Der Burgbote 1984 (Jahrgang 64)
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Für Freunde<br />
geschrieben<br />
Jahr wiederholen! Ach Du lie<br />
bes, armes, heiliges(?) Köln;<br />
was tut man Dir alles an! Ich<br />
möchte wetten, daß andere<br />
Städte - im Besitz eines solchen<br />
Kleinodes - sich sofort etwas<br />
einfallen ließen. Ist es nicht auch<br />
bezeichnend, daß die unersetz<br />
lich wertvollen Domfester mit<br />
schlagfesten Acrylscheiben<br />
abgedeckt werden müssen.<br />
Allein wegen der Umweltver<br />
schmutzung' wäre dies nicht<br />
nötig gewesen. Ich finde es<br />
besonders geschmacklos, die<br />
an den Portalen in Reichweite<br />
installierten Kleinfialen gewalt<br />
sam zu entwenden, um diese in<br />
den Wohnstuben vermeintlich<br />
ehrbarer Bürger zur Schau zu<br />
stellen. Ich meine, das seien<br />
keine Kavaliersdelikte! Und es<br />
spricht für den Ungeist der heu<br />
tigen Zeit, daß das Stadtreinigungs-<br />
und FUhramtjeden Mor<br />
gen die Relikte durchzechter<br />
Nächte mit großem Einsatz<br />
wegschwemmen und beseiti<br />
gen muß. Ich habe diese Misse<br />
taten - von Einbrüchen und<br />
Beraubungen des Domschat<br />
zes einmal abgesehen - von<br />
meiner hohen Wacht hilflos und<br />
verzweifelt erleben müssen.<br />
Meine Versuche, die Öffentlich<br />
keit durch Absanden brüchiger<br />
Ornamente aufmerksam zu<br />
machen, wurden leider fehlge<br />
deutet.<br />
Nun fühle Ich mich direkt<br />
erleichtert, da ich Ihnen meine<br />
großen Sorgen und Kümmer<br />
nisse habe schildern können.<br />
Jetzt werde ich gerne Ihre vielen<br />
R-agen beantworten.<br />
Stolz war ich 1863, als das<br />
Innere des Domes fertiggestellt<br />
war, und für den Gottesdienst<br />
und zur Besichtigung freigege<br />
ben wurde.<br />
Scham überkam mich 1874, als<br />
der Kölner Erzblschof als Gefan<br />
gener In die Strafanstalt Klin<br />
gelpütz gebracht wurde.<br />
Gemischte Gefühle hatte Ich<br />
1874. Damals wurde dem Dom<br />
geläut die 27000 kg schwere<br />
Kaiserglocke beigegeben, die<br />
jedoch die Harmonie des<br />
Gesamtgeläutes verfälschte.<br />
Glück empfand ich am 15. 10.<br />
1880. <strong>Der</strong> Dom war als ganzes<br />
fertiggestellt. Ein großer histo<br />
rischer Festzug, an dem auch<br />
der KMGV teilnahm, beendete<br />
die mehr als 632 Jahre<br />
dauernde Bauzeit.<br />
Ttauer erfaßte mich im Novem<br />
ber 1918überdie totale Nieder<br />
lage des Deutschen Reiches.<br />
Köln wurde von den Engländern<br />
besetzt, mit denen man Jedoch<br />
gut auskommen konnte, da sie<br />
Legalisten<br />
waren, Deutsch<br />
begünstigten und die großarti<br />
gen Baumaßnahmen des<br />
damaligen Kölner Oberbürger<br />
meisters Dr. Konrad Adenauer<br />
förderten. So entstanden<br />
damals 2 weiträumige Grün<br />
gürtel, der neue Stadtwald, das<br />
Stadion in Müngersdorf, der<br />
Ausbau der Merheimer Heide,<br />
die Messebauten, das Indu<br />
striegelände Nord, Hafenbau<br />
ten, neue Wohnbereiche in ver<br />
schiedenen Vororten etc.<br />
Befriedigung erweckte der Guß<br />
der Petersglocke (1923), die mit<br />
dem Schlagton C und einem<br />
Gewicht von 24000 kg die<br />
größte schwingende Glocke der<br />
Welt wurde.<br />
Fteude empfanden alle Kölner<br />
als am 31. Januar 1926 die<br />
Besetzung Kölns endete. In<br />
einer großen Befreiungsfeier zu<br />
Füßen der Domtürme, die von<br />
dem KMGV musikalisch gestal<br />
tet wurde, feierte Dr. Adenauer<br />
damals die wiedergewonnene<br />
Fteiheit und Gleichberechti<br />
gung in der Schicksalsgemein<br />
schaft Deutschland. Das da<br />
mals erstmalig wieder gesun<br />
gene Deutschlandlied klingt<br />
noch heute in mir nach.<br />
Bedrückung überkam 1933<br />
viele Bürger, als Im Verfolg der<br />
Arbeitslosigkeit, des wirt<br />
schaftlichen Niederganges und<br />
der damit verbundenen Not die<br />
Partei Hitlers die Regierungsge<br />
walt übernahm.<br />
Empörung ergriff mich, als<br />
nach 1938 dlejüdischen Gottes<br />
häuser in Brand gesetzt wur<br />
den, und damit der Leidensweg<br />
der Juden in dem Jeweiligen<br />
Machtbereich der'Nazis seinen<br />
Anfang nahm.<br />
Angst wurde ab dem 31. Mai<br />
lands Not zu lindern trachteten,<br />
den Separatismus in's Leere<br />
laufen ließen, die VerbindungenI 1942 mein ständiger Wegbein<br />
das unbesetzte Deutschland1 gleiten Damals mußten allein<br />
über eine Bahnlinie in's Ber im Dom 42 Brandherde<br />
gische über Overath - Olpe! gelöscht werden. 10 Monate