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Dezember 2016 - coolibri Düsseldorf und Wuppertal

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T H E A T E R<br />

W U P P E R T A L<br />

Bilder von uns: Ensemble des Theaters am Engelsgarten<br />

Foto: Uwe Schinkel<br />

Kontroll<br />

verlust<br />

Kann ein Foto ein Leben zerstören? Was<br />

passiert, wenn sich Wahrnehmungen<br />

verschieben, Wahrheiten plötzlich in<br />

Frage gestellt werden? Unter anderem<br />

diesen Themen geht das Stück „Bilder<br />

von uns“ nach, das im Oktober Premiere<br />

im Theater am Engelsgarten in <strong>Wuppertal</strong><br />

feierte.<br />

Nach der Romanvorlage des Autors Thomas Melle,<br />

der <strong>2016</strong> mit dem Werk „Die Welt im Rücken“<br />

auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises<br />

stand, inszeniert das Team um Regisseur Henri<br />

Hüster ein Schauspiel, das die Zuschauer<br />

schnell in seinen düsteren Bann zieht. Die Story:<br />

Manager Jesko, erfolgreich, mitten im Leben<br />

stehend, bekommt eines Tages anonym ein Bild<br />

auf sein Smartphone geschickt. Darauf ist er zu<br />

sehen, nackt. Wer ist der Absender? Und was<br />

will er? An diesen Fragen verzweifelt Jesko<br />

langsam, aber sicher. „Eigentlich erinnert das<br />

48<br />

Stück an einen Tatort-Plot“, so Hüster. „Eine Detektivgeschichte<br />

– ein Foto taucht auf, <strong>und</strong> es<br />

muss herausgef<strong>und</strong>en werden, woher es<br />

kommt.“ Was sich hinter dem Foto verbirgt: Ein<br />

Missbrauchsskandal, der sich in dem Internat<br />

ereignete, das Jesko als Schüler besuchte. In<br />

den er selber involviert war. Nahe liegt deshalb,<br />

dass er auf der Suche nach dem Absender auch<br />

seine alten Kameraden kontaktiert. Die auch<br />

zum Teil schwere Schicksale erlitten <strong>und</strong> ihm<br />

deshalb nicht so helfen können, wie er es sich<br />

erhofft. Jesko entfremdet sich immer mehr,<br />

auch von seiner Frau, die er viel zu spät einweiht.<br />

Dann, eines Nachts, ein anonymer Anruf.<br />

Alles kommt ins Wanken. Der Kontrollverlust ist<br />

unaufhaltbar.<br />

Nicht Herr der Lage<br />

„Das Stück hat für mich auch eine sehr starke<br />

körperliche Komponente“, erzählt Hüster. „Am<br />

Anfang gleicht Jesko einer Statue, wie im alten<br />

Griechenland. Perfekt, unantastbar.“ Im Laufe<br />

des Stückes löst sich dieser Zustand auf, mit<br />

seinem Verstand verliert der Protagonist auch<br />

die Kontrolle über seinen Körper, ist nicht mehr<br />

Herr der Lage. Im Bühnenbild spiegelt sich das<br />

wieder. In der Mitte ein Brunnen, mit einem Sockel.<br />

Eine Position, zu der man aufschauen<br />

muss. Und drumherum: Masken, verzerrte Gesichter,<br />

das neurotische Gegenbild zur in Stein<br />

gemeißelten Perfektion. Auch, dass das Stück<br />

zum Teil in Dialogform <strong>und</strong> an anderen Stellen<br />

prosaisch gespielt ist, zeigt eine Vermischung<br />

der Wahrnehmungsebenen. „Der Text ist so geschrieben,<br />

dass ihn alle verstehen können. Und<br />

fordert doch ständig, an den Rand der eigenen<br />

Wahrnehmung zu schauen <strong>und</strong> sich mit den<br />

Schatten der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen.“,<br />

so Henri Hüster.<br />

Wie das Drama um den Manager ausgeht? Noch<br />

bis zum Ende der Spielzeit steht „Bilder von<br />

uns“ im Programm der <strong>Wuppertal</strong>er Bühnen.<br />

toc<br />

Bilder von uns: Noch bis 18.2.2018, Theater am<br />

Engelsgarten, <strong>Wuppertal</strong>; schauspiel-wuppertal.de

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