Stadtmagazin CLP Ausgabe 22
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Stadtgeschichte<br />
Familie Deux - damals.<br />
Weihnachten auf dem Bahnhof in Cloppenburg<br />
Weihnachten ist ja schon etwas Besonderes, jedenfalls<br />
für mich. Und bis zum heutigen Tage<br />
ist der Heilige Abend etwas ganz Wunderbares<br />
für mich, nicht unbedingt der Geschenke wegen, nein,<br />
nein, dieser Tag überhaupt macht für mich in der Familie<br />
den ganz besonderen Reiz aus und ist vor allem von<br />
glücklichen Kindheitserinnerungen geprägt. Wir lebten<br />
im Jahre 1956 auf dem Bahnhof in Cloppenburg, mit<br />
sechs Kindern, ich war der einzige Junge.<br />
Am Bahnhofsvorplatz erstrahlte schon in der Adventszeit<br />
ein großer Tannenbaum im Lichterglanz. Vom Fenster<br />
aus schauten wir abends immer wieder heraus, denn<br />
wir warteten nun auf das Christkind. Unser Vater meinte,<br />
wenn ein sehr heller Stern zu sehen sei, könnte es bald<br />
kommen. Es hatte sich nämlich auch bei uns angemeldet.<br />
Unsere Mutter war schon Wochen vor dem Fest beschäftigt<br />
mit den Vorbereitungen, alles Spezialgebäck<br />
kam aus dem eigenen Backofen.<br />
Tage vorher, für uns Kinder erschien es wie Wochen,<br />
war die gute Stube verschlossen und das schöne bunte<br />
Glasfenster in der Stube war von innen mit einem Tuch<br />
oder einer Decke abgedeckt. Selbst im Schlüsselloch war<br />
kein Spalt offen, denn hier steckte von innen etwas, was<br />
wir auch mit einer langen Nadel nicht herausdrücken<br />
konnten. Ein großes Geheimnis, absolute Ruhe im Raum,<br />
kein Lichtschein war zu entdecken und doch hatte das,<br />
was sich hinter der Tür abspielte, für uns Kinder einen<br />
Hauch von größter Neugier. Nur Vater und Mutter wussten<br />
den Tag und die Stunde, wann das Christkind mit<br />
seinen Engeln auch zu uns auf dem Bahnhof kam. Die<br />
Spannung am 24. Dezember stieg stündlich. Waren wir<br />
wohl artig genug gewesen? Hat das Christkind unsere<br />
Wunschzettel auch wohl bekommen? Bekomme ich in<br />
diesem Jahr endlich die gewünschte elektrische Eisenbahn,<br />
oder ist es wieder mal nur eine kleine Holzeisenbahn?<br />
Ich bin davon überzeugt, dass die Tradition, dem<br />
Weihnachtsfest und ganz besonders dem Heiligen<br />
Abend eine feste Struktur zu geben, sich bewährt hat.<br />
Wir Kinder wurden besonders fein angezogen, dabei<br />
abgehört, ob man das Gedicht auch kann. Um 17.00 Uhr<br />
wurde zu Abend gegessen: Wie jedes Jahr – Mama’s Kartoffelsalat<br />
und die knackigen Bockwürste von Pieper.<br />
Vater verließ als erster den Tisch, denn er hatte ja noch<br />
etwas zu besorgen!<br />
Nach dem Abendessen, welches wir stets in Rekordzeit<br />
verschlangen – großen Hunger hatten wir ja<br />
nicht, zu großen war die Aufregung und die Erwartung<br />
– drängte es uns zum Gang vor die verschlossene Stubentür.<br />
Endlich, das erlösende, silberhelle Läuten des<br />
Glöckchens! Das Christkind gab uns das Zeichen, dass<br />
wir nun die Tür zur Stube öffnen konnten. Jetzt kam<br />
auch Vater zu uns und er schloss die Tür auf. Für uns Kinder<br />
gab es jetzt kein Halten mehr. Beinahe andächtig<br />
gingen wir nebeneinander in das festlich geschmückte<br />
Weihnachtszimmer. Als erstes fiel der knapp drei Meter<br />
hohe Weihnachtsbaum auf, geschmückt mit Lametta<br />
und glitzernden Kugeln, mit leuchtenden Kerzen, Zuckerkringeln<br />
und Schoko-Leckereien, und er erfüllte den<br />
Raum mit besonderem Glanz und Weihnachtsduft. Seine<br />
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