Tirol am Teller 2017
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Nudeln aus <strong>Tirol</strong><br />
lich aufwändig, da muss die ganze F<strong>am</strong>ilie mit<br />
anpacken. Nach und nach wurden die einzelnen<br />
Arbeitsschritte immer mehr zur Routine und heute<br />
verlassen an die fünf Tonnen Nudeln im Jahr<br />
die „Fabrik“ im Keller. Verkauft werden sie dann<br />
zu einem kleinen Teil im Hofladen. Das meiste<br />
geht über die Ladentische von Bauernmärkten,<br />
Lebensmittelgeschäften und anderen Hofläden.<br />
Auch online werden Bestellungen aufgenommen<br />
und die Nudeln dann per Post verschickt, bis nach<br />
Deutschland. Aktuell umfasst das Angebot an Nudeln<br />
aus dem Hause Kistl exakt 31 verschiedene<br />
Sorten – bald könnte mit Kastaniennudeln eine<br />
weitere dazukommen. Man wird sehen. Mit dem,<br />
im Vergleich zu industriell gefertigten Nudeln,<br />
relativ hohen Verkaufspreis hat es nie Probleme<br />
gegeben: „Die Leute wissen Qualität zu schätzen<br />
und akzeptieren, dass Handarbeit eben seinen<br />
Preis hat“, weiß Gerti Kistl aus ihrer langjährigen<br />
Erfahrung.<br />
Für ihren Mann Claudio ist das Nudel-Herstellen<br />
nicht mehr nur ein Hobby, wie es anfangs einmal<br />
„ Die Qualität unserer<br />
Produkte ist oberstes Gebot.“<br />
<br />
Martin Terzer, GF Recheis<br />
war. Mittlerweile wurde dieses zweite Standbein<br />
tonnenschwer und ist wohlschmeckend noch dazu.<br />
Mini-Eier ganz groSS<br />
Markus Rabl ist Obmann der Erzeugergemeinschaft<br />
<strong>Tirol</strong>er Bio-Ei, in der zehn <strong>Tirol</strong>er Bauern<br />
mit ihren gut 20.000 Legehennen vereint sind.<br />
Das ergibt naturgemäß jede Menge Eier und die<br />
werden unter der bekannten Marke „Bio vom<br />
Berg“ im Lebensmitteleinzelhandel verkauft. Allerdings<br />
nur ab einer bestimmten Größe, Markus<br />
Rabl erklärt das Problem: „Bio-Eier in den Größen<br />
M bis XL lassen sich leicht vermarkten, kleinere<br />
Eier haben keine Chance, obwohl sie ebenfalls<br />
ausgezeichnet schmecken.“ Nun ist es so, dass<br />
junge Hühner ihren jeweiligen Legezyklus d<strong>am</strong>it<br />
beginnen, dass sie sehr kleine Eier legen, die<br />
dann mit jedem Tag größer werden. Rabl selbst<br />
hält 1.500 Hühner und das ergibt im Jahr an die<br />
15.000 Stück marktunfähige Eier der Größe S, also<br />
Small. Auch hier also die Frage: Wohin mit den<br />
vielen Eiern?<br />
Markus Rabl und viele andere Legehennen-<br />
Bauern lassen aus ihren Bio-Eiern Nudeln produzieren,<br />
die sie dann selber vermarkten. In <strong>Tirol</strong> hat<br />
sich kein flexibler Nudelfabrikant dafür gefunden,<br />
also musste alternativ ins benachbarte Bayern ausgewichen<br />
werden. Markus Rabl erklärt den Ablauf:<br />
„Wir liefern unsere Eier direkt nach Bayern raus,<br />
dazu den Hartweizen. Den gibt es in Bio-Qualität<br />
in ganz <strong>Tirol</strong> nicht, also kaufen wir ihn aus der<br />
Po-Ebene zu. Dann werden mit den jeweiligen<br />
Eiern die gewünschten Nudeln produziert und für<br />
jeden Landwirt extra abgepackt. In Rabl-Nudeln<br />
sind also nur Rabl-Eier drin – so funktioniert<br />
das.“ Seine 15.000 S-Eier reichen für etwa 3.000<br />
Packungen Nudeln und Rabl bezahlt dafür die<br />
Herstellungskosten.<br />
Dass aller Anfang schwer ist, musste auch Markus<br />
Rabl feststellen: „Die Leute waren skeptisch,<br />
auch waren die Bauern für die Idee mit den Nudeln<br />
nur schwer zu begeistern. Ich hab dann kleine<br />
Päckchen angefertigt und die Nudeln reihenweise<br />
als Kostproben verschenkt. Ab da hat es dann<br />
angefangen zu laufen.“ Rabl erinnert sich lachend<br />
zurück, wie er einmal einer Kundin eine Packung<br />
seiner Nudeln verkauft hat: „Am nächsten Tag ist<br />
sie dann mit einem großen Sack voller Nudeln zu<br />
mir gekommen. Alles Handelsmarken, ich nenne<br />
keine N<strong>am</strong>en. Sie meinte, vielleicht könne ich die<br />
ja an meine Tiere verfüttern. Sie selber hat sich<br />
gleich noch zwei Packerln meiner Nudeln mitgenommen.“<br />
Die Rabl-Nudeln werden ab Hof, auf<br />
Bauernmärkten oder in Bauernläden vermarktet.<br />
Bedingt durch die hervorragende Qualität lässt<br />
sich dafür ein fairer Verkaufspreis erzielen.<br />
Markus Rabls Frau Doris hat sich seit Kurzem<br />
auf die Zucht seltener Hühnerrassen spezialisiert,<br />
die in Zus<strong>am</strong>menarbeit mit befreundeten Züchtern<br />
unter hennenland-tirol.at zum Kauf angeboten<br />
werden. Nachschub an Legehennen ist auch<br />
notwendig, denn immer mehr Bauern steigen von<br />
der Milchwirtschaft auf die Bio-Eierproduktion<br />
um und viele dieser Eier werden dann als wertvolle<br />
Grundlage für Nudeln Verwendung finden.<br />
Hausgemachte Nudeln halten gut und gern ein<br />
Jahr lang, aber so lange werden sie im Regelfall<br />
nicht auf ihre Bestimmung warten müssen. Denn<br />
schließlich sind Nudeln das Lieblingsgericht Nummer<br />
eins in unserem Land. Gernot Zimmermann<br />
82 <strong>Tirol</strong> <strong>am</strong> <strong>Teller</strong> <strong>2017</strong>