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Die Wirtschaft Köln - Ausgabe 06 / 2017

Mehr Wissen, besser entscheiden, erfolgreich unternehmen: Die Wirtschaft Köln bietet Ihnen mit exklusiven Einblicken in Branchen, Märkte und Betriebe sechs Mal jährlich einen spannenden Mix aus aktuellen Nachrichten der Kölner Wirtschaft, Unternehmensportraits und Interviews mit Entscheidern der Region.

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Sonderthema: Recht & Steuern | Geld & Geschäft |<br />

lich sein, wenn das Gesetz eine andere<br />

Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung<br />

vorsieht. <strong>Die</strong>s ist nach der neuen Datenschutzgrundverordnung<br />

u. a. der Fall,<br />

wenn die Datenverarbeitung für die Erfüllung<br />

eines Vertrags, dessen Vertragspartei<br />

die betroffene Person ist, oder zur Durchführung<br />

vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich<br />

ist, die auf Anfrage der betroffenen<br />

Person erfolgen. Ebenfalls zulässig<br />

ist eine Datenverarbeitung, wenn sie zur<br />

Wahrung der berechtigten Interessen erforderlich<br />

ist, sofern nicht die berechtigten<br />

Interessen des Betroffenen überwiegen,<br />

insbesondere dann, wenn es sich bei der<br />

betroffenen Person um ein Kind handelt.<br />

Am Beispiel von „Amazon Go“ ließe sich<br />

durchaus argumentieren, dass die Überwachung<br />

durch Kameras und andere Sensortechniken<br />

zur Erfüllung der Kaufverträge,<br />

der damit verbundenen rechtlichen<br />

Verpflichtungen des Unternehmens als<br />

„Verantwortlicher“ im Sinne der DSGVO<br />

sowie zur Wahrung seiner berechtigten<br />

Interessen (z. B. <strong>Die</strong>bstahl- und Betrugsschutz)<br />

eingesetzt würde und erforderlich<br />

sei. Es bedürfte dann keiner Einwilligung<br />

des Kunden.<br />

Jedoch sehen sowohl die DSGVO als auch<br />

das nunmehr neu gefasste BDSG spezielle,<br />

sehr enge Voraussetzungen für die Videoüberwachung<br />

von öffentlichen Räumen<br />

vor. Hier muss im Einzelfall entschieden<br />

werden, wie und in welchem Umfang diese<br />

Maßnahmen eingesetzt werden dürfen.<br />

Kinder und Jugendliche werden im BDSG<br />

und in der DSGVO als besonders schutzbedürftig<br />

angesehen, was Datenverarbeitungen<br />

betrifft. Hier stellt sich daher zusätzlich<br />

die Frage, ob sie überhaupt in solchen<br />

Supermärkten einkaufen dürfen. Rechtssicherheit<br />

wird hier erst in Zukunft eintreten,<br />

nämlich mit Erlass entsprechender<br />

Hinweise von Aufsichtsbehörden sowie Ergehen<br />

einschlägiger Urteile.<br />

Wenn ein Händler personenbezogene Daten<br />

verarbeitet, muss er seine Kunden jedenfalls<br />

umfassend über die Datenverarbeitung<br />

informieren. Auf welche Art<br />

und Weise dies zu erfolgen hat, muss in<br />

Zukunft allerdings noch geklärt werden.<br />

So könnten Datenschutzerklärungen –<br />

ähnlich wie bisher bei AGB – am Eingang<br />

des Supermarktes ausgehängt werden.<br />

Hier existiert das nächste Problem: Eine<br />

unvollständige oder sogar falsche Datenschutzerklärung<br />

bei kommerziellem<br />

Handeln könnte zu Abmahnungen durch<br />

Wettbewerber oder aufsichtsrechtlichen<br />

Konsequenzen führen.<br />

<strong>Die</strong> Sanktionsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden<br />

