Z19 »REFORMAFIKTION 5.0«
Die volle Ausgabe der Z 19/20 – 500 Jahre, was nun? Etliche sind froh, dass der Jubiläums-Hype vorbei ist – andere haben den tiefen Wunsch nach einer echten Erneuerung. Diese Z-Ausgabe liefert eine Fülle von Impulsen für Reformation die vor uns liegt und realisiert werden kann. Die Leseprobe liefert einen Einblick – den vollen Umfang kann man hier vorbestellen. http://www.zwiezukunft.de/z19/
Die volle Ausgabe der Z 19/20 – 500 Jahre, was nun?
Etliche sind froh, dass der Jubiläums-Hype vorbei ist – andere haben den tiefen Wunsch nach einer echten Erneuerung. Diese Z-Ausgabe liefert eine Fülle von Impulsen für Reformation die vor uns liegt und realisiert werden kann.
Die Leseprobe liefert einen Einblick – den vollen Umfang kann man hier vorbestellen. http://www.zwiezukunft.de/z19/
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Historisch<br />
Luthers<br />
Theologie von<br />
Kirche nahm<br />
sich nicht die<br />
ersten Christen<br />
zum Vorbild,<br />
sondern blieb<br />
substanziell<br />
katholisch<br />
Foto: © Wikipedia, MathKnight<br />
2) Ein riesiges Defizit an Ethik und biblischer<br />
Rechtsstaatlichkeit. Martin Luther war<br />
zunächst ein asketischer Mönch und wurde später<br />
zum freiheitsliebenden Genuss-Menschen.<br />
Doch das Pendel schlug etwas zu weit ins Gegenteil<br />
– in seinem Versuch, die Gesetzlichkeit des<br />
Katholizismus zu überwinden, verwarf er nicht<br />
nur das Gesetz des Mose, sondern auch die<br />
Rechtsstaatlichkeit in Gottes Königreich, die<br />
darin besteht, dass man die Anordnungen Christi<br />
ernst nimmt und befolgt. Diese bilden die Verfassung,<br />
den grundlegenden Rechtskodex des Königreichs<br />
Gottes. Damit hat Luther das Kind mit<br />
dem Bade ausgeschüttet, mit der Gesetzlichkeit<br />
zugleich die Rechtsstaatlichkeit verworfen.<br />
Dadurch wurde das Luthertum derart lax und<br />
gesetzlos, dass es viele inner-kirchliche Reformbestrebungen<br />
gab, die (leider erfolglos) nach<br />
mehr praxis pietatis riefen, nach mehr biblischer<br />
Ethik, um diesen Punkt zu korrigieren. „Durch<br />
den Einfluss des Liberalismus und der Bibelkritik<br />
ist heute im Luthertum grundsätzlich alles<br />
erlaubt, solange es nicht in der Bibel steht“, sagte<br />
Prof. Georg Huntemann (1929–2014), evangelischer<br />
Professor für Ethik.<br />
Eine späte Frucht der praktischen Gesetzlosigkeit<br />
im Protestantismus ist das<br />
willkommene Missverständnis<br />
von der „billigen Gnade“, auch<br />
hyper-grace genannt: Wenn<br />
alles Gnade ist, dann werden<br />
Regeln, Gesetze und Ethik<br />
nicht nur irrelevant, sondern<br />
sie sind ein ärgerliches Hindernis<br />
für denjenigen, dem<br />
es hauptsächlich darum geht,<br />
Spaß zu haben und seinen<br />
persönlichen Launen und Lüsten<br />
nachzujagen.<br />
3) Ekklesiologie. Luther<br />
wollte nicht eine neue Kirche<br />
gründen, sondern „seine“<br />
römisch-katholische Kirche<br />
reformieren. Seine Ekklesiologie,<br />
also die Theologie von<br />
Kirche, war im Kern nicht aufgebaut<br />
auf dem Königreich, von dem Jesus Christus<br />
andauernd sprach, sondern auf der katholischen<br />
Kirche. Dadurch wurde seine Kirche zur<br />
lutherischen Version der katholischen Kirche.<br />
Für Luther war die Kirche „die Versammlung<br />
aller Gläubigen, bei welchen das Evangelium<br />
rein gepredigt und die heiligen Sakramente dem<br />
Evangelium gemäß gereicht werden“ (Confessio<br />
Augustana).<br />
Im Kern blieb Luther ein Sakramentalist und<br />
ein Veranstaltungs-Prediger, der religiöse Riten<br />
und Liturgien feierte (einschließlich die fälschlich<br />
als heilsbringend verstandene Kinder-Taufe),<br />
und das alles in sakralen Gebäuden. Das typische<br />
evangelische bzw. protestantische Kirchengebäude<br />
ist bis heute eine event location, ein Veranstaltungsort,<br />
und nicht ein Ort, wo das Leben des<br />
Königreichs Gottes als Organismus stattfindet.<br />
4) Verwirrtes Bibelverständnis. Wenn man<br />
Lutheraner fragt: a) Ist die Bibel Gottes Wort, oder<br />
b) enthält sie Gottes Wort?, so ist die Antwort eindeutig:<br />
b! Luther hatte schon immer zu kämpfen<br />
mit für ihn schwierigen Bibelstellen wie etwa dem<br />
Jakobus-Brief und dessen Aufforderung zu Taten<br />
des Glaubensgehorsams. Er nannte den Jakobusbrief<br />
eine „stroherne Epistel“ und bezweifelte gar,<br />
dass er von einem Apostel geschrieben wurde.<br />
Luther unterschied zwischen wichtigen, weniger<br />
wichtigen und problematischen Teilen der<br />
Bibel. Damit legte er Stolpersteine für die Zukunft.<br />
Es ist deshalb kein Zufall, dass die wichtigsten Vertreter<br />
der bibelkritisch-liberalen Theologie aus<br />
dem Luthertum stammen. Nachdem die Bibel im<br />
Luthertum jahrhundertelang der zersetzenden<br />
Bibelkritik ausgeliefert war, ist sie heute in der<br />
Praxis vieler evangelischen Kirchen so belanglos,<br />
dass sie dort nicht viel mehr ist als ein religiöses<br />
literarisches Werk voller Mythen.<br />
5) Die Juden. Luther hoffte, durch sein „evangelisches<br />
Evangelium“ die Juden zu bekehren. Als<br />
sie ihm diesen Gefallen nicht taten, verteufelte er<br />
sie und verstieg sich mit Worten wie: „Verbrennt<br />
sie in ihren Synagogen. Ein solch verzweifeltes,<br />
durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding<br />
ist’s um diese Juden, so diese 1400 Jahre unser<br />
74<br />
Z für Zukunft