SP nominierte als Erste - Trienger Woche
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15. März 2012 • SurSeer <strong>Woche</strong> / SeMpacher <strong>Woche</strong> / trienger <strong>Woche</strong> WirtSchaft iM fokuS 29<br />
Das gute Zusammenspiel und Teamwork von Frauen und Männern, jungen und älteren Verwaltungsräten können viel zum Erfolg eines Unternehmens beitragen. FoTo kEysTonE<br />
Der Verantwortung bewusst<br />
patron VoM Schutzherr Der kirchen zuM unternehMer Mit herzBlut<br />
Wer <strong>als</strong> patron bezeichnet wird,<br />
hat es geschafft. Die Öffentlichkeit<br />
schreibt einem solchen unternehmer<br />
vorwiegend positive<br />
eigenschaften zu. Welche, will<br />
dieser artikel skizzieren.<br />
«Abschied von einem wahren Patron»,<br />
titelte die NZZ nach dem Tod<br />
von Nicolas G. Hayek am 28. Juni<br />
2010. Die Sendung «10 vor 10» bezeichnete<br />
im April 2011 Edgar Oehler,<br />
den Chef der Küchenbau- und Bauzuliefererfirma<br />
AFG, <strong>als</strong> einen Patron<br />
mit Herz, der nicht für sich, sondern<br />
vor allem auch für andere schaue. Im<br />
Vorfeld der letzten Bundesratswahlen<br />
begründete Peter Spuhler sein Nein<br />
zu einer Kandidatur mit den Worten:<br />
«Ich kann in diesen wirtschaftlich<br />
schwierigen Zeiten meine Mitarbeiter<br />
nicht im Stich lassen.»<br />
format eines patrons<br />
Nicolas G. Hayek, Edgar Oehler und<br />
Peter Spuhler werden <strong>als</strong> Wirtschaftskapitäne<br />
hoch geschätzt. Sie krampften<br />
wie die Pferde, hatten Erfolg und<br />
genossen hohes Ansehen in der Bevölkerung.<br />
Ein Flair für die Nöte ihrer<br />
Mitarbeiter stärkte weiter ihr Ansehen.<br />
Keine Überraschung, dass ihnen<br />
von der Öffentlichkeit die Ehrenbezeichnung<br />
«Patron» verliehen wurde.<br />
Die Unternehmer, meist auch Verwaltungsratspräsidenten<br />
der jeweiligen<br />
Aktiengesellschaft, haben das Format<br />
und die Persönlichkeit zu Patrons. Sie<br />
setzen sich mit Haut und Haar für eine<br />
Firma ein. Persönliche Tätigkeit und<br />
Kapital verbinden sich eng.<br />
Grimms deutsches Wörterbuch von<br />
1889 listete sechs Bedeutungen des<br />
Patrons auf: Vom Schutzherr und<br />
Schirmherr über den Rechtsbeistand<br />
bis zum Kapitän und Eigentümer eines<br />
Schiffs. Unter dem letzten Punkt<br />
steht: «Vorsteher einer Handlung, einer<br />
Gesellschaft, Prinzipal.» Das<br />
Schweizer Lexikon 1993 definierte<br />
den Patron erstens <strong>als</strong> ein Schutzherr.<br />
Zweitens sei er in den Kirchen ein Engel<br />
oder ein Heiliger, der verehrt und<br />
angerufen werde. Drittes schreibt das<br />
Lexikon kurz, das Wort sei französischen<br />
Ursprungs und «in der Schweiz<br />
ein Betriebsinhaber, ein Arbeitgeber<br />
(vor allem im Gastgewerbe)».<br />
Die Meister in den zünften<br />
Patrons gab es schon im Mittelalter,<br />
wie Béatrice Veyrassat, eine ausgewiesene<br />
Kennerin der schweizerischen<br />
Industriegeschichte, weiss. «Sie traten<br />
eher <strong>als</strong> Meister in Zünften auf»,<br />
erklärt sie. Auch in den florierenden<br />
industriellen Städten der italienischen<br />
Renaissance oder in Nordwesteuropa.<br />
Im frühen 19. Jahrhundert<br />
kam in der Schweiz die Textilindustrie<br />
auf. Im Kanton Glarus, so macht<br />
Béatrice Veyrassat ein Beispiel, sei der<br />
Patron der «Brotgeber», die «Herren<br />
Fabrikanten» res-<br />
pektiert. Der<br />
Nachkriegsaufschwung<br />
bot besten<br />
Humus für das<br />
Gedeihen von Patrons.<br />
Gottlieb<br />
Duttweiler, der<br />
Migros-Gründer,<br />
kann <strong>als</strong> ein Paradebeispiel genannt<br />
werden, obwohl er dem Vernehmen<br />
nach seine Mitarbeiter manchmal unzimperlich<br />
behandeln konnte.<br />
eine zutiefst gewerbliche figur<br />
