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Hinz&Kunzt 296 Oktober 2017

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Lebenslinien<br />

HINZ&KUNZT N°<strong>296</strong>/OKTOBER <strong>2017</strong><br />

In der Sendung „Das Lachen der Anderen“ treffen Polak und Autor Micky Beisenherz<br />

auch Kleinwüchsige. Die Idee: Jede Randgruppe hat das Recht darauf, verarscht zu werden.<br />

einmal den Hashtag „GastoderSpast:<br />

Menschenverachtend“, sagten zwei<br />

Grimme-Preis-Juroren und distanzierten<br />

sich öffentlich von dem Preisträger.<br />

Polak versteht es bis heute nicht: „Wenn<br />

ich ,Digger‘ und ,Alter‘ sage, dann will<br />

ich damit ja auch nicht dicke und alte<br />

Menschen diskreditieren“, sagt er und<br />

zieht an seiner Zigarette.<br />

Wenn man jemandem erklären will,<br />

wer Oliver Polak ist, könnte man es<br />

auch damit versuchen: Er ist ein<br />

Mensch, der sich für andere interessiert.<br />

Nur langweilen dürfen sie nicht. Dann<br />

würde man ein paar Folgen von „Das<br />

Lachen der Anderen“ auf WDR gucken.<br />

Darin besucht Polak mit seinem<br />

Freund, dem Comedy-Autor Micky<br />

Beisenherz, Menschen, die auch irgendwie<br />

anders sind: Kleinwüchsige, Blinde,<br />

Öko-Hippies, Multiple-Sklerose-Kranke.<br />

Drei Tage lang hängen sie zusammen<br />

ab. Polak hört viel zu, er stellt Fragen,<br />

die viele Journalisten zu naiv<br />

fänden, aber es sind oft genau die Fragen,<br />

die sich sonst keiner zu stellen<br />

traut. Einen Kleinwüchsigen fragt er,<br />

wie der das mit dem Sex so hinkriegt,<br />

welche Stellungen denn da am vorteilhaftesten<br />

wären? Am Ende jeder Folge<br />

macht Polak einen Stand-up. Vor den<br />

MS-Kranken sagt er: „Wenn am Ende<br />

keiner lacht, dann kann ich es immer<br />

noch auf das Erschöpfungssyndrom<br />

schieben!“ Die Betroffenen lachen sich<br />

„Man kann<br />

über<br />

alles Witze<br />

machen.“<br />

OLIVER POLAK<br />

schlapp. Er nimmt diese Menschen<br />

ernst, deshalb macht er Witze über sie.<br />

Das leuchtet vielen nicht ein.<br />

Man könnte Oliver Polak auch so<br />

zu erklären versuchen: Er ist einer der<br />

warmherzigsten Männer Deutschlands.<br />

Dazu muss man nur einen seiner Texte<br />

über Musik lesen. Polak schreibt über<br />

Musik besser als die meisten, die das<br />

26<br />

hauptberuflich tun. Es ist zum Haarausreißen!<br />

Die Musik hat ihm den<br />

Arsch gerettet, damals in Papenburg. Er<br />

war elf Jahre alt, als er Udo Jürgens das<br />

erste Mal live sah. Seine Mutter hatte<br />

ihn herausgeputzt: weiße Hose, weißer<br />

Gürtel, weißes Lacoste-Poloshirt,<br />

schwarze Lackschuhe: Jürgens begann<br />

zu singen, und Polak verliebte sich. Es<br />

gab da draußen doch jemanden, der<br />

ihn verstand. Als er von Jürgens’ Tod<br />

erfuhr, heulte er auf offener Straße, als<br />

wäre ein Familienmitglied gestorben.<br />

Später kamen drei Norweger, die<br />

ihre Gitarren so spielten, als würden sie<br />

in der Sekunde sterben, in der sie sie<br />

wieder loslassen: Motorpsycho heißt die<br />

Band. „Und immer wieder dieser Bass.<br />

Laut, tief, angezerrt, treibend, begleitend.<br />

Der Bass, der mich seit Jahren<br />

durch mein Leben treibt, schubst, mir<br />

hilft beim Wiederaufrichten“, hat er in<br />

der „Welt“ über sie geschrieben. Aber<br />

Polak liebt auch Phil Collins, auf völlig<br />

unironische Weise. Einen Konzertbericht<br />

für die „SZ“ überschreibt er mit:<br />

„Wo er singt, da ist zu Hause“. Ein halbes<br />

Jahr habe er auf diesen Abend<br />

gewartet: „Collins ist an diesem Abend

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