Look4 April 2018
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mode<br />
WWer es sich leisten kann, Lady Gaga<br />
einen Korb zu geben, ist entweder größenwahnsinnig<br />
oder hat es tatsächlich<br />
geschafft. „Wir hatten keine Zeit, die Anfrage<br />
kam kurz vor der Fashion Week in<br />
Paris“, erzählt der Heidelberger Designer<br />
Leon Emanuel Blanck. Lady Gaga wollte<br />
ein Kleidungsstück für einen Videodreh,<br />
er hatte allerdings nur noch einen Prototyp<br />
in Größe 34 auf Lager; der war zu<br />
klein. Und Paris war wichtiger.<br />
Blanck lacht, als er die Gaga-Geschichte<br />
erzählt. Wahnsinnig ist er nicht, große<br />
Pläne hat er: Der 32-Jährige will ein<br />
eigenes Design-Universum erschaffen.<br />
Geschafft hat er es noch nicht, doch er<br />
arbeitet täglich zwölf bis 16 Stunden in<br />
seinem Atelier im Heidelberger Kulturund<br />
Kreativwirtschaftszentrum Dezernat<br />
16, einer alten Feuerwache, daran. Hier<br />
in seiner Heimatstadt haben bisher nur<br />
wenige von ihm gehört. In Metropolen<br />
wie Paris, Berlin, Tokio oder New<br />
York gilt er als einer der angesagtesten<br />
und innovativsten Modedesigner. Auch<br />
Hollywood schätzt seine einzigartigen<br />
Kleidungsstücke: Brad Pitt trägt Blanck,<br />
Mickey Rourke hat gleich mehrere seiner<br />
Lederjacken im Schrank.<br />
Vor sechs Jahren entwickelte Blanck als<br />
Student der Mannheimer Modedesignschule<br />
Manuel Fritz eine revolutionäre<br />
Schnitt-Technik, die Bewegung in seine<br />
Branche brachte: Er zeichnet nicht,<br />
sondern steckt Stoff an Menschen in<br />
Bewegung ab und formt dann so lange,<br />
bis er einen „anatomischen Fingerabdruck“<br />
hat. Dadurch ergibt sich eine Art<br />
Skulptur, die er in viele Teile zerschneidet<br />
und wieder zusammennäht. Das wiederholt<br />
er so lange, bis er den gewünschten<br />
Schnitt hat. So entstehen Nähte, die<br />
völlig willkürlich gesetzt wirken und<br />
Muskelsträngen gleichen. „Körper und<br />
Stoff ergeben das Design. Da unsere Körper<br />
nicht symmetrisch sind, sind es meine<br />
Stücke auch nicht“, erklärt Blanck. Das<br />
Ziel: Die Kleidungsstücke sollen passen<br />
wie eine zweite Haut, aber man muss sich<br />
trotzdem ohne Probleme darin bewegen<br />
können. Vom ersten Abformen bis zum<br />
fertigen Produkt können schon mal 70<br />
Arbeitsstunden vergehen.<br />
Seine Kollektionen sind meist in<br />
Schwarz- und Grautönen gehalten. Dass<br />
Models darin aussehen wie postapokalyptische<br />
Kämpfer hat einen Grund: Blanck<br />
liebt Science-Fiction – Endzeitfilme<br />
Brad Pitt trägt Blanck,<br />
Mickey Rourke hat gleich<br />
mehrere seiner Lederjacken<br />
im Schrank.<br />
wie „Mad Max“ oder Aldous Huxleys<br />
dystopischen Roman „Schöne neue Welt“.<br />
Neben dem Designer Luigi Colani und<br />
der Architektin Zaha Hadid ist<br />
HR Giger sein großes Vorbild. Giger<br />
war es, der 1979 das „Alien“ für Ridley<br />
Scotts gleichnamigen Film schuf. Blanck<br />
zieht sich eine seiner Lederjacken an. „Du<br />
fühlst Dich darin wie ein Kämpfer, der<br />
gerade seine Rüstung überstreift – bereit<br />
und mächtig.“ Er trägt fast ausschließlich<br />
seine eigene Kleidung: Hosen, Shirts,<br />
Pullover, Schuhe und Jacken. Bis auf die<br />
Schuhe wird alles von Hand in Heidelberg<br />
produziert, insgesamt etwa 1200<br />
Stücke im Jahr für Männer und Frauen.<br />
Vor drei Jahren mietete er eine ehemalige<br />
Garage im Kellergeschoss der<br />
alten Feuerwache, wo er bis heute sein<br />
Büro hat. Seine Vorliebe für martialische<br />
Materialien spiegeln sich in den<br />
Räumlichkeiten dieser Unterwelt wieder:<br />
einst war sein Lager ein Testraum für<br />
Brand- und Gasbedingungen mit einer<br />
überdimensionierten Abzugshaube. Die<br />
Kacheln verströmen eine kalte, düstere<br />
Industrie-Atmosphäre – der perfekte Ort<br />
für seine finstere Avantgarde-Mode.<br />
Mit seiner innovativen Technik stieß er<br />
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