Ein Patron braucht Ecken und Kanten,<br />
staucht auch einmal seine Mitarbeiter<br />
zusammen, brütet pedantisch über der<br />
Jahresrechnung und vernachlässigt<br />
wegen Überarbeitung seine Familie.<br />
Karl Lüönd, Publizist und Autor von<br />
etwa 40 Firmenbiografien, schrieb in<br />
der «NZZ am Sonntag»: «Der Patron<br />
ist das personifizierte Geschäft. Er<br />
steht mit seinem Namen hinter dem<br />
Angebot, ist behaftbar und greifbar,<br />
eine zutiefst gewerbliche Figur, die<br />
nicht zwischen Privat- und Berufsbereich<br />
unterscheidet.» Der Patron sei<br />
Unternehmer, der mit allem haftet,<br />
auch mit seinem guten Namen. Er<br />
wechselt zwischen Guru und Diktator,<br />
zwischen Familienvater und bösem<br />
Onkel. «Auffällig ist bei all diesen Patrons,<br />
wie hoch sie den menschlichen<br />
«Auffällig ist bei den<br />
Patrons, wie hoch sie<br />
den menschlichen<br />
Faktor eingeschätzt<br />
haben.» karl lüÖnD, PUbliZisT<br />
Faktor eingeschätzt haben», sagt Karl<br />
Lüönd. Hilfskassen und patronale<br />
Fonds für die Angestellten sind Beispiele.<br />
Eine hohe Sozialkompetenz<br />
verinnerlicht der Patron. Er ist sich<br />
seiner Verantwortung gegenüber der<br />
Gesellschaft bewusst und stellt den finanziellen<br />
Eigennutz nicht zu stark in<br />
den Vordergrund.<br />
Thomas Zellweger, Professor an der<br />
Universität St. Gallen, warnte aber in<br />
einem Interview im «St. Galler Tagblatt»<br />
vor einer Überhöhung des Patrons.<br />
«Studien haben gezeigt, dass es<br />
überraschend wenige Charakterunterschiede<br />
gibt zwischen Patrons und<br />
Managern.» Der Patron sei nicht ehrlicher<br />
<strong>als</strong> der Manager. Unterschiede<br />
würden jedoch bei Zielen und Präferenzen<br />
sowie bei<br />
der Ausübung des<br />
Beufs bestehen.<br />
Hannes Siegrist,<br />
Professor für VergleichendeKulturgeschichte,beschrieb<br />
den<br />
Unterschied in<br />
seinem Aufsatz «Vom Familienbestand<br />
zum Managerunternehmen».<br />
Unternehmer oder Inhaber von Unternehmerfunktion<br />
würden strategische,<br />
weitreichende Entscheidungen treffen,<br />
Unternehmensziele formulieren<br />
und Investitionen beschliessen. «Die<br />
Manager-Entscheidungen sind dagegen<br />
mehr taktischer Natur», meint<br />
Siegrist. Die Verweildauer von Chefs<br />
bei börsenkotierten Firmen beträgt<br />
rund drei Jahre; Patrons sind lebenslänglich<br />
ihren vielfach selber aufgebauten<br />
Firmen verbunden.<br />
Die patrons haben zukunft<br />
Wird der Patron das 21. Jahrhundert<br />
überleben? Schnelllebigkeit, Komplexität,<br />
Spezialisierung, Fachspezialisten<br />
sprechen dagegen. Wer die derzeitige<br />
Unternehmergeneration unter die<br />
Lupe nimmt, entdeckt aber immer<br />
noch den Esprit der Patrons: Innovation,<br />
Dynamik, Charisma und eine Portion<br />
Schlitzohrigkeit prägen viele<br />
KMU. thoMaS Stillhart<br />
Frauen sind im Kommen<br />
VerWaltungSrätinnen Quote iSt kein theMa<br />
Dass es einem team gut tut,<br />
wenn die geschlechtliche Durchmischung<br />
stimmt, ist nachgewiesen<br />
und auch rein männlichen<br />
Verwaltungsräten bekannt.<br />
Bloss: es ist nicht einfach, geeignete<br />
frauen zu rekrutieren.<br />
Verwaltungsrätinnen in der Region Sursee<br />
zu finden, ist schwierig, zumal sie<br />
vor allem in Aktiengesellschaften kleinerer<br />
Unternehmen und Gewerbebetriebe<br />
Einsitz haben und in dieser Funktion<br />
nicht öffentlich auftreten. Verwaltungsrätinnen<br />
im Kanton zu finden, die bei<br />
börsenkotierten Unternehmen ihre Fachkompetenzen<br />
und Führungserfahrung<br />
einbringen, ist auch nicht einfacher, weil<br />
es nur wenige davon gibt. Die vielleicht<br />
bekannteste Luzerner Verwaltungsrätin<br />
