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Ich bin nicht Melanie Meiler

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dern zeigen. Als hätte ich die unerschöpfliche Kraft einer<br />

Maschine und die dicke Haut einer erfolgreichen<br />

Geschäftsfrau. <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> aber auf Verständnis angewiesen.<br />

Auf Wohlwollen, auf Einfühlungsvermögen. Jede<br />

Schriftstellerin braucht das Entgegenkommen der Lesenden.<br />

Auch eine Schriftstellerin braucht Wertschätzung<br />

und Zuneigung. Ja, auch eine Schriftstellerin<br />

braucht Zuneigung. Künstlerinnen brauchen Liebe».<br />

Sie klappt das Buch zu.<br />

Liebe! Das müssen Sie doch verstehen können! Auch<br />

wenn Sie nur zu viert an meiner Lesung erscheinen!<br />

Auch eine Schriftstellerin braucht Liebe. Melania <strong>Meiler</strong><br />

braucht Liebe! <strong>Ich</strong> brauche Liebe. <strong>Ich</strong> brauche Liebe<br />

und… Geld! Viel Geld. <strong>Ich</strong> brauche leider sehr viel<br />

Geld. Denn Schreiben bedeutet Aufwand. Das im<br />

Schreibprozess unerlässliche seelische und körperliche<br />

Wohlbefinden muss aufrechterhalten, die notwendigen<br />

Dienstleistungen müssen gewährleistet sein. Masseur<br />

und Analytiker sind aus einem reibungslos gestalteten<br />

Schreibprozess ebensowenig wegzudenken wir erholsame<br />

Urlaubstage in ausgewählter Umgebung. <strong>Ich</strong><br />

brauche meinen Masseur. <strong>Ich</strong> brauche meinen Analytiker.<br />

<strong>Ich</strong> brauche meine Urlaubstage. Und ich brauche<br />

eine Diät, die den Anforderungen des Schreibprozesses<br />

zu genügen vermag. Die Kräfte einer Künstlerin<br />

speisen sich <strong>nicht</strong> aus Kartoffeln und Billigpaté. Auch<br />

ich <strong>bin</strong>, was ich esse und damit ich den Schreibprozess<br />

überhaupt durchhalten kann, muss ich essen, was mir<br />

entspricht. Oder möchten Sie mir verübeln, dass ich bei<br />

allen Entbehrungen die ich sonst auf mich nehme,<br />

ausser Lachsbrötchen und Crevettencocktails kaum<br />

noch etwas essen kann? <strong>Ich</strong> esse ja so gerne Lachsbrötchen<br />

und Crevettencocktails. Mit Champagner.<br />

Nicht mit Sekt! Nein, mit Champagner. Wer hart arbeitet,<br />

wie ich es tue, wer sich dem Schreibprozess<br />

derart selbstlos aussetzt, sein ganzes Leben der Literatur<br />

unterwirft, wird sich doch mit Lachsbrötchen und<br />

© Teaterverlag Elgg in Belp.<br />

Kein Bearbeitungs- und Kopierrecht.<br />

Kein Aufführungsrecht.<br />

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