E_1930_Zeitung_Nr.080
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30 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1930</strong> - 80<br />
Der entlarvte Kolumbus<br />
Es gibt keine grosse Persönlichkeit der<br />
Kulturgeschichte, deren Rolle in jüngster<br />
Zeit zu einem so heftigen Gelehrten- und<br />
Literatenstreit Anlass gegeben hätte, wie die<br />
des Amerikaentdeckers Christoph Kolumbus.<br />
Während die Reihe der früheren Monographien,<br />
der Romane und der Gedichte,<br />
die ihn verherrlichen, unabsehbar ist, wurden<br />
in den letzten Jahrzehnten nicht nur<br />
seine Verdienste um die Entdeckung der<br />
Neuen Welt bestritten, sondern überhaupt<br />
seine Existenz in Zweifel gezogen. Ein portugiesischer<br />
Historiker behauptet in einem<br />
Essay allen Ernstes, Kolumbus -habe niemals<br />
gelebt, seine Figur sei bloss der Held<br />
eines neuzeitlichen Mythos.<br />
Wenn auch diese Behauptung nicht ernst<br />
genommen werden kann, so haben andere<br />
Historiker, nach deren Ansicht die Entdekkung<br />
Amerikas nur fälschlich Kolumbus<br />
zugeschrieben worden sei, vielleicht nicht<br />
ganz unrecht. Jedenfalls scheinen zeitgenössische<br />
Quellen geeignet, den Zweifel an<br />
Kolumbus' Leistung zu erwecken. Der bekannte<br />
Historiker Hertslet, der den Quellen<br />
der Geschichtslügen mit grossem Fleiss<br />
nachgegangen ist, hat bereits vor Jahrzehnten<br />
die Ueberlieferung, Kolumbus sei der<br />
Entdecker Amerikas als einen Treppenwitz<br />
der Weltgeschichte bezeichnet. Die Angaben<br />
des florentinischen Naturforschers Toscanelli,<br />
der ein Zeitgenosse Kolumbus war,<br />
sind später zugunsten des angeblichen Amerikaentdeckers<br />
gefälscht worden und blieben<br />
in dieser apokryphen Form das Fundament<br />
der Kolumbus-Verherrlichung. Jedes<br />
Schulkind, meint Hertslet, weiss heute, dass<br />
Kolumbus Amerika entdeckt hat, aber er<br />
selbst hat es nicht gewusst. Als er starb,<br />
glaubte er nach wie vor, ein Stück von<br />
Asien erreicht zu haben; Haiti hat er für<br />
sie 180 Grad beträgt. So bleibt ein Zug von<br />
Abenteuerlichkeit unvertilgbar an dem Entdecker<br />
der Neuen Welt hängen. Auch so<br />
manch anderes, das in der geschichtlichen<br />
Ueberlieferung als historische Tatsache bezeichnet<br />
wird, ist auf das Konto der Legende<br />
zu buchen. So ist unrichtig, dass<br />
Amerigo Vespucci, welcher Mai 1498 mit<br />
Hojeda nach Amerika segelte, dem neuentdecktenKontinent<br />
absichtlich durch schlaue<br />
Intrigen den Namen Amerika verschafft<br />
hätte. Vielmehr entstand diese Benennung<br />
auf Vorschlag des Kanonikus Jean Basia<br />
zu Saint-Die in Lothringen, der im Verlage<br />
des deutschen Buchhändlers Waldtzemüller,<br />
geb. 1507, die Reisen Vespuccis unter<br />
dem Titel «Cosmographiae introductio»,<br />
aus dem Französischen ins Lateinische<br />
übersetzt, herausgab. Die betreffende Stelle<br />
ist in Faksimile nachgedruckt bei Rüge:<br />
«Geschichte des Zeitalters der Entdeckungen».<br />
Dies alles würde jedoch die schnelle<br />
Verbreitung des Namens auch in Spanien<br />
13 nd Portugal, wo man es doch besser<br />
wusste, nicht erklären. Vielmehr dürften<br />
die europäischen Begleiter des Kolumbus<br />
den Namen «Amerika» nach Europa gebracht<br />
haben.<br />
Der Schrecken<br />
