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T H E A T E R<br />
W U P P E R T A L<br />
Bilder von uns: Ensemble des Theaters am Engelsgarten<br />
Foto: Uwe Schinkel<br />
Kontroll<br />
verlust<br />
Kann ein Foto ein Leben zerstören? Was<br />
passiert, wenn sich Wahrnehmungen<br />
verschieben, Wahrheiten plötzlich in<br />
Frage gestellt werden? Unter anderem<br />
diesen Themen geht das Stück „Bilder<br />
von uns“ nach, das im Oktober Premiere<br />
im Theater am Engelsgarten in <strong>Wuppertal</strong><br />
feierte.<br />
Nach der Romanvorlage des Autors Thomas Melle,<br />
der <strong>2016</strong> mit dem Werk „Die Welt im Rücken“<br />
auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises<br />
stand, inszeniert das Team um Regisseur Henri<br />
Hüster ein Schauspiel, das die Zuschauer<br />
schnell in seinen düsteren Bann zieht. Die Story:<br />
Manager Jesko, erfolgreich, mitten im Leben<br />
stehend, bekommt eines Tages anonym ein Bild<br />
auf sein Smartphone geschickt. Darauf ist er zu<br />
sehen, nackt. Wer ist der Absender? Und was<br />
will er? An diesen Fragen verzweifelt Jesko<br />
langsam, aber sicher. „Eigentlich erinnert das<br />
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Stück an einen Tatort-Plot“, so Hüster. „Eine Detektivgeschichte<br />
– ein Foto taucht auf, <strong>und</strong> es<br />
muss herausgef<strong>und</strong>en werden, woher es<br />
kommt.“ Was sich hinter dem Foto verbirgt: Ein<br />
Missbrauchsskandal, der sich in dem Internat<br />
ereignete, das Jesko als Schüler besuchte. In<br />
den er selber involviert war. Nahe liegt deshalb,<br />
dass er auf der Suche nach dem Absender auch<br />
seine alten Kameraden kontaktiert. Die auch<br />
zum Teil schwere Schicksale erlitten <strong>und</strong> ihm<br />
deshalb nicht so helfen können, wie er es sich<br />
erhofft. Jesko entfremdet sich immer mehr,<br />
auch von seiner Frau, die er viel zu spät einweiht.<br />
Dann, eines Nachts, ein anonymer Anruf.<br />
Alles kommt ins Wanken. Der Kontrollverlust ist<br />
unaufhaltbar.<br />
Nicht Herr der Lage<br />
„Das Stück hat für mich auch eine sehr starke<br />
körperliche Komponente“, erzählt Hüster. „Am<br />
Anfang gleicht Jesko einer Statue, wie im alten<br />
Griechenland. Perfekt, unantastbar.“ Im Laufe<br />
des Stückes löst sich dieser Zustand auf, mit<br />
seinem Verstand verliert der Protagonist auch<br />
die Kontrolle über seinen Körper, ist nicht mehr<br />
Herr der Lage. Im Bühnenbild spiegelt sich das<br />
wieder. In der Mitte ein Brunnen, mit einem Sockel.<br />
Eine Position, zu der man aufschauen<br />
muss. Und drumherum: Masken, verzerrte Gesichter,<br />
das neurotische Gegenbild zur in Stein<br />
gemeißelten Perfektion. Auch, dass das Stück<br />
zum Teil in Dialogform <strong>und</strong> an anderen Stellen<br />
prosaisch gespielt ist, zeigt eine Vermischung<br />
der Wahrnehmungsebenen. „Der Text ist so geschrieben,<br />
dass ihn alle verstehen können. Und<br />
fordert doch ständig, an den Rand der eigenen<br />
Wahrnehmung zu schauen <strong>und</strong> sich mit den<br />
Schatten der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen.“,<br />
so Henri Hüster.<br />
Wie das Drama um den Manager ausgeht? Noch<br />
bis zum Ende der Spielzeit steht „Bilder von<br />
uns“ im Programm der <strong>Wuppertal</strong>er Bühnen.<br />
toc<br />
Bilder von uns: Noch bis 18.2.2018, Theater am<br />
Engelsgarten, <strong>Wuppertal</strong>; schauspiel-wuppertal.de