Jahresbericht vorletztes Jahr - Kantonsschule am Brühl
Jahresbericht vorletztes Jahr - Kantonsschule am Brühl
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Arten, die alle ausschliesslich in Madagaskar vorkommen<br />
und sonst nirgends auf unserer Welt! Unvermittelt k<strong>am</strong><br />
leider starker Wind auf, Wolken verdeckten die zuvor fantastische<br />
Aussicht bis zum Indischen Ozean, und es begann<br />
auch noch zu regnen: Ich war bald von innen und<br />
aussen klatschnass. Aber um sieben Uhr morgens war der<br />
Gipfel erreicht. Die Abkühlung von 30 Grad auf nur noch<br />
acht Grad liess uns nur kurze Zeit, um uns zu erholen. Am<br />
frühen Nachmittag erreichten wir wieder das C<strong>am</strong>p 2 auf<br />
780 m, wo ich im Sinne hatte, einige Tage zu bleiben, um<br />
die Tierwelt zu beobachten. Hier lebten seit drei Monaten<br />
<strong>am</strong>erikanische Forscher, die tagtäglich einer der seltensten<br />
Tierarten der Welt nachspürten, den „Seidensifakas“ (Propithecus<br />
candidus). Von diesen wunderschönen Halbaffen<br />
leben nur noch knapp 5000 in den schrumpfenden Regenwäldern<br />
Madagaskars. Ich hatte schon <strong>am</strong> ersten Morgen<br />
das grosse Glück, einem jungen Weibchen zu begegnen,<br />
das neugierig von einem Baum herabkletterte und es sich<br />
mir gegenüber an einem Bäumchen bequem machte, um<br />
mich zu studieren. Solche beglückenden Augenblicke bleiben<br />
ein Leben lang unvergesslich!<br />
Für einen Biologen und Arzt sind natürlich auch die für<br />
den Normaltouristen eher unangenehmen Begegnungen<br />
ausserordentlich spannend: In der improvisierten Dusche<br />
6 a u S D E M S c h u l l E b E n<br />
lebte eine fast 20 cm Durchmesser grosse Spinne mit bedrohlichen<br />
Kieferklauen. Ein Vergnügen war es mir auch,<br />
dem Führer einen Blutegel von den Lippen zu entfernen.<br />
Nach dieser abenteuerlichen Woche, die aber ohne nennenswerte<br />
Zwischenfälle verlief, gönnte ich mir einige<br />
Tage, um mich in einer Stadt an der Küste des Indischen<br />
Ozeans zu erholen.<br />
Ein nie verwirklichter Jugendtraum von mir war es, einmal<br />
in einem Spital der Dritten Welt als Arzt zu arbeiten. Deshalb<br />
machte ich mich an einem Morgen zum öffentlichen<br />
Spital auf, wo ich gerade zur Zeit der Chefärztin-Visite<br />
eintraf. Ich wurde sehr liebenswürdig empfangen und auf<br />
die Visite eingeladen. Nun erlebte ich aber einen echten<br />
Schock, obwohl ich auf einige Unzulänglichkeiten vorbereitet<br />
war: Es gibt kein Pflegepersonal! Die schwerkranken<br />
Patienten und Patientinnen werden von ihren Angehörigen<br />
teilweise tagelang ins Spital transportiert, wo sie in<br />
ihren Kleidern und ungewaschen halb bewusstlos an Infusionen<br />
liegen. Die meisten werden ohne Diagnose mit Antibiotika<br />
aufs Geratewohl behandelt. Ich bin sicher, einige<br />
lagen im Endstadium von AIDS da, aber diese Diagnose<br />
wurde nie gestellt! Das medizinische Personal bestand vorwiegend<br />
aus völlig empathielosen einheimischen, schlecht<br />
ausgebildeten Ärztinnen, deren Untersuchungstechnik<br />
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