der englischen Unterwelt<br />
In England gibt es ein Gefängnis, aus dem<br />
ein Ausbrechen unmöglich ist. Obwohl schon<br />
verschiedentlich Fluchtversuche unternom-<br />
vier Tage lang von rohen Rüben; er war in lässt, ohne dass der Ladeninhaber recht zur<br />
einem vollständig geschwächten Zustand, als Besinnung kommt. Der falsche Detektiv<br />
er zurückkehrte, und in jedem Fall, in dem weiss, dass jede Zögerung für ihn gefährlich<br />
ein Ausbrecher aus Dartmoor mehr als achtundvierzig<br />
Stunden fortblieb, musste er bei führt, desto weniger Gefahr läuft, ertappt zu<br />
ist und er, je rascher er seinen Trick aus-<br />
der Rückkehr in die Krankenabteilung. Deshalb<br />
hat auch noch nie ein Insasse dieses<br />
men wurden, ist es noch keinem der Ausbrecher<br />
bisher gelungen, sein Ziel zu erreichen.<br />
Es ist dies das grösste englische<br />
Zuchthauses einen zweiten Fluchtversuch ge-<br />
Zuchthaus Dartmoor.<br />
An Versuchen, die Gefängnismauern zu<br />
überwinden, hat es auch dort nicht gefehlt.<br />
Nebel und Gewitter sind dazu benutzt worden,<br />
Verbrecher haben sich in Röhrenleitungen<br />
verborgen oder von ihren Gefährten in<br />
Japan gehalten; mit dem Glauben an die<br />
Kugelgestalt der Erde war er ausgezogen,<br />
lockere Erde eingraben lassen. Ein besonders<br />
kühner Verbrecher, genannt «Die<br />
am Abend seines Lebens glaubte er, die Erde<br />
wäre birnförmig. An der Bibel hatte er<br />
sich dumm gelesen; durch seine Entdekkungen,<br />
sagte er, sei nur in Erfüllung ge-<br />
Hyäne », sprang von der fünfzehn Fuss hohen<br />
Gefängnismauer im Dunkel eines Wintermorgens<br />
glücklich hinunter. Einige der Ausgangen,<br />
was der Prophet Jesaias geweissagt.<br />
«Die Inseln harren auf mich und die brecher waren tagelang fort, aber dann stellten<br />
sie sich von selbst wieder der Gefängnis-<br />
Schiffe im Meer, dass sie deine Kinder von<br />
fern herbringen, samt ihrem Silber und leitung. Diese Tatsache lässt das Geheimnis<br />
Gold, im Namen des Herrn, deines Gottes von Dartmoor erkennen. Selbst wenn die<br />
und des Heiligen in Israel, der dich herrlich<br />
gemacht hat.» Aeusserlich besass Ko-<br />
sich dem Ausbrechen entgegenstellen, über-<br />
Gefangenen die grossen Schwierigkeiten, die<br />
lumbus, so unglaublich es klingt, einen sehr winden, so wissen sie nicht, wie sie sich dann<br />
geringen Grad nautischer Kenntnisse. «Im retten sollen. Der nächste grössere Ort "ist<br />
Tagebuch des Kolumbus findet sich während<br />
der ganzen Fahrt über den Ozean fernt, und viele Kilometer rings um das Ge-<br />
Plymouth, fünfundzwanzig Kilometer ent-<br />
auch nicht eine Breitenbestimmung, und fängnis liegt Morast, der sehr spärlich bevölkert<br />
ist. Der Flüchtling hat keine Nahrung,<br />
die, welche er in Westindien angestellt haben<br />
will, sind so ungeheuerlich, dass sie kein Geld; an seinen Kleidern kann er in der<br />
schon seinerzeit Verdacht "r-^ten; er gibt öden Ebene auf weithin erkannt werden. Eine<br />
zum Beispiel an der "Küste von Kuba eine hohe Belohnung schärft die Aufmerksamkeit<br />
Breite von 42 Grad statt 21 Grad an. Man aller Umwohner, dass sie Verdächtige festhalten.<br />
Jeder Hauptweg und jede Brücke ist<br />
weiss daher heute nicht, welche die Insel<br />
Guanahani ist, von ihm San Salvador genannt,<br />
