gie_05_2018
Schmelzen und Gießen, Feuerfesttechnik
Schmelzen und Gießen, Feuerfesttechnik
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Was ist der Treiber im Leichtmetallguss? Allein der Preis?<br />
Der Wettbewerb der Werkstoffe? Die Funktionsintegration?<br />
Am Ende immer der Preis. Auch Funktionsintegration und der<br />
Materialmix bringen Kostenvorteile. Solange wir das Ganze<br />
zuverlässig, wirtschaftlich und umweltfreundlich darstellen<br />
können – da sind wir wieder beim demokratischen Leichtbau<br />
– wird das akzeptiert werden. Aber es gibt auch viele Entwicklungen<br />
gerade seitens der Institute, bei denen ich denke: das<br />
geht in eine Sackgasse, das wird nie kostengünstig darstellbar<br />
sein. Daher mein Appell, sich doch auf Technolo<strong>gie</strong>n zu konzentrieren,<br />
die auch am Ende von den Kunden akzeptiert werden.<br />
Haben Sie ein Beispiel?<br />
Nehmen wir das Thema Salzkerne. Bei den Gießern wird diese<br />
Technolo<strong>gie</strong> nicht akzeptiert, weil sie sehr schwierig umzusetzen<br />
ist, mit Korrosion in Maschinen einhergeht und einen sehr<br />
hohen Wartungsaufwand an Gießereimaschinen erfordert. Auch<br />
das Lost-Foam-Verfahren hat meiner Ansicht nach keine Zukunft.<br />
Das alles sind Themen, die gut gedacht und wissenschaftlich<br />
auch toll sind, aber uns im Moment nicht weiterbringen.<br />
Sie helfen der Industrie nicht.<br />
Sehen Sie umgekehrt Verfahren, die jetzt noch nicht wirtschaftlich<br />
sind, aber vielleicht eine große Zukunft versprechen?<br />
Das zentrale Thema ist Leichtbau. Bei Hybridbauteilen und hohlgegossenen<br />
Bauteilen ist meiner Meinung nach viel mehr möglich<br />
als momentan gemacht wird. Daran müssen wir weiter arbeiten<br />
und es schaffen, diese Hybridbauteile kostengünstig<br />
darzustellen. Auch da ist wieder die Frage: Schaffen wir es<br />
Verfahren zu entwickeln, die das leisten?<br />
Spielt im Zusammenhang mit Leichtbau der 3-D-Druck eine<br />
Rolle?<br />
Den 3-D-Druck sehe ich als Benchmark. Als Ziel, das theoretisch<br />
möglich wäre, aber praktisch mit den Gießverfahren nicht realisierbar<br />
ist. Der 3-D-Druck wird die Gießerei nicht ersetzen<br />
können, dennoch wird er sich sicherlich mehr und mehr durchsetzen.<br />
Dann aber für Premiumfahrzeuge und für eine beschränkte<br />
Anzahl an Bauteilen.<br />
Gussteile lassen sich mit Laser-Pulver- oder Laser-Draht-<br />
Schweißverfahren additiv erweitern...<br />
Das geht, aber auch da wird man die Stückzahlen, die benötigt<br />
werden, nicht erreichen können.<br />
Noch nicht?<br />
Es wird gern vergessen, dass auch die additive Fertigung die<br />
Physik nicht überlisten kann. Auch da geht es am Ende nur um<br />
Prozesse: Aufschmelzen und Abkühlen. Das geht nicht beliebig<br />
schnell. Ich denke, dass die Gießereien sich in Zukunft mehr<br />
und mehr mit der additiven Fertigung befassen müssen. Aber<br />
das ist dann nur ein zusätzliches Thema, das man mit bewertet<br />
oder mitbearbeitet.<br />
Auch für Sie ein Thema?<br />
Wir selbst haben in unserem tschechischen Werk eine Anlage<br />
zum Laserschmelzen. Wir fertigen dort komplexe Kerne für unsere<br />
Druck<strong>gie</strong>ßprozesse mit komplexer Kühlung.<br />
Macht das Verfahren für Werkzeuge Sinn?<br />
Das bringt wahnsinnig viel bei der Taktzeit.<br />
Was muss man tun, um Guss noch stärker in den Volumenmarkt<br />
zu bringen?<br />
Der Preis muss stimmen, das ist klar. Kann Guss wettbewerbsfähig<br />
zu Blech-Schalenkonstruktionen in der Großserie werden?<br />
Kommt Leichtmetallguss auch im Golf? Wenn wir es schaffen,<br />
große Stückzahlen kostengünstig zu fertigen, sodass wir an den<br />
Stahlpreis rankommen, dann sehe ich auch einen Weg, Aluminium<br />
in Kleinfahrzeugen einzusetzen. Das erfordert eine flexible Automation<br />
der Prozesse: Ich kann beispielsweise auf einer Anlage<br />
ähnliche Produkte <strong>gie</strong>ßen, wie sie derzeit noch in Stahl dargestellt<br />
werden. In der weiteren Verkettung des Prozesses erkennt die<br />
Automation, um welches Bauteil es sich handelt und es wird dann<br />
dementsprechend weiterbearbeitet. Auf diese Weise könnte ich<br />
mir vorstellen, dass schließlich so günstig gefertigt wird, dass<br />
Aluminiumbauteile auch in Kleinfahrzeugen in Frage kommen.<br />
Arbeiten Sie daran?<br />
Das ist ein Projekt, das wir bearbeiten. Ich halte es für möglich,<br />
dass Gussteile so wirtschaftlich gefertigt werden, das es für<br />
Autobauer attraktiv wird, Aluminium auch in kleineren Fahrzeugen<br />
einzusetzen. Übrigens sind die Chinesen da viel offener.<br />
Die bringen viel mehr Aluminium auch in Kleinfahrzeuge ein.<br />
Sehen Sie für Guss noch jede Menge ungehobenes Potenzial?<br />
Wie ist Ihr Fazit?<br />
Ja. Das sehe ich.<br />
Das Interview mit Dr. Stefan Geisler führte Gerd Krause, Mediakonzept,<br />
Düsseldorf<br />
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