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K I N O<br />
Mord im Orient-Express | Start: 9.11.<br />
Mord an Bord<br />
In der aktuellen Revivalwelle ist es eigentlich gar bestaunenswert, wie<br />
lange die Werke von Krimikönigin Agatha Christie unangetastet blieben.<br />
Nun ist Schluss mit Ruhe, denn es fährt ein mit Hollywood-Stars vollgestopfter<br />
Zug aus dem Orient Richtung Mordfall. Das Passagierregister der<br />
Neuverfilmung liest sich dabei wie eine Gästeliste zur Awardshow-Afterparty<br />
in eleganter Abendrobe – nur das hier einer der illustren Gäste, ganz<br />
wie beim beliebten Kinderspiel „Mord in der Disco“, heimlich gemeuchelt<br />
wird <strong>und</strong> alle Zugreisenden mächtig verdächtig wirken. Für den richtigen<br />
Dreh am klassischen Stoff sorgt der in Historienfilmen versierte Regisseur<br />
Kenneth Branagh, der auch gleich noch die Hauptrolle des belgischen Detektivs<br />
Hercule Poiroit übernimmt. Rollt!<br />
USA 2017, R: Kenneth Branagh<br />
D: K. Branagh, Judi Dench, Daisy Ridley, Michelle Pfeiffer, Willem Dafoe<br />
Foto: © 2017 Twentieth Century Fox<br />
The Big Sick | Start: 16.11.<br />
Komatös in Chicago<br />
Kumail kommt aus Pakistan, lebt in Chicago, fährt Uber, versucht sich als<br />
Comedian <strong>und</strong> darin, sich aus elterlich angeleierten Ehearrangements zu<br />
winden. Und dann stürzt er sich in eine Beziehung mit Emily, deren Vergeigung<br />
er nicht retten kann, weil die Holde vorher ins Koma fällt. Der Clou:<br />
Das Drehbuch schrieb Kumail zusammen mit seiner Frau <strong>und</strong> erzählt darin<br />
die Geschichte ihres Kennenlernens. Genau dieser Fakt verleiht dem<br />
Film die Geheimzutat, die „The Big Sick“ aus der Masse an lustigen Romanzen<br />
hervorstechen lässt. Hier sieht man echte Personen, die sich real anfühlen,<br />
deren Emotionen nie überzogen wirken, sondern immer greifbar.<br />
Dazu webt der Film geschickt Ideen über Kultur, Comedy, Rassismus <strong>und</strong><br />
Familie ein. Und auch wenn teils mehr Druck auf die Tränendrüse, als auf<br />
das Zwerchfell ausgeübt wird, sitzt der spritzige Humor.<br />
USA 2017, R: Michael Showalter<br />
D: Kumail Nanjiani, Zoe Kazan, Holly Hunter, Bo Burnham<br />
Foto: ©2017 COMATOSE INC._Photo by Nicole Rivelli<br />
Detroit | Start: 23.11.<br />
Foto: © 2017 Concorde Filmverleih GmbH<br />
Good Time | Start: 2.11.<br />
Foto: © temperclayfilm<br />
Harte Eskalation<br />
Regisseurin Kathryn Bigelow traute sich schon an Themen wie den Irak-<br />
Krieg, die Bin-Laden-Tötung <strong>und</strong> den Kalten Krieg. Ihr neustes Werk zentriert<br />
die Bürgeraufstände im Detroit des Jahres 1967. Ihr Film ist dabei genauso<br />
hart, erschütternd <strong>und</strong> kompromisslos, wie die Realität der Ereignisse<br />
selbst. Bigelow fängt das frenetische Chaos <strong>und</strong> den eskalierenden<br />
Kontrollverlust der Situation fast schon unheimlich treffend ein, vergisst<br />
dabei aber nie ihre Protagonisten mit klaren Linien zu zeichnen. „Detroit“<br />
ist sicherlich kein einfach anzuschauender, aber ein wichtiger Film. Und<br />
auch wenn die Massen vor der thematischen Schwere <strong>und</strong> schier unerträglichen<br />
Wahrheit dieses Filmes zurückschrecken könnten, wird das Interesse<br />
an Bigelows „Detroit“ spätestens in der Awardsaison überkochen.<br />
USA 2017, R: Kathryn Bigelow<br />
D: John Boyega, Will Poulter, Anthony Mackie, Algee Smith, Hanna Murray<br />
36<br />
Übles Enigma<br />
In „Good Time“ hat der genauso glück- wie ruchlose Kleinkriminelle Connie<br />
Nikas entgegen des Filmtitels alles andere als eine gute Zeit. Nachdem er<br />
seinen geistig behinderten Bruder mit auf die schiefe Bahn zieht <strong>und</strong> dieser<br />
im Knast landet, versucht Connie ihn mit allen Mitteln wieder auf freien<br />
Fuß zu kriegen – <strong>und</strong> versinkt dabei immer tiefer in Lügen, Verbrechen<br />
<strong>und</strong> Gewalt. Anstatt aus diesem Stoff einen erwartbar grimmigen, monochromen<br />
Thriller zu stricken, liefern die regieführenden Safdie-Brüder einen<br />
knallbunten, schrillen, kantigen <strong>und</strong> auffälligen Film ab. „Good Time“<br />
ist ein spannendes, dreistes <strong>und</strong> abgefucktes Enigma, das einen auch<br />
nach dem Kinobesuch noch beschäftigt. Robert Pattinson überwältigt dabei<br />
als übler Typ ohne Rücksicht oder Gewissen.<br />
USA 2017, R: Ben & Joshua Safdie<br />
D: Robert Pattinson, Ben Safdie, Buddy Duress, Jennifer Jason Leigh