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T H E M A<br />
F R I E D R I C H S T A D T<br />
Gemeinsam Anonym<br />
Was bedeutet eigentlich Hacking? Wer macht so was<br />
überhaupt? Und was kann man alles mit einem 3D-<br />
Drucker anstellen? Den Kopf voller Fragen, wagte sich<br />
Tossia Corman in die Gefilde von <strong>Düsseldorf</strong>s Computerelite.<br />
Und bekam Antworten.<br />
Geordnetes Chaos: Die Zentrale des Dorfes<br />
Fotos (3): Christof Wolff<br />
12<br />
Ein Hauseingang in <strong>Düsseldorf</strong>-Mitte. Betätigt<br />
man die Klingel, ertönt drinnen ein zufällig ausgewähltes<br />
Geräusch aus den Computer-Boxen<br />
<strong>und</strong> eine Lampe beginnt sich zu drehen. Klar,<br />
wahrscheinlich eine der leichtesten Übungen<br />
für die Menschen, die sich hinter der Tür befinden:<br />
Die „Bewohner“ des Chaosdorfes <strong>Düsseldorf</strong>.<br />
„Wir sind seit 16 Jahren ein eigener, eingetragener<br />
Verein“, betont Rufus. Rufus (ein Spitzname,<br />
wie üblich in der Hackerszene)ist in ihrem<br />
alltäglichem Leben Sozialarbeiterin, im<br />
Chaosdorf ist sie Vorstandsmitglied. „Wir gehören<br />
zum Chaos Computer Club, das ist unser<br />
b<strong>und</strong>esweiter Dachverband.“ Ein Club – der Name<br />
lässt es erahnen – für computeraffine Menschen.<br />
„Aber das ist lange nicht alles, was wir<br />
machen“, sagt Rufus. Ein R<strong>und</strong>gang durch die<br />
Vereinsräume untermauert dies: Neben einem<br />
3D-Drucker, einem Lasercutter <strong>und</strong> gefühlt 175<br />
Computern findet sich auch eine Handwerkerbank<br />
<strong>und</strong> eine kleine Fahrradwerkstatt. „Hier<br />
gibt es ganz viele Menschen, die total gerne mit<br />
ihren Händen arbeiten.“ So wie sie selbst: Möbel<br />
macht sie, aus alten Teilen neue. Aber wie passt<br />
das zum Hacker-Dasein? „Hacken bedeutet in<br />
der ursprünglichen Definition, dass man den ursprünglichen<br />
Zustand einer Sache verändert,<br />
entfremdet oder weiterentwickelt“, erläutert die<br />
sympathische junge Frau. „Wenn ich also den<br />
Wasserkocher benutze, um meine Frühstückseier<br />
gar zu bekommen, bin ich theoretisch<br />
schon ein Hacker.“<br />
Seit 2011 hat das Dorf seine Heimat in dem ehemaligen<br />
„Erwachsenen-Amüsierbetrieb“, wie<br />
Rufus lachend erzählt. „Mit mehr als 100 Mitgliedern<br />
wird das aber langsam ein bisschen<br />
eng. Darum sind wir auf der Suche nach neuen<br />
Räumen.“ Nicht immer sind alle Mitgleider auf<br />
einmal da, aber voll ist es durchaus. Vor allem<br />
freitags. „Da haben wir hier Open House, da<br />
kann uns jeder besuchen kommen.“ Oft gibt es<br />
dann Vorträge von Mitgliedern oder Gästen.<br />
Vorstandsmitglied Rufus<br />
Volles Vertrauen<br />
Einer der Ansätze des Clubs: Das Lehren <strong>und</strong><br />
Lernen. „Wir reparieren hier keine Computer<br />
oder programmieren Homepages. Wir sind keine<br />
Dienstleister“, sagt Rufus. Wer aber lernen<br />
möchte, wie er an der Software herumdoktert<br />
oder den 3D-Drucker benutzt, der ist herzlich<br />
willkommen. „Unsere Infrastruktur kann jeder<br />
nutzen, wir stehen dann mit Rat zur Seite.“ Regeln<br />
gibt es, klar, an die müssen sich alle halten.<br />
„Aber wir haben auch großes Vertrauen,<br />
dass diejenigen das auch zu schätzen wissen,<br />
die zu uns kommen.“ Manchmal sind das auch<br />
Querschläger : „Es gibt schon eine gewisse Aluhut-Quote“,<br />
berichtet sie<br />
schmunzelnd. „Aber die<br />
merken, dass sie hier<br />
keinen Raum haben <strong>und</strong><br />
sind dann meist auch<br />
Chaos-Kühlschrank<br />
schnell wieder weg.“<br />
Und wer lange <strong>und</strong> regelmäßig<br />
reinschaut, der hört irgendwann die Frage,<br />
ob er auch zum Club gehören möchte. „Jeder<br />
kann Mitglied werden, gegen einen Beitrag. Aber<br />
eigentlich läuft das schon so, dass wir, nach einem<br />
Plenum, diejenigen fragen, die wir gern dabei<br />
hätten.“ Aber auch ohne Mitgliedschaft sind<br />
Besucher immer willkommen. Zum Lernen. Zum<br />
Basteln. Im Chaosdorf.<br />
Chaosdorf: Hüttenstraße 25, <strong>Düsseldorf</strong><br />
chaosdorf.de<br />
Die zunehmende Digitalisierung ist auch Thema<br />
bei < die digitale dusseldorf > . Das Festival<br />
für digitale Kunst <strong>und</strong> elektronische Musik findet<br />
vom 10. bis 26. 11. zum zweiten Mal statt.<br />
In r<strong>und</strong> 20 Locations präsentieren die Initiatoren<br />
unter dem Motto #LowTechArt Künstler<br />
<strong>und</strong> Kulturschaffende, die es schaffen, ästhetische<br />
Antworten auf die sich immer weiter ausbreitende<br />
Digitalisierung zu geben. So wie der<br />
Musiker Manuel Göttsching. Er ist am16.11. in<br />
der Tonhalle zu Gast, um sein Stück E2-E4 aufzuführen.<br />
Göttsching hatte starken Einfluss<br />
auf die Techno- <strong>und</strong> House-Szene.<br />
: 16. - 26.11, verschieden<br />
Orte, <strong>Düsseldorf</strong>; die-digitale.net