FINDORFF GLEICH NEBENAN Nr. 6
FINDORFF GLEICH NEBENAN ist das Magazin für Handel, Dienstleistung, Kultur & Politik im Stadtteil. Jetzt online lesen!
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PROFILE<br />
q IM GESPRÄCH MIT JÖRN SCHLÜTER VON »SOMEDAY JACOB«<br />
» Den Seventies-Einfluss haben wir gar nicht angepeilt.«<br />
STADT-<br />
MUSIKANTEN<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 10<br />
SOMEDAY JACOB<br />
D<br />
ie Band »Someday Jacob« gibt es bereits seit<br />
einigen Jahren. Wie seid ihr damals auf die<br />
Idee gekommen, eine Band zu gründen ?<br />
Das war ich zunächst alleine. Ich hatte schon<br />
viel für andere Leute geschrieben und wollte<br />
dann etwas Eigenes machen. Ich bin die<br />
ersten zwei bis drei Jahre allein aufgetreten<br />
und habe mir gelegentlich jemanden dazu<br />
geholt. Eine Zeit lang war Martin am Schlagzeug dabei oder Uli<br />
hat als Gitarrist Gigs mit mir gespielt. Dann waren wir manchmal<br />
als Trio unterwegs. Schließlich kam unser Bassist Manuel<br />
dazu. Zum zweiten Album hat sich das Line-Up gefestigt und ab<br />
dem Zeitpunkt fühlte es sich so an, als wären wir eine Band.<br />
Was heißt es, die Idee für eine Band professionell umzusetzen ?<br />
Man hat ein Album und fängt an zu spielen, wo immer es geht.<br />
Man hofft, dass man über die Region hinaus kommt. Das hat<br />
bei uns funktioniert. Irgendwann nimmt man ein neues Album<br />
auf, spielt dann etwas größere Konzerte und tritt in weiter<br />
entfernten Städten auf. Vielleicht ist professionell nicht das richtige<br />
Wort. Man trägt Erfahrungen mit sich herum von vorigen<br />
Bands oder von dem, was man bei anderen Bands sieht. Man<br />
weiß, wenn man bekannter werden möchte, muss man zum<br />
Beispiel einen Internetauftritt erstellen. Also tut man die Dinge,<br />
die getan werden müssen und das bringt auch Spaß. Man<br />
versucht intuitiv, ein stimmiges Bild zu entwickeln.<br />
Welche Bedeutung steckt eigentlich hinter dem Bandnamen<br />
»Someday Jacob« ? Wer ist dieser geheimnisvolle Herr Jacob ?<br />
Am Anfang wollte ich, dass man an dem Namen erkennen<br />
kann: Das ist ein Typ und er singt englisch. So wie bei Songwritern<br />
wie »Badly Drawn Boy« oder »Tallest Man of the Earth«.<br />
Als ich »Someday Jacob« gegründet habe, habe ich mich viel mit<br />
dem alttestamentarischen Jacob befasst. Um diesen Jacob ranken<br />
sich absurde Geschichten, in denen er sich zum Beispiel mit<br />
Gott prügelt und für den Rest seines Lebens humpelt. Offenbar<br />
wird es da richtig gefunden, dass unser Held für sein Leben<br />
gebrochen ist. Ich glaube, diese Geschichten sind auf so vielen<br />
Ebenen aufgeladen, psychologisch, mystisch und archaisch,<br />
dass sie eher einen selbst lesen, als dass man sie liest.<br />
Eure Musik ist ziemlich retro. Sie klingt sehr vertraut und erinnert<br />
an die Siebzigerjahre und Gruppen wie die britisch-amerikanische<br />
Folk-Rock-Band »America«. Ich sage nur Schallplattensammlung<br />
der Eltern: Haben euch die Siebzigerjahre beeinflusst<br />
– und wie würdet ihr Euren Stil beschreiben ?<br />
Mit meinen Eltern hat das nichts zu tun. Die haben ganz andere<br />