sondern nur, dass es eine der Ba-<br />
untersucht; Siebzig bis achtzig Wärter<br />
meilenweit gut bewacht; jedes Fahrzeug wird<br />
sind<br />
bewusstes Handeln gewonnenes Spiel. Erscheint<br />
er auf der Suche nach falschen Bankhama-Inseln<br />
gewesen. Kuba hielt er fürsogleich auf der Spur des Flüchtlings 1 , der<br />
einen Teil Asiens und berechnete seine Entfernung<br />
von Malaga auf 30 Grad, während<br />
vermogensverwaltungen<br />
Kapitalanlagen<br />
Testamentsvollstreckungen<br />
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Junge Dame: «Ja, bitte<br />
möchten Sie etwas wissen?<br />
macht, und die «schweren Jungen», die<br />
hier unentgeltlich Aufnahme finden, ergeben<br />
sich von vornherein in ihr Schicksal und wissen,<br />
dass in Dartmoor «nichts zu machen<br />
ist».<br />
Der Detektiv in Wahrheit und Dichtung..<br />
Schwindler, die sich als Kriminalbeamte<br />
und Detektive ausgeben, haben meist überraschenden<br />
Erfolg und erlangen von ihren<br />
Opfern alles mögliche. Diese Tatsache erklärt<br />
der englische Kriminalist Hugh Brady<br />
damit, dass der richtige Detektiv gewöhnlich<br />
ganz anders aussieht als derjenige der Dichtung.<br />
Während der Detektiv des Kriminalromans<br />
ein grosser, schlanker, mehr oder<br />
weniger gut aussehender junger Mann sein<br />
muss, der immer etwas Dämonisches oder<br />
Faszinierendes an sich hat, ist der erfahrene<br />
Detektiv der Wirklichkeit sehr häufig ein<br />
älterer Herr von untersetzter, vielleicht sogar<br />
beleibter Statur, dessen Zügen man gar<br />
nichts Besonderes ansieht. Der falsche Detektiv<br />
weiss sich nun diese Vorstellung des<br />
Publikums zunutze zu machen, da er häufig<br />
dem Idealbild entspricht, das man sich von<br />
einem solchen Sherlok Holmes macht. Sei-<br />
'nen Opfern als Verkörperung der irdischen<br />
Gerechtigkeit entgegentretend, hat er durch<br />
sein energisches Benehmen und rasches, ziel-<br />
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werden. Der richtige Detektiv aber tritt<br />
ganz anders auf: Er ist gewohnt, vorsichtig<br />
und taktvoll vorzugehen; da zudem sein<br />
Aeusseres so gar nichts von den Helden der<br />
Kriminalgeschichten aufweist, erregt er vielfach<br />
Misstrauen und Verdacht, zumal da er<br />
seine Stellung nur dann verrät, wenn er<br />
sicher ist, die richtige Persönlichkeit vor sich<br />
zu haben; durch seine Verantwortung gehemmt,<br />
hat er nicht das robust entschiedene<br />
und gebieterische Auftreten des Schwindlers.<br />
Hollywood droht mit Boykott.<br />
In den Hollywooder Filmateliers sind Boykottlisten<br />
im Umlauf, die sich gegen die<br />
Schriftsteller und Journalisten wenden, die<br />
unwahre Sensationsmeldungen über Vorgänge<br />
in Hollywood verbreiten. In der<br />
Hauptsache sollen amerikanische Romanschriftsteller<br />
getroffen werden, die in der<br />
letzten Zeit mit Vorliebe Hollywood als Mittelpunkt<br />
ihrer Schlüsselromane verwenden.<br />
Man beginnt in Hollywood einzusehen, dass<br />
der Atmosphäre der Filmmetropole dadurch<br />
allmählich ein erheblicher Schaden zu erwachsen<br />
beginnt. Die Befürworter der Boykottbewegung<br />
erklären, dass man solchen<br />
Schriftstellern nicht weiter die Möglichkeit<br />
geben solle, auf Kosten Hollywoods und der<br />
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