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2017-03: TOP Magazin Dortmund | HERBST

Der Turbo-Quassler – Interview mit Atze Schröder Essen & Trinken: C.T.C. – Mit Till Hoppe im EMIL Wirtschaft: Future Dortmund Gutes Pflaster für Neubauten Golf: „Sie lachten, als ich zum Abschlag kam ...“

Der Turbo-Quassler – Interview mit Atze Schröder
Essen & Trinken: C.T.C. – Mit Till Hoppe im EMIL
Wirtschaft: Future Dortmund Gutes Pflaster für Neubauten
Golf: „Sie lachten, als ich zum Abschlag kam ...“

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Menschen<br />

Buch gekommen, weil es bei Till so ähnlich<br />

war. Wir stehen beide auf starke Frauen.<br />

Verlässlichkeit und Loyalität beeindrucken<br />

mich seit jeher.<br />

Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater?<br />

Toll. Mein Vater hat im Zweiten Weltkrieg<br />

ganz schlimme Sachen erlebt und kam erst<br />

zehn Jahre später aus russischer Gefangenschaft<br />

zurück. Er hat daraus keinen<br />

Hehl gemacht. Trotzdem schaffte er es,<br />

für den Rest seines Lebens noch ein ganz<br />

fröhlicher Mensch zu sein und seinen Kindern<br />

viel Liebe mitzugeben. Das fand ich<br />

eine starke Lebensleistung.<br />

Der reale Bundesnachrichtendienst<br />

hatte in letzter Zeit mit vielen Pannen<br />

zu kämpfen. Wie haben Sie sich diese<br />

Behörde vorgestellt?<br />

Wir haben bewusst nicht recherchiert und<br />

den BND so beschrieben, wie wir ihn gerne<br />

hätten. Alles, was in unserem Buch mit<br />

dem BND passiert, ist frei erfunden. Wir<br />

wünschen uns, dass es so jemanden gibt<br />

wie Dr. Monika Mertens, die über uns alle<br />

wacht, so dass wir ruhig schlafen können.<br />

Die Figur der BND-Mitarbeiterin Dr.<br />

Monika Mertens wurde von Ihnen<br />

besonders liebevoll angelegt. Gibt es dafür<br />

einen Grund?<br />

Das hat sich so entwickelt beim Schreiben.<br />

Wir wollten daür keinen Mann, sondern<br />

eine starke erfahrene Frau haben. Und die<br />

ist dann zu unserem Liebling geworden.<br />

Dr. Monika Mertens ist fast eine korrekte<br />

Ausgabe von Atze, sie hat eine genauso<br />

übersteigerte Libido.<br />

Wie fühlt man sich als Sexsymbol?<br />

Wenn meine Perle das Buch liest, knufft sie<br />

mich ab uns zu mal in die Seite und fragt:<br />

„Können wir das nicht auch mal machen?“<br />

Schicken Ihren weibliche Fans wirklich<br />

gebrauchte Schlüpfer zu?<br />

Leider nicht. Das ist natürlich eine<br />

Wunschvorstellung. Wenn es wirklich so<br />

viele feuchte Schlüpfer wären, wäre ich ja<br />

dauernd erkältet!<br />

Es gibt psychologische Studien über das<br />

Heilsame in der literarischen Fiktion.<br />

Welche Wirkung hatte das Schreiben auf<br />

Sie persönlich?<br />

Eigentlich ging es dabei nur um Spaß. Da<br />

wir das Buch zu zweit geschrieben haben,<br />

mussten wir feststellen, dass wir in einigen<br />

Dingen ähnlich kulturell sozialisiert wurden<br />

und in einigen ganz anders. Zum Beispiel,<br />

was erotischen Filme oder Romane<br />

betrifft, die man als Jugendlicher konsumiert<br />

hat. Du schöpft immer aus dem,<br />

was sich in deinem Leben angestaut hat.<br />

Wir wollen ohne erhobenen Zeigefinger<br />

auf einem Bombenniveau unterhalten.<br />

Formulierungen wie „Joachim Löw, der<br />

Bundestrainer des FC Libido, hätte von<br />

einer Auswechslung abgesehen“ machen<br />

uns einfach Spaß.<br />

Welche Moral hat die Geschichte?<br />

Ganz hinten im Buch, wenn wir den Sack<br />

zumachen, gibt es eine Moral. Nämlich<br />

dass man sich nicht überschätzt, bei seinen<br />

Leuten bleibt und wissen muss, wo<br />

man zuhause ist.<br />

Wie denkt Atze über die so genannten<br />

Wutbürger?<br />

Wie viele andere schwanke auch ich hin<br />

und her. Eigentlich hatte ich geplant, im<br />

neuen Programm dazu Stellung zu beziehen,<br />

aber das kann ich gar nicht. Man<br />

hat ja jede Woche eine neue Situation.<br />

Wie allein der Autritt dieser verschleierten<br />

Niqab-Frau bei Anne Will die Presse<br />

schon wieder von links nach rechts treibt!<br />

Man muss aufpassen, in dieser Sache<br />

nicht zu heilig zu werden und muss auch<br />

die Sorgen und Ängst der Menchen ernst<br />

