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NEUMANN März 2018

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18<br />

Konzert<br />

KULTUR<br />

Bernd Stelter zu Gast in der Marbacher Stadthalle Schillerhöhe<br />

„Ich bin ein Geschichtenerzähler“<br />

Begleitet von seinem zwei Mann Kabuff-Orchester präsentiert Bernd Stelter einen<br />

wunderbaren Liederabend mit Geschichten aus seinem Leben – mal hintersinnig,<br />

mal hemmungslos komisch und mal melancholisch-nachdenklich.<br />

Herr Stelter, man kennt Sie aus dem Fernsehen<br />

als Humoristen, Sie sind aber auch Autor und vor<br />

allen Dingen Liedermacher. Welche Berufsbezeichnung<br />

steht in Ihrem Pass?<br />

Ich bezeichne mich eigentlich als Kabarettisten.<br />

Aber damit habe ich auch so meine Probleme, denn<br />

es gibt Leute, die mir sagen: Dafür bist Du nicht tagespolitisch<br />

genug. Abgesehen davon ist Musiker<br />

bei mir eine entscheidende Facette, denn ich habe<br />

als Liedermacher angefangen – damals gab es das<br />

Wort noch. Die lustige Ecke ist also nur eine von<br />

vielen. Rudi Carrell hat immer gesagt: Wenn Du<br />

Leuten einen schönen Abend machen willst, dann<br />

bringe Sie zum Lachen. Wenn Du ihnen einen tollen<br />

Abend machen willst, dann bringen Sie zum Weinen.<br />

Ein guter Komiker muss also auch eine melancholische<br />

Seite haben.<br />

In Marbach zeigen Sie Ihre Liedermacher-Facette.<br />

Die Texte sind durchaus humorvoll-augenzwinkernd,<br />

die Musik ist aber unbedingt seriös<br />

gemacht. Darf man sagen, dass das mehr in die<br />

Richtung Reinhard Mey als Mike Krüger geht?<br />

Ja, das trifft es ziemlich gut. Ich mag Mike Krüger<br />

wirklich gerne, aber ein musikalisches Vorbild ist<br />

für mich dann doch eher Reinhard Mey. Meine<br />

Vorbilder sind insgesamt aber so weit gestreut,<br />

dass man das nicht an einem einzelnen festmachen<br />

kann. Ich mag auch Jürgen von der Lippe und die<br />

Langsamkeit, mit der er seine Geschichten erzählt.<br />

Aber Reinhard Mey ist einfach einer der größten<br />

Geschichtenerzähler überhaupt. Es geht halt nur in<br />

einem Lied, dass man in drei Minuten eine ganze<br />

Geschichte erzählt. Das ist das Schöne daran. Lieder<br />

können sowieso viel mehr an Emotionen transportieren,<br />

als das Prosatexte können. In der Show wird<br />

natürlich jeder Song von mir angesagt – da erzähle<br />

ich die Geschichte, die hinter dem Lied steckt und<br />

wie es dazu kam. Und da kann es dann schon sein,<br />

dass die Ansage komischer ist, als das gesamte Lied.<br />

wollte, weil sie sich ein Leben ohne ihn nicht vorstellen<br />

konnte. Ich habe ihr zwar gesagt: Ich bin doch<br />

noch da! Aber das hat ihr nicht gereicht. Das ist eine<br />

Geschichte, die ich nicht als erstrebenswert empfinde.<br />

Ich finde nicht, dass das richtig ist – aber es ist<br />

eine Geschichte und ich bin ein Geschichtenerzähler.<br />

Wie bauen Sie dieses Lied ins Programm ein, damit<br />

der Bruch nicht zu hart ist?<br />

Das ist der letzte Song des Abends. Das ist die einzige<br />

Chance. Danach kommen dann die Zugaben und<br />

es wird noch einmal lustig. Anders würde es nicht<br />

gehen, denn es würde immer einen Bruch geben.<br />

Das ist bei dem Lied einfach so. Es ist aber zu schön,<br />

um es wegzulassen.<br />

Der Titel der CD ist „Wer Lieder singt, braucht<br />

keinen Therapeuten“. Was haben Sie mit Musik<br />

schon alles kuriert?<br />

Die Songs sind für mich wie ein Tagebuch. Durch das<br />

Aufschreiben der Erlebnisse verarbeite ich sie – wie<br />

zum Beispiel im Lied „Ein Leben lang“. Ich schreibe<br />

Lieder und danach weiß ich genauer Bescheid.<br />

Das heißt, die Themen, die Sie in Ihren Songs verarbeiten,<br />

sind allesamt autobiografisch?<br />

Ja. Da ist noch eine Geschichte, auf die ich sehr stolz<br />

bin. Ich habe als 16-Jähriger ein Lied geschrieben,<br />

da war ich mit der Schulklasse in Berlin und stand<br />

an der Bernauer Straße vor der Mauer. Dann war<br />

ich mit 28 Jahren ein zweites Mal in Berlin, genau<br />

an dem Tag, als die Mauer fiel. Da sollte ich für Ulrich<br />

Schamoni, dem gehörte damals Radio 100,6,<br />

zu seinem 50. Geburtstag einen Auftritt machen.<br />

Plötzlich stand jemand auf der Bühne und sagte,<br />

die Mauer ist auf, alle rannten raus und ich konnte<br />

nicht mehr auftreten. Und mittlerweile spiele ich<br />

jedes Jahr im Mai mehrere Tage lang in den Wühlmäusen<br />

– das ist mein drittes Berlinerlebnis. Ich<br />

habe also ein Lied über Berlin mit 16 Jahren und<br />

eines mit 50 geschrieben – und die spiele ich natürlich<br />

direkt hintereinander.<br />

Gibt es auch eine besondere Schwabenepisode, die<br />

in einem Lied verarbeitet ist?<br />

Das ist ganz einfach. Ich komme wahnsinnig gerne<br />

nach Schwaben, denn da ist das Essen so unfassbar<br />

lecker! Mir ist die besondere schwäbische Sparsamkeit<br />

nie so aufgefallen wie der besondere schwäbische<br />

Geschmack. Also ich freue mich schon darauf.<br />

Die Fragen stellte Holger Berg<br />

BERND STELTER MIT KABUFF-ORCHESTER<br />

Wer Lieder singt, braucht keinen Therapeuten<br />

18.03. | 18 Uhr | Stadthalle Schillerhöhe | Marbach |<br />

bernd-stelter.de<br />

Sie haben mit „Ein Leben lang“ ein Lied über Ihre<br />

Eltern, die kurz hintereinander verstorben sind,<br />

im Programm. Das ist die melancholische Seite?<br />

Ja, das ist die Geschichte meiner Eltern, die im Laufe<br />

ihres langen Lebens – mein Vater ist 79 geworden,<br />

meine Mutter 78 – so sehr Eins geworden sind, dass,<br />

als mein Vater starb, meine Mutter nicht mehr leben<br />

Foto: u. Manfred Esser<br />

<strong>März</strong> <strong>2018</strong>

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