werden mit der DSGVO im Vergleich<br />

zum BDSG erheblich verschärft. Bei<br />

Verstoß zum Beispiel gegen Informationspflichten<br />

können Geldbußen von bis zu 20<br />

Millionen Euro oder, im Fall eines Unternehmens,<br />

von bis zu 4 Prozent seines gesamten<br />

weltweit erzielten Jahresumsatzes<br />

des vorangegangenen Geschäftsjahrs verhängt<br />

werden, je nachdem, welcher der Beträge<br />

höher ist. Datenschutz sollte daher<br />

bei jedem Digitalkonzept für einen Supermarkt<br />

eine Rolle spielen.<br />

Dynamic Pricing –<br />

ein zweischneidiges<br />

Schwert<br />

Das Dynamic Pricing bietet Vor- und Nachteile.<br />

So stellt die Verwendung digitaler<br />

Preisschilder eine erhebliche Arbeitserleichterung<br />

gegenüber den bisherigen Papierschildern<br />

dar – insbesondere für Bereiche,<br />

in denen die Preise schwanken,<br />

bspw. bei Lebensmitteln. <strong>Die</strong> schnellen<br />

Änderungsmöglichkeiten ermöglichen<br />

auch eine Preisanpassung an das jeweilige<br />

Kundenprofil. So haben einzelne Supermarktbetreiber<br />

bereits mit speziellen<br />

Kundenkarten experimentiert, die auf<br />

den jeweiligen Kunden zugeschnittene<br />

Rabattaktionen verfügbar machten. Solche<br />

Angebote werden auch als „Personal<br />

Pricing“ bezeichnet. Allerdings können<br />

diese Methoden auch zum Nachteil der<br />

Kunden verwendet werden. Etwa indem<br />

zu Zeiten besonders hoher Nachfragen<br />

und Kundenabhängigkeiten (WM-Finale,<br />

Tankstelle nachts) die Preise „automatisch“<br />

erhöht werden.<br />

Zunächst erscheint dieses Vorgehen rechtlich<br />

unbedenklich. Mit der Preisangabenverordnung<br />

existiert zum Beispiel eine<br />

Vorschrift darüber, auf welche Art und<br />

Weise die Kunden über den Preis eines<br />

Produkts informiert werden müssen. Eine<br />

bestimmte Preishöhe oder –stabilität<br />

wird dabei aber nicht vorgeschrieben.<br />

Denn unterschiedliche Preise für unterschiedliche<br />

Kunden – auch ohne sachlichen<br />

Grund – sind ein zentrales Element<br />

der freien Marktwirtschaft.<br />

Doch ganz so einfach ist es nicht. Das Allgemeine<br />

Gleichbehandlungsgesetz (AGG)<br />

macht generelle Vorgaben zur Behandlung<br />

von Menschen, die natürlich auch für die<br />

Beziehungen von Händlern zu ihren Kunden<br />

gelten. So darf keine Benachteiligung<br />

unter anderem aus Gründen der Rasse, der<br />

ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder<br />

des Alters erfolgen. Hier könnten zum Beispiel<br />

personalisierte Rabatte, die nur einer<br />

bestimmten Altersklasse oder nur Frauen<br />

oder nur Männern zur Verfügung stehen,<br />

einen Verstoß darstellen. Ein solcher<br />

Verstoß gegen das AGG in Verbindung mit<br />

dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb<br />

(UWG) würde dann gleichfalls zu einem<br />

wettbewerbsrechtlichen Verstoß führen.<br />

Auch hier besteht dann die Gefahr von<br />

Abmahnungen oder Unterlassungsklagen<br />

durch Mitbewerber oder Verbände. Daher<br />

empfiehlt sich stets eine genaue Prüfung<br />

von personalisierten Rabatten und Preisen.<br />

Bedenken first,<br />

digital second<br />

Vor der Umsetzung eines Digitalisierungskonzeptes<br />

sollten – in Anbetracht dieser<br />

Problemfelder – in jedem Fall die rechtlichen<br />

Aspekte gründlich bedacht werden.<br />

Denn es gilt: Nicht alles, was technisch<br />

machbar ist, ist auch rechtlich unbedenklich.<br />

<strong>Die</strong> beschriebenen Themengebiete<br />

sind dabei nur ein kleiner Ausschnitt von<br />

weiteren Fragestellungen, z. B. zum rechtssicheren<br />

Einsatz von digitalen Zahlungsdiensten<br />

und –mitteln (Stichwort Bitcoin).<br />

Im Hinblick auf die zunehmende Verschärfung<br />

der Sanktionen – insbesondere auf<br />

europäischer Ebene – ist der stationäre<br />

Handel bei der Digitalisierung also gut beraten,<br />

jede Anwendung und jede Datenverarbeitung<br />

rechtlich gut zu durchdenken<br />

und zu überprüfen. Ist ein rechtlich solides<br />

Fundament für den Technikeinsatz geschaffen,<br />

steht dem digitalisierten „Supermarkt<br />

der Zukunft“ nichts im Wege. W<br />

Foto: Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH<br />

Gastautor: Christian Kuss, Rechtsanwalt<br />

bei Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,<br />

christian.Kuss@luther-lawfirm.com<br />

www.diewirtschaft-koeln.de 31

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