nehmen. Ich glaube, bei den meisten ist es<br />

weniger Fremdenhass als Angst vor Fremden.<br />

Neben dem Haus, in dem ich wohne,<br />

hat die Stadt jetzt ein Haus aufgekauft als<br />

Flüchtlingsheim. Dort wohnen zwei syrische<br />

Familien, ganz nette Leute. Meine<br />

Perle hat ihren Kleiderschrank ausgemistet<br />

und meinen gleich mit, ohne dass ich<br />

davon etwas wusste. Das hat dazu geführt,<br />

dass mein syrischer Nachbar jetzt meinen<br />

Lieblingswintermantel trägt. Das müsste<br />

ich eigentlich witzig aufarbeiten, ich bin<br />

ja Komiker.<br />

Ihr neues Bühnenprogramm „Turbo“ wird<br />

im Pressetext als ein Manifest des Guten<br />

bezeichnet. Was verstehen Sie darunter?<br />

Unsere Nächstenliebe gebietet uns ja zu<br />

helfen. Der Satz „Liebe deinen Nächsten“<br />

kommt nicht nur in allen Religionen,<br />

sondern sogar bei atheistischen Philosophen<br />

vor. Selbst John Lennon sagte:<br />

„Liebe ist die Antwort“. Das heißt, du<br />

musst helfen, du kannst ja nicht weggucken.<br />

Andererseits können wir nicht so<br />

tun, als würde es keine Probleme geben.<br />

Also müssen wir auch das ansprechen.<br />

In diesem Spannungsfeld findet mein<br />

Programm statt.<br />

Glauben Sie noch an das Gute im<br />

Menschen?<br />

Ja total. Das ist so tief in mir verankert,<br />

dass ich morgen beim Aufstehen schon<br />

denke, was es heute schon wieder Schönes<br />

gibt.<br />

In „Turbo“ filetieren Sie laut Pressetext<br />

das dumme Geschwätz der völlig abgehobenen<br />

Superstars.<br />

Es geht um die Als-Ob-Gesellschaft. Man<br />

sieht ja bei Facebook und in den ganzen<br />

<strong>Magazin</strong>en nur noch, wie gut es den Leuten<br />

geht. Nach dem Moto: „Ich bin gesegnet“.<br />

Ich will jetzt den Deckel lüften und sagen,<br />

was dahintersteckt. Diese Leute kochen<br />

auch nur mit Wasser.<br />

Gehören Sie nicht längst selbst zu den<br />

abgehobenen Superstars?<br />

Abgehoben glaube ich nicht. Es ist einem<br />

selber vielleicht nicht so bewusst, aber<br />

ich habe gottseidank viele ganz normale<br />

Freunde. Da wird es schwer abzuheben.<br />

Wenn abends mein bester Kumpel in der<br />

Vorstellung ist, sagt er in der Pause zu mir:<br />

„Sprich mal ein bisschen schneller, ich will<br />

noch in die Stadt!“<br />

Üben Sie Ihre Rolle eigentlich? Stehen Sie<br />

im Atze-Outfit zu Hause vor dem Spiegel?<br />

Nein, überhaupt nicht. Am schönsten ist<br />

es, auf die Bühne zu gehen und zu gucken,<br />

was passiert. Ende 2016 habe ich 15 Jobs<br />

gemacht, bei denen ich ohne Programm<br />

aufgetreten bin und mich einfach mit den<br />

Leuten unterhalte habe.<br />

Gibt es in Ihrem Leben auch Momente, wo<br />

Ihnen das Lachen vergeht?<br />

Also, ich engagiere mich in verschiedenen<br />

Organisationen wie Madamfo Ghana und<br />

bei roterkeil.net gegen Kinderprostitution.<br />

Ich gucke mir die Projekte immer vor Ort<br />

an. In Berlin zum Beispiel war ich für roterkeil.net<br />

bei der Stricherhilfe. In Angesicht<br />

dieses Elends vergeht dir das Lachen. Aber<br />

es hilft keinem, schlecht gelaunt zu sein.<br />

Wenn man an die Probleme entspannt<br />

rangeht, findet man scheller eine Lösung.<br />

roterkeil.net ist ein Netzwerk gegen<br />

Kinderprostitution mit Sitz in Münster.<br />

Wie alt sind die betroffenen Kinder?<br />

Bei den missbrauchten Kindern geht das im<br />

Alter von drei, vier Jahren los. Sieben- oder<br />

Achtjährige aus Rumänien oder Bulgarien<br />

kommen teilweise allein nach Deutschland<br />

und geraten hier an Pädophile. Mit elf,<br />

zwölf Jahren werden die dann weggeworfen,<br />

weil sie den Kinderschändern zu groß<br />

sind. Auf der Seite roterkeil.net kann man<br />

sich genauer darüber informieren. Ein Mitarbeiter<br />

dieses Vereins hat mir einmal die<br />

Szene am Berliner Hauptbahnhof gezeigt.<br />

Unsereiner sieht überhaupt nicht, was da<br />

los ist, aber ein Spezialist sieht genau, wer<br />

da auf wen wartet. Das geht bei den Tätern<br />

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Herbst <strong>2017</strong> · top magazin DortmunD

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