NEUMANN März 2018
Das Magazin für Kultur & Lifestyle
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Neuer Fall für Dengler: Im <strong>März</strong> liest Krimiautor Wolfgang Schorlau in der Region<br />
Der Poirot aus dem Kessel<br />
47<br />
BÜCHER<br />
Wolfgang Schorlau widmet sich in seinem neunten Dengler-Krimi „Der große Plan“<br />
wieder einem brandaktuellen, brisanten Thema: Diesmal geht es um die große<br />
Finanzkrise und Fördergelder für Griechenland, die irgendwo versickern.<br />
Gezeigte anscheinend nicht.“ Er nimmt es gelassen,<br />
sieht den Angriff einer ganz bestimmten Boulevardzeitung<br />
eher als Auszeichnung denn als Problem.<br />
So locker-lakonisch wie Schorlau selbst ist auch der<br />
Dengler. Ein schrulliger Ermittler, dem man nicht<br />
unbedingt immer detektivische Meisterleistungen<br />
zutraut und der gerne mal einen über den Durst<br />
trinkt. Vielleicht ein wenig zu klischeebeladen, aber<br />
immer noch unterhaltsam – zumal der Dengler mit<br />
dem Bohnenviertel natürlich den perfekten Ort für<br />
sein Büro gefunden hat. Dass diese Ecke der Stadt<br />
eine wichtige Rolle für seine Bücher spielen würde,<br />
wurde Schorlau schnell klar: Nach seinem Umzug<br />
nach Stuttgart suchte er bewusst Ecken, die großstädtisch<br />
wirken. „Nicht die leichteste Aufgabe“, wie<br />
er zugibt. Mit Verlaub: Idar-Oberstein, der Geburtsort<br />
des Autors, ist nun auch nicht gerade der kosmopolitische<br />
Nabel der Welt.<br />
Foto: o. Volker Schrank<br />
Die Wege der Inspiration sind unergründlich: Da<br />
musste Wolfgang Schorlau erst mit 50 Jahren nach<br />
Stuttgart ziehen, um seine Muse zu finden. Dann<br />
aber gleich so richtig: 2003 veröffentlichte er mit<br />
„Die blaue Liste“ den ersten Fall seines Ermittlers<br />
Georg Dengler, inzwischen steht der neunte in den<br />
WOLFGANG SCHORLAU Der große Plan<br />
Wolfgang Schorlau schreibt seit 15<br />
Jahren erfolgreiche Krimis um seinen<br />
kauzigen Ermittler Georg Dengler, ist<br />
Dauergast in der Spiegel-Bestsellerliste<br />
und konnte sogar schon Filmdeals<br />
mit dem ZDF an den Mann bringen.<br />
Dennoch wurde ihm manchmal polemische<br />
Meinungsmache und reißerische<br />
Aufbereitung heikler Themen wie dem NSU-Komplex<br />
vorgeworfen. Aber mal ehrlich: Der Stuttgarter Autor<br />
schreibt Fiktion mit realistischen Versatzstücken, da ist das<br />
doch wohl gestattet. Bei Denglers neuntem Fall „Der große<br />
Plan“ verhält es sich nicht anders: Der Ermittler mit Weinund<br />
Blues-Faible wirkt wie immer ein wenig zu konstruiert,<br />
die Aufbereitung eines Finanzskandals bei der Griechenland-Hilfe<br />
geschieht durchaus ein wenig klischeebehaftet;<br />
dafür ist der Fall wie immer spannend, reichlich unterhaltsam<br />
zu lesen, gut recherchiert und von angenehmer Unaufgeregtheit.<br />
Stuttgart-Insider inklusive. KiWi<br />
Startlöchern – und das, obwohl man ihm anfangs<br />
davon abgeraten hatte, weil Detektivgeschichten<br />
in Deutschland nicht angesagt seien. Wie in seinen<br />
vorherigen Büchern greift Schorlau brisante politische<br />
Themen auf. Diesmal geht es um Fördergelder<br />
für Griechenland, die irgendwo versickern. Dengler<br />
übernimmt den Fall natürlich – und fühlt der Politik<br />
wieder ordentlich auf den Zahn.<br />
Weshalb Schorlau am liebsten politische und reale<br />
Hintergründe aufgreift, anstatt einen Mord in einem<br />
Zug aufklären zu lassen, hat für ihn gute Gründe.<br />
„Die Arbeit ist spannender, weil mich diese Recherche<br />
Dinge über unser Land erfahren lässt, die<br />
mir zuvor nicht bekannt waren. Ich lerne dadurch<br />
viel“, meint er. Das schmecke ihm in den seltensten<br />
Fällen, gibt er im Nachsatz zu, aber das mache es ja<br />
gerade so aufregend. Bei seinem NSU-Thriller „Die<br />
schützende Hand“ ging das so weit, dass das Buch<br />
zu einem Großteil dokumentarische Züge aufweist<br />
und nicht überall auf Anklang stieß. Im Zuge der<br />
Verfilmung von „Die schützende Hand“ gab es außerdem<br />
ein „Shitstörmle“, wie er sagt, der aber eher<br />
den Regisseur betraf, obwohl es eigentlich ihm hätte<br />
gelten sollen. „Einigen Zeitungen gefiel das von uns<br />
Wieso er überhaupt einen Ermittler im beschaulichen<br />
Stuttgart operieren lässt, wurde Schorlau<br />
schon oft gefragt. Seine Antwort lautet immer recht<br />
ähnlich: „Stuttgart hat zwar kaum Straßenkriminalität“,<br />
meint er, „doch wenn man an die Dieselproblematik<br />
denkt, sieht es schon ganz anders aus.“<br />
Nicht zuletzt ist auch das eine oder andere Heimspiel<br />
des VfB kriminell und nur sehr schwer zu ertragen,<br />
aber das steht auf einem anderen Blatt.<br />
Dengler interessiert sich für Blues, Rotwein und<br />
italienisches Essen. Ein Echo seiner eigenen Persönlichkeit?<br />
Nicht unbedingt, so Schorlau: „Ich habe<br />
den Dengler am Reißbrett entworfen und ihm einen<br />
detaillierten Lebenslauf geschrieben. Deswegen<br />
kenne ich ihn auch ziemlich gut.“ Schorlau geht sogar<br />
noch weiter, beschreibt sein Verhältnis zu seinem<br />
Helden durchaus als freundschaftlich. Aus dem<br />
Weg räumen würde er den Dengler deswegen nie –<br />
oder zumindest nicht solange ihn die Leute noch<br />
lesen wollen. Es kann also gut und gerne noch einige<br />
weitere Einsätze für Dengler geben. jono<br />
WOLFGANG SCHORLAU Der große Plan<br />
Buchpremiere: 08.03. | 20 Uhr | Alte Reithalle | Stuttgart<br />
12.03. | 19.30 Uhr | Buchhandlung Taube | Marbach a. N.<br />
14.03. | 20 Uhr | Buchhandlung Wittwer | Stuttgart<br />
27.03. | 20 Uhr | K3N | Nürtingen<br />
28.03. | 20 Uhr | Mauerwerk GmbH | Herrenberg<br />
<strong>März</strong> <strong>2018</strong>