NEUMANN März 2018
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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12<br />
Konzert<br />
KULTUR<br />
Wanda sind mit ihrem dritten Studioalbum auf „Niente“-Tour<br />
„Wir sind nur zufällig da“<br />
Die Wiener Rockband Wanda hat die österreichische Musiklandschaft aus einem<br />
jahrzehntelangen Dornröschenschlaf wachgeküsst. Jetzt machen Marco Michael<br />
Wanda und Co. wieder das, was sie am liebsten machen: auf der Bühne stehen.<br />
Mir ist ein Wanda-Fun-Fakt aufgefallen. Eure drei<br />
Studioalben wurden allesamt im Monat Oktober<br />
veröffentlicht. Was steckt dahinter?<br />
Das ist tatsächlich witzig (lacht). Und es ist sogar<br />
schon das Vierte, denn das Live-Album ist auch im<br />
Oktober herausgekommen. Kennst Du das, wenn<br />
man so Dinge auf dem Tisch ordnet, dass sie zueinander<br />
passen – geometrisch irgendwie. Das ist etwas,<br />
was einem auch nicht auffällt. Ich glaube einfach, wir<br />
haben irgendeinen Knacks mit dem Oktober, der uns<br />
selbst aber gar nicht auffällt.<br />
Seit vier Jahren pendelt Ihr permanent zwischen<br />
Studio und Bühne. Wie steht man das durch?<br />
Man muss sich dem natürlich stellen. Und man muss<br />
bestimmte Dinge lernen, wenn man so ein zweigeteiltes<br />
Leben führt. Ich bin sehr bemüht, diese beiden<br />
Leben miteinander bekanntzumachen und ineinander<br />
überzuführen. Darum kann ich jetzt nach einer<br />
Tour auch besser runterkommen. Das ging in früheren<br />
Jahren nicht so gut, aber so langsam finde ich<br />
einen Rhythmus für das Ganze.<br />
Es ist der Satz überliefert, es gebe für Dich nichts<br />
Schöneres, als vor Publikum zu spielen. Ist das so?<br />
Ich spiele jede Show, als wäre sie meine letzte. Manchmal<br />
denke ich mir, ich würde am liebsten eingefroren<br />
werden zwischen den Terminen – nur kurz aufgetaut<br />
für die Bühne und dann wieder im Winterschlaf.<br />
Was geht es Dir nach der Show? Fällst Du in ein Loch?<br />
Je nachdem. Im Idealfall ist man um ein Stück Lebenserfahrung<br />
reicher und – na ja – erfüllt von heller<br />
Freude bis hin zu Entzugserscheinungen von diesem<br />
Gefühl. Das ist also eine breite Palette an Emotionen.<br />
Da passiert irgendwie alles.<br />
Hast Du Angst, dass Dein Akku bei solchen emotionalen<br />
Achterbahnfahrten irgendwann leer ist?<br />
Ja, das muss man schon ernst nehmen. Ich fühle mich<br />
allerdings eher aufgeladen von den Menschen. Aber<br />
klar, das sind Dinge, mit denen man umgehen muss.<br />
Das Leben ist allerdings an allen Ecken und Enden<br />
frustrierend und herausfordernd – das nimmt den<br />
Beruf eines Rock’n’Roll-Musikers nicht aus.<br />
Als vor vier Jahren mit Wanda der Durchbruch<br />
gelang, hattest Du bereits zehn Jahre als Musiker<br />
ohne den großen Erfolg auf dem Buckel. Wie ist<br />
das, wenn man etwas mit Leidenschaft und Herzblut<br />
betreibt, aber nicht so recht vorankommt?<br />
Na ja, vorankommen ist gut. Es hat in Wien in den<br />
vergangenen zehn Jahren glaube ich fast niemand an<br />
eine erfolgreiche Karriere als Musiker überhaupt nur<br />
zu denken gewagt. In unserem Musiker kosmos war<br />
das gar keine Möglichkeit. Kein einziges Radio hat damals<br />
österreichische Musik aus dem Untergrund gespielt.<br />
Auch Konzerte waren in den vergangenen zehn<br />
Jahren sehr schwach besucht. Es war also irgendwie<br />
an der Zeit. Ich finde es total aufregend, dass ich ein<br />
Teil davon sein darf und nehme das in Demut an. Wie<br />
das passiert ist und warum das passiert ist, das weiß<br />
ich nicht. Aber es musste vielleicht sein. Und womöglich<br />
ist es gerade deswegen passiert, weil wir an unserer<br />
Musik gearbeitet haben und an uns – und auch<br />
nicht so richtig auf eine Karriere abgezielt haben.<br />
Man kann auch zu früh in dieses ganze Geschäft einsteigen.<br />
Dann ist man aber nicht mächtig. Dann hat<br />
man kein Druckmittel. Wir sind zu einem Majorlabel<br />
gegangen, als wir das Volk bereits hinter uns hatten.<br />
Hast Du eine Ahnung, warum die österreichische<br />
Musikszene so am Boden lag? In den 70er und 80er<br />
Jahren war Austropop eine Riesennummer, die mit<br />
Falcos „Rock Me Amadeus“ sogar einen Nummereins-Hit<br />
in den USA produziert hat.<br />
Ich weiß es nicht. Ich glaube, jede Bewegung braucht<br />
auch ihre Protagonisten und die waren vor zehn Jahren<br />
einfach nicht da.<br />
Foto: o. Wolfgang Seehofer<br />
<strong>März</strong> <strong>2018</strong>