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KULTUR &FREIZEIT<br />
HansGöttler<br />
„Tanzen verboten!“,schreibtdaDoggda<br />
Es ist jetzt genau dreißig Jahre her, dass ich<br />
im August 1981 meine Heimat, die Weltstadt<br />
Simbach am Inn, verlassen habe, um<br />
mich hier zwischen <strong>Pocking</strong>, Bad Füssing<br />
und Kirchham anzusiedeln, in der „Freien<br />
und Volksrepublik Osterholzen“. Schon<br />
Anfang <strong>September</strong> brauchte ich wegen einer<br />
Erkältung einen gscheidn Doggda, und ich<br />
wählte natürlich den Doktor G. (– nicht<br />
identisch mit dem Erfinder des berühmten<br />
G-Punktes –), weil der früher schon mal<br />
in Simbach Arzt war. Dass Doktor G. genau<br />
der richtige Hausarzt für mich war,<br />
bemerkte ich sofort beim ersten Besuch:<br />
wir tranken nämlich eine frische Halbe Bier<br />
und tauschten Erinnerungen aus. Gråd<br />
schee war’s!<br />
Und grad soschön ist es die nächsten dreißig<br />
Jahre weitergegangen! Bei jeder Krankheit,<br />
bei jedem Risiko und jeder Nebenwirkung<br />
war der Doktor G. zur Stelle und<br />
half! Vagejdsgood, Doggda.<br />
Am 25. Februar des Jahres 1998 musste ich<br />
wieder einmal den Doktor aufsuchen. Es<br />
war der Aschermittwoch anno 1998, und<br />
mir fehlte es gewaltig im Kreuz. Der Doktor<br />
G. gab mir eine kleine Spritze zur Linderung<br />
der akuten Schmerzen, konnte sich aber folgende<br />
Bemerkung dann doch nicht verkneifen:<br />
„Ja, ja, iwoass äh, de oidn Manna,<br />
an Fasching müassns iweroi aufn Tanzbodn<br />
umanandhupfa, und am Aschermittwoch<br />
duad eana dann sKreiz weh!“ Da kam der<br />
Doktor G. bei mir aber an den Richtigen:<br />
„Oiso, bei mia is des ganz anders. Imåg ned<br />
tanzn und ikaned tanzn. Bei mia kimmd<br />
sKreizweh vo da Arwat!“<br />
Der Doktor verließ daraufhin rasch den<br />
Behandlungsraum, ein äußerst verschmitztes<br />
Lächeln auf den Lippen bzw. imGsicht. Als<br />
ich dann kurz darauf bei der Rezeption vorbeihumpelte,<br />
hielt mich eine der Damen<br />
dort auf und überreichte mir, verbunden mit<br />
einem schönen Gruß vom Doktor, ein von<br />
ihm in der Zwischenzeit ausgefertigtes und<br />
signiertes Attest, auf einem ganz normalen<br />
Rezeptblock geschrieben. Und da konnte ich<br />
lesen: „<strong>Pocking</strong>, den 25.02.98: Aus ärztlicher<br />
Sicht sind übertriebene Bewegungen,<br />
vor allem Tanzen, verboten.“<br />
Das war natürlich eine freudige Überraschung<br />
für mich; ich musste mächtig lachen,<br />
was jetzt auch gar nimmer weh tat, weil die<br />
Spritze ja schon langsam wirkte und wohl<br />
auch die Aussicht, in Zukunft von der leidigen<br />
Tanzerei befreit zu sein! Goethe-ähnlich<br />
reimte ich faustisch vor mich hin: „Vom<br />
Tanze befreit ist Dr. Hans Göttler/Durch des<br />
Doktor G. feines Attest!“ Und zum Dank<br />
für die Befreiungstherapie brachte ich dem<br />
Doktor G. schon bald eine gute Flasche<br />
Rotwein.<br />
Das Attest hat all die Jahre seinen guten<br />
Zweck erfüllt! Ich zückte bei jeder Tanzveranstaltung,<br />
zu der ich verurteilt wurde,<br />
Münchner Turmschreiber<br />
Dr.phil.HansGöttler<br />
Akademischer Direktor an der<br />
UniversitätPassau im<br />
Fachbereich Germanistik<br />
Geboren 1953 als GastwirtsundWeißbräu-Sohn<br />
in Simbach<br />
am Inn und dort aufgewachsen<br />
Herausgeber verschiedener<br />
Autorinnen undAutoren aus<br />
Niederbayern(z.B. Emerenz<br />
Meier,Wilhelm Diess,<br />
MaxPeinkofer)<br />
Schrift- und„Sprech“-Steller<br />
sowie Vorleser<br />
Öffentliche Lesungen von Dr. Hans Göttler von <strong>September</strong> <strong>2011</strong><br />
So, 18.09.<strong>2011</strong>, 15.oo Uhr:<br />
München,Künstlerhaus am Lenbachplatz:<br />
„Niederbayern an die Macht!“ Lesung zusammenmit denniederbayerischenTurmschreiberkollegen<br />
MichaelaKarlund Gerald Huber.Musik:CarolineSchmidt-Polex, M.A.<br />
(Konzertharfe).<br />
Kartenüber:ikf KULTUR (Tel.089/693656-33bzw.info@ikf-kultur.de)<br />
So, 25.09.<strong>2011</strong>, 18.oo Uhr:<br />
Simbach am Inn, Weißbräu Göttler,Pfarrkirchner Str.24:<br />
Literaturdinner undBuchpräsentation: “Maxund MoritzinWeißblau“.<br />
Musik:Caroline Schmidt-Polex, M.A. (Konzertharfe), Platzreservierung über08571/2311.<br />
gleich meinen Ausweis, und jede Frau<br />
machte um mich einen Riesenbogen! Und<br />
das war gut so!<br />
Bis zum Jahre 2004! Da hat dann meine<br />
Frau das Attest vom Jahre 1998 doch als<br />
längst veraltet und abgelaufen bezeichnet.<br />
Und so musste ich, da ich ja auch inden<br />
sechs Jahren keine Freude am Tanzen<br />
gefunden hatte, wieder zum Doktor G.,<br />
ein neues Attest in Auftrag geben!<br />
Wie das dann ausgegangen ist, erzähle ich<br />
ein anderes Mal!<br />
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