEN:<br />
TABU, WENN KEIN ZUSATZSCHILD DABEI IST<br />
Der geneigte Leser weiß, dass das hier rechts abgebildete blaue<br />
Schild (Zeichen 245) ausschließlich für Linienbusse gilt und nicht<br />
für Reisebusse, Einsatzfahrzeuge, Taxen, Lkw, Elektroautos, Skateboardpiloten<br />
oder Radfahrer. Diese dürfen nur bei entsprechender<br />
Zusatzkennzeichnung die Busspur mit benutzen. Sicherlich haben<br />
in <strong>Berlin</strong> die meisten Busspuren Zusatzschilder (etwa „<strong>Taxi</strong> frei“,<br />
Zeichen 1026-30), doch eben nicht überall. Verläuft die Busspur beispielsweise<br />
auf einem Straßenbahngleis, können Sie ziemlich sicher<br />
sein, dass Taxen sie nicht benutzen dürfen. Unberechtigte Benutzung<br />
eines Sonderfahrstreifens macht 15 Euro, im Kombi-Sparpaket mit<br />
Bus oder Straßenbahn behindern 35 Euro.<br />
Was die Vorfahrt betrifft: Wer berechtigt (!) auf einer Busspur fährt,<br />
muss die Busampel beachten, auch abends auf einer Busspur, die<br />
nur morgens gilt. Wenn ein Sonderlichtzeichen leuchtet, muss man<br />
die „normale“ Ampel ignorieren. Leuchtet kein Sonderlichtzeichen,<br />
so muss man die „normale“<br />
Ampel beachten.<br />
An vielen Stellen (z. B.<br />
am Ernst-Reuter-Platz)<br />
gibt nur ein einziges<br />
Sonderlichtzeichen den<br />
Bussen und Taxen zwei<br />
Sekunden vor dem übrigen<br />
Verkehr freie Fahrt.<br />
Für die restliche Umlaufdauer<br />
der Ampel gelten<br />
die „normalen“ Lichtzeichen.<br />
Wer unberechtigt<br />
(mit einem Privat-Pkw)<br />
die Busspur benutzt,<br />
darf nicht die Busampel<br />
beachten, sondern muss<br />
die „normale“ Ampel<br />
beachten, ansonsten begeht er ggf. einen Rotlichtverstoß. Leider<br />
ahnen viele der Nervensägen, die „unsere“ Busspuren unbefugt<br />
befahren, diese Gefahr anscheinend. Nach den Sonderlichtzeichen<br />
muss man in der StVO eine Weile suchen. Man wird um ein paar<br />
Ecken auf die BOStrab verwiesen, wo sie in Anlage 4 Nr. 3 zu finden<br />
sind, da sie ursprünglich dem Straßenbahnverkehr dienen.<br />
Weniger bekannt ist eine andere Regelung. Sonderfahrstreifen<br />
haben ja den Sinn, dass man auf ihnen schneller vorankommt. Stellen<br />
Sie sich vor, alle stehen im Stau, aber die Busspur ist frei, so dass<br />
Sie mit bequem eingestelltem Sitz und triumphierendem Lächeln 50<br />
km/h fahren. Jetzt entschließt sich am Rand ein Fußgänger, spontan<br />
die Straßenseite zu wechseln, sieht mit einem Blick den Stau und trabt<br />
über die Straße. Ehe Sie sich versehen, gibt es<br />
ein unschönes Geräusch, und Sie haben den<br />
Ärger mit der Leiche.<br />
Um diese Gefahr auszuschließen, regelt die<br />
StVO, dass auf einer Busspur nur „geringfügig<br />
schneller“ gefahren werden darf als auf den<br />
Fahrstreifen daneben (§ 7, Abs. 2a). Das heißt,<br />
wenn bei Stau der Verkehr nebenan stillsteht,<br />
darf man genau genommen nur Schritttempo fahren. Sicherlich hält<br />
sich daran kaum jemand, schon weil <strong>Taxi</strong>fahrgäste, die etwa ihren<br />
Flug erreichen möchten, dafür wenig Verständnis haben werden.<br />
Wir können nur dringend empfehlen, in solchen Situationen eiserne<br />
Geduld, den Bremsfuß in Bereitschaft und die Augen überall zu haben.<br />
(In der Hauptstraße in Schöneberg kann übrigens in der Regel nichts<br />
passieren, da dort die meisten Busspurbenutzer die vorbildliche<br />
Geschwindigkeit von 0 km/h) haben.<br />
Ebenso wenig bekannt und leicht kurios: Für Taxen gilt wie für<br />
Busse, dass Halten auf Busspuren nur an Bushaltestellen erlaubt<br />
ist, und das nur, so lange kein Bus behindert wird (Anlage 2 zu §<br />
41 Abs. 1, Abschn. 5, Nr. 25). Nun gibt es sicherlich praktikablere<br />
Verhaltensweisen, als einem Winker durch das offene Beifahrerfenster<br />
zuzubrüllen, er möge schnell bis zur nächsten Bushaltestelle<br />
vorlaufen, weil man erst dort halten dürfe. Doch tun wir generell und<br />
überall gut daran, uns bei jeglichem Halten die Mühe zu machen,<br />
ein Plätzchen mit minimaler Behinderung des übrigen Verkehrs zu<br />
suchen. Das ist ein Aufwand von drei Sekunden, der auch das Image<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes enorm verbessern kann.<br />
Auch wissenswert: Wer beim Rechtsabbiegen eine Busspur kreuzt,<br />
sich über einen unberechtigten Busspurbenutzer ärgert und ihm<br />
durch Ausbremsen einen kleinen Teil seiner verdienten Strafe zuteil<br />
werden lässt, zahlt bei Gefährdung 70 Euro. Bei einem so verursachten<br />
FOTO: Jessica Jehle<br />
12 OKTOBER/ <strong>2017</strong> TAXI