unternehmen März 2016
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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 49 | <strong>März</strong> <strong>2016</strong><br />
[gründen]<br />
nes im vergangenen Herbst aus der Taufe gehobenem<br />
Start-ups. Das freilich sollte bereits<br />
in der Vorphase die erste Wendung nehmen.<br />
Die ursprüngliche Geschäftsidee hatte sich<br />
als untauglich erwiesen. Sie fußte auf der als<br />
Abschlussarbeit und als Prototyp vorgelegten<br />
„Flexhand“, einer Handprothese. Die Studenten<br />
hatten eine einfache, funktionelle Steuerungsmethodik<br />
und eine menschenähnliche<br />
Mechanik entwickelt inklusive Software und<br />
dem Design der Platinen. Die Finger, die sich<br />
einzeln bewegen lassen, werden per Muskelsignalsteuerung<br />
bewegt, die per App unterstützt<br />
ist. „In der Theorie bewältigbar, in der<br />
Praxis aber sehr viel komplexer“, berichtet<br />
Kirsch.<br />
EIN HIGH-TECH-HANDSCHUH<br />
Komplex, aber es gelang. Doch trotz hoher<br />
Alltagstauglichkeit ergab sich ein gewaltiges<br />
Problem, als eine Geschäfts idee daraus werden<br />
sollte. „Der Markt für Handprothesen ist<br />
sehr klein und überdies schon durch vier Hersteller<br />
besetzt“, erläutert Dominik Hepp.<br />
Noch vor Studien-Ende suchten die drei daher<br />
nach Alternativen mit größeren Marktchancen,<br />
in die das gewonnene Knowhow eingebracht<br />
werden könnte – und identifizierten<br />
schließlich die Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten.<br />
Jährlich trifft das um die<br />
240.000 Menschen; bei etlichen ist die Hand<br />
von Lähmungserscheinungen betroffen. Ziel<br />
ist nun die Entwicklung einer entsprechenden<br />
„Orthese“; also eines medizinischen Hilfsmittels,<br />
das im speziellen Fall zur Wiederherstellung<br />
der Greifkraft der Hand eingesetzt<br />
werden soll. Statt einer Prothese also eine Art<br />
High-tech-Handschuh. Er kann die bislang<br />
üblichen schweren, immobilen Apparaturen<br />
ersetzen. Damit ist die Rehabilitation auch zu<br />
Hause möglich.<br />
Im September 2015 haben die Gründer eine<br />
erste Hürde überwunden: Sie wurden in das<br />
von EU und Bund getragene „Exist“-Förderprogramm<br />
aufgenommen. Es sichert ihnen<br />
für ein Jahr ein Budget von 120.000 Euro – damit<br />
auch die Zeit, einen Businessplan aufzustellen,<br />
Partner zu akquirieren und einen Prototyp<br />
zu entwickeln. Er soll im Juli fertig sein<br />
und bei einem Pilot-Patienten eingesetzt werden<br />
können. Dazu werden zusammen mit Medizinern,<br />
Therapeuten und dem Patienten die<br />
Produktanforderungen festgelegt und in ein<br />
Pflichtenheft übertragen.<br />
Genauere Vorstellungen haben die Gründer<br />
über die Art und Weise, wie sie den Eintritt in<br />
den Markt gestalten wollen. Er soll über<br />
Orthopädietechniker geschehen, denen die<br />
„Manus GbR“ eine Art Baukasten liefert, aus<br />
dem sich maßgeschneiderte Orthesen anfertigen<br />
lassen, berichtet Hepp. Ein erster Kontakt<br />
zu einem Ulmer Sanitätshaus ist inzwischen<br />
geknüpft und offenbar vielversprechend verlaufen.<br />
LUFT UNTER DEN FLÜGELN<br />
Wenn alles so kommt, wie die jungen Männer<br />
es anpeilen, dann werde man sich in einigen<br />
Monaten auf die Suche nach einem Wagniskapitalgeber<br />
begeben, damit die junge Firma<br />
Luft unter den Flügeln erhält. Ob die Gründer<br />
dadurch selbst eine dauerhafte Perspektive<br />
erhalten?<br />
Das lassen sie auf sich zukommen. Hepp: „Wer<br />
Wagniskapital gibt, will ja irgendwann mit<br />
Gewinn auch wieder aussteigen.“ Doch solche<br />
Eventualitäten kümmern die Jungunternehmer<br />
derzeit eher weniger. Die Gelassenheit,<br />
was die eigene Zukunft anbelangt, hat<br />
einen einfachen Grund. „Wir haben noch viele<br />
gute Ideen“, sagt Jan Kirsch.<br />
Doch warum gehen sie überhaupt den Weg<br />
der Selbstständigkeit mit seinen vielen Fallstricken<br />
und immer drohenden Rückschlägen?<br />
Hepps Antwort fällt kurz und bündig<br />
aus: „Bei mir gewann der Reiz der Herausforderung<br />
schlicht die Oberhand.“ [!]<br />
<br />
THOMAS VOGEL<br />
Ulm fehlt<br />
die Gründerkultur<br />
Die Hochschule Ulm unterstützt die<br />
Ausgründung von „Manus“ mit Räumen,<br />
Laborausstattung und wissenschaftlicher<br />
Beratung, sagt Sprecherin<br />
Monica Walker. Für die meisten Absolventen<br />
sei der Weg in die Selbstständigkeit<br />
nicht die erste Option, hätten<br />
sie doch auf dem Arbeitsmarkt gute<br />
Chancen. Start-ups bräuchten eine<br />
entsprechende Grundfinanzierung –<br />
bei einer überschaubaren Anzahl an<br />
Fördermöglichkeiten. Die Hochschule<br />
werde aber auch weitere Gründer aus<br />
ihren Reihen unterstützen.<br />
Dominik Hepp mangelt es indes an einer<br />
Sache: „Es fehlt hier in Ulm eine<br />
Gründerszene; eine Gründerkultur wie<br />
in Städten wie Mannheim oder Berlin<br />
mit einem Netz aus Gelegenheiten für<br />
Begegnungen und Austausch gibt es<br />
hier einfach nicht.“ <br />
THV<br />
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