unternehmen März 2016
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[finanzieren] Ausgabe 49 | <strong>März</strong> <strong>2016</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Erfahrung und Geduld nötig. Kunstinvestments<br />
erfordern wie Aktien einen langen<br />
Atem und Disziplin. Auf das Geld dafür darf<br />
der Anleger nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />
angewiesen sein. Zudem muss er für<br />
sich und mit seinem Berater klären: Passt diese<br />
Art der Geldanlage zu mir?<br />
GESCHMACKSPROFIL NÖTIG<br />
„Wir sagen unseren Kunden, dass Kunst ein<br />
hochspekulatives Investment ist“, sagt HVB-<br />
Expertin Jost. „Wo sehr hohe Renditechancen<br />
bestehen, gibt es eben auch hohe Risiken.“<br />
Um dieses Risiko im Griff zu halten, ist es entscheidend,<br />
dass das Portfolio in einem ersten<br />
Schritt auf verschiedene Anlageklassen und<br />
-formen verteilt und danach breit gestreut<br />
wird. Aktien und Renten sind dabei die Basisbausteine.<br />
Dazu kommen Immobilien und<br />
gegebenenfalls außerbörsliche Beteiligungen.<br />
Kunst sollte dabei ebenso wie zum Beispiel<br />
Gold nur ein verhältnismäßig kleiner Anlagebaustein<br />
unter mehreren sein.<br />
„Im Gesamtvermögen macht ein Kunstinvestment<br />
üblicherweise höchstens fünf bis zehn<br />
Prozent aus“, sagt Kunstberaterin Fenkart.<br />
Im Einzelfall ergebe sich der Anteil ebenso<br />
wie die Strategie aus den persönlichen Anlagepräferenzen<br />
und der Vermögensaufteilung.<br />
Nicht zuletzt gehe es darum, ein Geschmacksprofil<br />
zu erstellen. Jost: „Der Anleger sollte,<br />
auch wenn er Kunst nur zu Anlagezwecken<br />
kauft, nur das kaufen, was ihm auch selbst gefällt.“<br />
Der Kauf echter<br />
Bilder, Fotografien<br />
und Skulpturen ist<br />
bereits ab niedrigen<br />
vierstelligen<br />
Kunstberaterin<br />
Claudia Fenkart<br />
Beträgen möglich.<br />
Aber wer auf Wertsteigerungen<br />
hofft, braucht neben<br />
Glück und Geduld<br />
eine Strategie,<br />
nach der er den<br />
Kunstmarkt<br />
durchforstet. Der<br />
Investieren in Kunst – Geldanlage mit Steuerkick<br />
Eines der teuersten Bilder der Welt: Das Londoner Auktionshaus Christie’s versteigerte im Mai<br />
2015 Pablo Picassos „Les femmes d‘Alger“ für umgerechnet 143 Millionen Euro.<br />
Wert eines Kunstobjekts setzt sich aus unterschiedlichen<br />
Faktoren zusammen – zum Beispiel,<br />
ob die Künstler dabei sind, sich zu etablieren,<br />
indem sie in wichtigen Galerien und<br />
Museen schon mal vertreten waren oder bald<br />
sein werden. „Nicht selten müssen 20 bis 30<br />
Jahre ins Land gehen, um sagen zu können, ob<br />
ein Künstler, der heute jung ist und vielversprechend<br />
erscheint, das am Ende einlöst“,<br />
erklärt Fenkart. Für Anleger bedeutet das: Sie<br />
sollten sich wie bei einem Aktieninvestment<br />
auf eine Strategie festlegen, die nicht zuletzt<br />
auch ihr Risiko bestimmt. Anleger, die mehr<br />
auf Nummer sicher gehen wollen, können<br />
sich auf etablierte Künstler verlegen wie etwa<br />
Nolde oder Schlemmer. „Doch dann steigt<br />
man hoch ein und muss warten, bis sich der<br />
Markt insgesamt nach oben entwickelt.“<br />
Gewinne aus dem Verkauf von Kunstgemälden<br />
zählt der Fiskus zu den privaten<br />
Veräußerungsgeschäften. Erfolgt der Verkauf<br />
innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb<br />
und übersteigt der Gewinn daraus<br />
die Freigrenze von 600 Euro, ist die gesamte<br />
Wertsteigerung abzüglich Kosten<br />
zu versteuern. Dabei dürfen Gewinne im<br />
gleichen Jahr mit Verlusten aus privaten<br />
Veräußerungsgeschäften verrechnet werden.<br />
Hält der Kunstliebhaber seine Stücke<br />
allerdings länger als ein Jahr, geht der<br />
Fiskus leer aus – es sei denn, er unterstellt<br />
dem Sammler aufgrund hoher Umschlaghäufigkeit<br />
einen gewerbsmäßigen<br />
Handel. Hier entscheiden die Finanzbehörden<br />
im Einzelfall. Häufig stellt die Finanzverwaltung<br />
bei ihrer Entscheidung<br />
auf das Konzept der jeweiligen Sammlung<br />
ab. Eine Kollektion teurer Expressionisten<br />
wird anders betrachtet als eine Anhäufung<br />
lateinamerikanischer Indianerkunst.<br />
Die Tatsache, dass regelmäßig An- und<br />
Verkäufe getätigt werden, ist jedenfalls<br />
nach Meinung vieler Steuerexperten kein<br />
Kriterium für einen Gewerbebetrieb. TL<br />
JUNG, CHANCENREICH, RISKANT<br />
Eine andere Strategie ist, ist in junge, aufstrebende<br />
Künstler zu investieren. Die Kaufpreise<br />
in diesem Segment sind viel niedriger als bei<br />
den Meistern und die Wertentwicklungschancen<br />
entsprechend hoch. Aber der Anleger<br />
geht ein hohes Risiko ein. Läuft der Markttrend<br />
in eine andere Richtung, kann sich der<br />
Wert eines Objektes rasch zehnteln und es<br />
taugt nur noch als Wandschmuck.<br />
Neueinsteiger fahren daher meistens gut damit,<br />
wenn sie zumindest am Anfang die<br />
Dienste eines Kunstberaters in Anspruch nehmen.<br />
Denn der Kunstmarkt hat seine eigenen<br />
Regeln. „Er ist global, unberechenbar und verrückt<br />
– viele Kunstwerke sind zu teuer und<br />
Künstler werden heute oft gemacht, weil sie<br />
sich medial gut verkaufen oder einflussreiche<br />
Förderer haben“, weiß Fenkart. „Es gibt heute<br />
eine Vielzahl an Messen und Galerien rund<br />
um den Globus, die im Wettbewerb stehen.“<br />
Der Markt ist schwer zu überschauen und<br />
schnelllebiger geworden<br />
Zudem sind Schnäppchen und richtig gute<br />
Stücke rar geworden, seit immer mehr Geld in<br />
den Kunstmarkt fließt. Jost: „Man muss ein<br />
extrem gutes und seriöses Netzwerk haben,<br />
um von den angesagten Künstlern ein Objekt<br />
angeboten zu bekommen.“ Nicht jeder Kunstberater<br />
ist da gerne gesehen, denn vielen eilt<br />
der Ruf voraus, nur für Spekulanten zu arbeiten<br />
und bei einer erfolgreichen Vermittlung<br />
zusätzlich eine Provisionen zu verlangen.<br />
„Am Ende ist es aber ein ganz kleiner Markt, in<br />
dem man immer wieder die gleichen Personen<br />
trifft,“ so Jost, „und zu denen gilt es, Vertrauen<br />
aufzubauen.“ [!] THOMAS LUTHER<br />
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