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Der Burgbote 1973 (Jahrgang 53)

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<strong>Der</strong> KMGV in der „Gartenlaube" von 1867<br />

Von Herrn Sterzel vom Bauzentrum Hamburg bekamen wir einen Ausschnitt aus der „Garteniaube"<br />

von 1867, einer damals sehr beliebten Pubiikumszeitschrift, zugeschickt, der sich mit<br />

dem Kölner Männer-Gesang-Verein beschäftigt. Wir wollen unseren Lesern diese über 100<br />

Jahre alte Rarität nicht vorenthalten.<br />

Mit dem Aufschwung, den der öffentliche<br />

Geist in Deutschiand seit der Thronbestei<br />

gung Friedrich Wiiheim des Vierten von Preu<br />

ßen genommen, begann auch eine neue Aera<br />

für das deutsche Lied. Als kurz nach dem Re<br />

gierungsantritt des neuen Königs das Gedicht<br />

Nicoiaus Beckers:<br />

„Sie seilen ihn nicht haben.<br />

Den freien deutschen Rhein",<br />

den deutschen Nationalgeist mächtig anregte,<br />

trat an vieien Orten im Vateriand das Bedürf<br />

nis hervor, dem Gesänge, zunächst dem pa<br />

triotischen Liede, die iange vernachlässigte<br />

Kunstform wieder zu geben. Nach dem gegen<br />

Frankreich gerichteten Liede Beckers, das mit<br />

der Beseitigung der orientalischen Frage und<br />

des^Ministeriums Thiers bald verscholl, tauch<br />

te das Lied vom deutschen Vateriande des<br />

aiten Arndt wieder auf, den der neue König<br />

eben wieder in Amt und Würden eingesetzt<br />

hatte. Reichardts schöne Komposition erfor<br />

derte vierstimmigen Männergesang. Herwegh<br />

foigte mit den „Liedern eines Lebendigen",<br />

Hoffmanns von Faiiersieben mit den „Unpoiitischen<br />

Liedern", Prutz, Seeger und A. tauch<br />

ten auf, fanden ihre Komponisten und es<br />

ging ein frischer Hauch der Begeisterung<br />

durch die lange unter den Fessein des Poiizeistaates<br />

niedergehaltenen deutschen Herzen.<br />

Die Liedertafeln, die seither das Quartett le<br />

diglich zu geseiiigen Zwecken gepflegt, erwei<br />

terten sich und traten in die Öffentlichkeit, um<br />

der herrschenden Stimmung Ausdruck zu ge<br />

ben, und als Ende 1841 der Kriegslärm sich<br />

gelegt hatte, erfolgte im Frühling darauf die<br />

Konstituirung des Männergesangsvereins zu<br />

Köln. Am 27. April gründeten dreißig Sänger<br />

und Sangesfreunde den neuen Bund, der bald<br />

zu großer Bedeutung sich empor schwingen<br />

sollte. <strong>Der</strong> Domorganist und Dirigent der<br />

Singakademie, Franz Weber, übernahm die<br />

Leitung.<br />

Das damals durch die Begründung der Eisen<br />

bahn mächtig aufblühende Köln war, wie<br />

kaum eine andere deutsche Stadt, zur Pflege<br />

der populärsten aller Künste berufen. Von<br />

allen Seiten zogen neue Ansiedier in die alte<br />

Stadt, täglich mehrte sich die Zahl der tüch<br />

tigen Kräfte, jeder Berufene nahm gern teil<br />

an dem neuen, so mannigfachen Genuß ver<br />

heißenden Streben. Gleichwohl hatte die Direction<br />

Gelegenheit genug, ihre Energie und<br />

Ausdauer zu erproben, denn Mißgunst, Neid<br />

und Eifersucht legten dem jungen Institute<br />

viele Hindernisse in den Weg. Aber schon im<br />

zweiten Jahre seines Bestehens errang der<br />

Kölnische Männergesangverein den ersten<br />

Preis in dem von der „Societe des Meiomanes"<br />

zu Gent veranstalteten Gesangwettstreit.<br />

Sein Ruf war damit begründet und er ward<br />

nun bald das Vorbild für die allenthalben<br />

in den kleinen Städten auftauchenden Ver<br />

eine für Männergesang.<br />

Neben der energischen Pflege der Kunst war<br />

es die Uneigennützigkeit, weiche dem Ver<br />

ein alsbald die allgemeine Teilnahme zuwen<br />

dete; damit Hand in Hand ging die Aufopfe<br />

rung der Mitglieder. Von Begeisterung für ihre<br />

schöne Sache getragen, brachten sie alle gern<br />

materielle Opfer für den gemeinsamen Zweck.<br />

Sie bewährten ihre Devise: „Durch das Schöne<br />

stets das Gute."<br />

Aus seinen ersten Überschüssen machte der<br />

Verein eine Schenkung an den Kölner Dom,<br />

ein Giasmosaik-Fenster für die obere Chor-<br />

Gaierie, und dagegen erhielt er jene schöne<br />

Vereinsfahne, welche noch heute bei allen<br />

Festen entfaltet wird, gestickt von den Kölni<br />

schen Mädchen und Frauen.<br />

Anfangs 1846 gründete der Verein den<br />

deutsch-flämischen Sängerbund und gab in<br />

Verbindung mit 2300 belgischen und deut<br />

schen Sängern am 14. Juni das erste große<br />

Festkonzert auf dem „Gürzenich". Felix Mendeissohn-Bartholdy<br />

schrieb eigens dafür die<br />

Komposition des Schillerschen Gedichtes „An<br />

die Künstler" und leitete persönlich das Kon<br />

zert.<br />

In den weitesten Kreisen wurde der Kölner<br />

Männergesangverein bekannt, als er im Jahre<br />

18<strong>53</strong> auf den Plan eines industriösen Impressario,<br />

des Hofbuchhändiers Mitchell zu Lon<br />

don, einging und zum Besten des Domes eine<br />

Sängerfahrt nach der Welthauptstadt antrat.<br />

Es gehörte viel Energie dazu, den zahlreichen<br />

Vorurteilen Trotz zu bieten, welche von allen<br />

Seiten gegen den Plan auftauchten. Das große<br />

Publikum ist immer geneigt, aiilen Unterneh-

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