Musik gehört oder überhaupt keine. Aber Musik war für mich<br />
ein riesiges Thema. Diesen Seventies-Einfluss haben wir am<br />
Anfang gar nicht angepeilt und dass der sich in unserer Band<br />
in dieser Form hörbar macht, überrascht mich selbst ein bisschen.<br />
Auf dem aktuellen Album hingegen wird das Britische,<br />
das mich musikalisch eher prägt, etwas deutlicher. Bewusst für<br />
einen Stil entschieden haben wir uns nicht. Wir hatten überhaupt<br />
keine Vorstellung, wie unsere Songs klingen. Unser erstes<br />
Album ist klanglich noch sehr unentschieden. Die ersten Platten<br />
sind oft sehr interessant, weil sie noch eine gewisse Offenheit<br />
mitbringen. Musik ist gut, wenn Musik ein Fragezeichen hat.<br />
Letztendlich mag ich einfach einen guten Sound. Wir hatten<br />
das Glück, dass wir mit den Produzenten Ryan Hewitt und<br />
Vance Powell zusammen arbeiten konnten, beide mehrfache<br />
Grammy-Gewinner. Vance Powell habe ich über meine Arbeit<br />
für den »Rolling Stone« kennengelernt. Ich habe ihn gefragt und<br />
er hatte tatsächlich Lust, Ryan Hewitt genauso. Das war toll.<br />
In der deutschen Rockmusik wurde früher ausschließlich auf<br />
englisch gesungen. Doch spätestens seit der »Neuen Deutschen<br />
Welle« ist es heute völlig selbstverständlich in der Sprache des<br />
eigenen Landes zu singen. Warum singt ihr als deutsche Band<br />
im Jahr 2018 wieder auf englisch ?<br />
Deutsch war nie eine Option für eigene Songs. Vermutlich<br />
ergibt sich das direkt aus meinem Musikgeschmack. Ich schätze<br />
und respektiere viele deutsche Künstler, aber getroffen und<br />
geprägt haben mich englischsprachige Bands. Außerdem habe<br />
ich einen Bezug zum Englischen: Meine Frau ist Engländerin.<br />
Ihr habt ja bereits mit internationalen Produzenten zusammengearbeitet.<br />
Gab es schonmal den Gedanken, Bremen zu<br />
verlassen und vielleicht sogar ins Ausland zu gehen ?<br />
Als wir eine Band geworden sind, waren wir alle nicht mehr 19,<br />
sondern hatten uns hier schon ein Leben aufgebaut. Ich bin in<br />
Bremervörde geboren. In Bremen bin ich zuhause; schon sehr<br />
lange. Es war es nie ein Thema, als Band in die Welt zu ziehen.<br />
Seid ihr alle hauptberuflich Musiker oder arbeitet ihr noch in<br />
anderen Jobs ?<br />
Das ist bei allen unterschiedlich. Ich arbeite seit fast 20 Jahren<br />
für den »Rolling Stone«. Außerdem bin ich hier in Bremen in<br />
einer Werbeagentur als Texter und Konzepter tätig. Dann arbeite<br />
ich noch als Songschreiber für »BMG«. Martin macht auch<br />
noch andere Sachen nebenher. Manuel lebt zum größten Teil<br />
von der Musik, hat aber auch noch ein Standbein im Grafikdesign.<br />
Uli ist der einzige, der komplett von der Musik lebt. Er hat<br />
ganz viele Musicals gespielt, ist Studiogitarrist, Tourgitarrist für<br />
andere MusikerInnen, produziert selbst Platten und unterrichtet<br />
an diversen Hochschulen.<br />
Ihr seid gerade mit eurem dritten Album »Everybody Knows<br />
Something Good« auf Tournee gegangen. Wenn man so viel<br />
Zeit zusammen verbringt, versteht man sich da immer oder<br />
gibt es auch mal Streit ? u<br />
<strong>FINDORFF</strong> <strong>GLEICH</strong> <strong>NEBENAN</strong> | 11