– und Pionierin in diesem Gebiet – ist<br />
Doris Russi Schurter. Und sie war bereit,<br />
sich über die Schulter blicken zu lassen<br />
und sich zum Thema Frauen in Verwaltungsräten<br />
zu äussern.<br />
frauen sind gesucht<br />
Die Luzerner Anwältin kann ein ganzes<br />
Portefeuille von Verwaltungs- und Stiftungsratsmandaten<br />
aufweisen. Als Verwaltungsrätin<br />
hat sie Einsitz im VR der<br />
Luzerner Kantonalbank AG, Luzern; der<br />
Helvetia Holding AG, St. Gallen; der Patria<br />
Genossenschaft, Basel; der LZ Medien<br />
Holding AG, Luzern; der Swissgrid<br />
AG, Laufenburg, sowie der Andermatt<br />
Gotthard Sportbahnen AG, Andermatt.<br />
Die 55-Jährige verhehlt nicht, dass sie oft<br />
gewählt wurde, weil ihre Verwaltungsratskollegen<br />
befanden: «Jetzt braucht es<br />
eine Frau.» Ihr fachliches Profil <strong>als</strong> Anwältin<br />
und ihre Erfahrungen bei einer<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft haben<br />
dann aber das Entscheidende dazu beigetragen,<br />
dass sie tatsächlich <strong>als</strong> erste<br />
Frau in verschiedene Gremien einzog.<br />
«Ich hätte mich nie <strong>als</strong> dekoratives<br />
Blümchen hergegeben», sagt sie bestimmt.<br />
Sie habe, wenn sie solche Motive<br />
vermutet habe, Mandate abgelehnt.<br />
führungserfahrung ist nötig<br />
Doris Russi hat eine dezidierte Meinung<br />
zum Thema Quoten: «Quoten sind nicht<br />
die Lösung des Problems. Frauen, wel-<br />
che nur dank Quoten in Gremien kommen,<br />
haben es erfahrungsgemäss sehr<br />
schwer, Anerkennung zu bekommen.»<br />
Und die meisten VR-Gremien seien heute<br />
so weit, dass sie die Weiblichkeit <strong>als</strong><br />
Erfolgsfaktor in der Unternehmensführung<br />
anerkennt hätten.<br />
Warum aber gibt es dennoch so wenig<br />
Verwaltungsrätinnen? Mit ihrer Antwort<br />
stimmt die Luzernerin in den Tenor der<br />
ökonomischen Fachliteratur ein: Frauen<br />
müssen erst den Marsch durch die Unternehmen<br />
machen, um sich operative Erfahrung<br />
zu holen. Denn diese operative<br />
Erfahrung ist eine Voraussetzung für die<br />
strategische Arbeit im Verwaltungsrat.<br />
Doris Russi ortet aber noch ein weiteres<br />
Manko: «Frauen haben meist ein weniger<br />
gutes Netzwerk <strong>als</strong> Männer.» Sie seien<br />
weniger häufig in Serviceklubs – oder<br />
dann in nicht-gemischtgeschlechtlichen<br />
wie Zonta, hätten keine Seilschaften aus<br />
Militärzeiten oder Studentenverbindungen.<br />
Solche Beziehungen seien aber<br />
wichtig, um auch einmal informell das<br />
Interesse an einem Verwaltungsratsmandat<br />
anzumelden und sich zu positionieren:<br />
«Eine Frau kann ja nicht einfach ein<br />
Inserat machen: Verwaltungsratsmandat<br />
gesucht.»<br />
Berufswahl ist entscheidend<br />
Dass sich die Situation für Frauen auf<br />
strategischer Ebene in Zukunft ändern<br />
wird, davon ist man schweizweit überzeugt.<br />
Caroline Müller-Möhl, national<br />
bekannte Unternehmerin und Verwaltungsrätin,<br />
sagte anlässlich eines Round-<br />
Table-Gesprächs im «Schweizer Arbeitgeber»:<br />
«Wirtschaftliches Wachstum<br />
ohne vermehrten Einbezug der Frauen –<br />
immerhin 50 Prozent der Weltbevölkerung<br />
– ist gar nicht möglich.»<br />
Auch Doris Russi ist zuversichtlich – zumal<br />
sie Studentinnen oder Praktikantinnen<br />
in ihrer Anwaltskanzlei beobachtet:<br />
«Die haben Power und leisten fachlich<br />
oft mehr <strong>als</strong> ihre männlichen Kollegen.»<br />
Sie mahnt junge Frauen aber auch, die<br />
Jobwahl bewusster zu treffen: «Man sollte<br />
von seiner Ausbildung ein Leben lang<br />
profitieren können, auch beruflich. Und<br />
für VR-Mandate wird frau meist erst in<br />
einer zweiten Phase ihrer Karriere interessant.»<br />
anDrea WilliMann