Berliner Kurier 21.09.2018
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
8 BERLIN BERLINER KURIER, Freitag, 21. September 2018 **<br />
NACHRICHTEN<br />
Startfür die Wippe?<br />
Mitte –Inden geplanten<br />
Bau des Einheits- und Freiheitsdenkmals<br />
in Berlin<br />
kommt wieder Bewegung.<br />
Die Oberste Bauaufsicht<br />
verlängerte die Baugenehmigung<br />
für die sogenannte<br />
Einheitswippe. Für den 26.<br />
September soll das Projekt<br />
auf die Tagesordnung des<br />
Haushaltsausschusses.<br />
Nach Freigabe der Gelder<br />
könnte der Bau beginnen.<br />
SEK stellt Schläger<br />
Neukölln –Polizisten<br />
haben mit Unterstützung<br />
des Spezialeinsatzkommandos<br />
gestern Abend in<br />
der Sonnenallee einen 21-<br />
Jährigen festgenommen.<br />
Gegen ihn werde wegen gefährlicher<br />
Körperverletzung<br />
ermittelt, so ein Polizeisprecher.<br />
Er gelte als<br />
Haupttäter einer Auseinandersetzung<br />
zwischen zwei<br />
Gruppen vor mehreren Monaten.<br />
Gegen ihn sei Haftbefehl<br />
erlassen worden.<br />
Weniger <strong>Berliner</strong> pleite<br />
Berlin –Immer weniger<br />
<strong>Berliner</strong> rutschen in die Privatinsolvenz.<br />
Von Januar<br />
bis Juni waren es mit knapp<br />
2000 gut 11 Prozent weniger<br />
als ein Jahr zuvor.<br />
A12 wieder frei<br />
Potsdam –Nach fünf Jahren<br />
Bauarbeiten ist die A12<br />
wieder für den Verkehr frei.<br />
Auf 16 Kilometern ab Dreieck<br />
Spreeau bis zur Grenze<br />
nach Polen wurden drei<br />
Teilabschnitte saniert, wie<br />
das Infrastrukturministerium<br />
mitteilte.<br />
ARCHE NOAH<br />
Lucky &Finchen ... wurden<br />
freilebend geboren. Anfangs<br />
sind sie schüchtern,<br />
bei Vertrauen dann aber<br />
verschmuste Schnurrweltmeister.<br />
Sie suchen zusammen<br />
ein Zuhause bei geduldigen<br />
Katzenkennern.<br />
Vermittlungs-Nr. 18/2846<br />
Tierheim Berlin,<br />
Hausvaterweg 39, 13057 Berlin,<br />
Telefon: 030/768880,<br />
www.tierschutz-berlin.de<br />
Die Tiervermittlung ist geöffnet:<br />
Mittwoch–Sonntag 13–16 Uhr<br />
Foto: dpa<br />
Foto: Tierheim Berlin<br />
Der traurige Hilferuf einer Gehörlosen-Familie<br />
Warum will uns niemand<br />
eineneue Wohnung geben?<br />
Seit vier Jahren suchen sie schon, aber Vermieter geben ihnen einfach keine Chance<br />
Von<br />
KERSTIN HENSE<br />
Werder – Für Kathleen Dunke<br />
(37) ist der Alltag zum gewaltigen<br />
Kraftakt geworden.<br />
Seit vier Jahren sucht sie vergeblich<br />
für ihre gehörlose Familie<br />
eine Bleibe. Mehr als 50<br />
Wohnungen hat sie sich<br />
schon angesehen, aber niemand<br />
lässt sie einziehen.<br />
„Wir haben keine Chance auf<br />
dem Wohnungsmarkt und fühlen<br />
uns alleingelassen“, sagt<br />
Kathleen Dunke. Sie wohnen<br />
derzeit in Werder, obwohl ihr<br />
Lebensmittelpunkt Potsdam<br />
ist. Das ist für die Familie mit<br />
Behinderung eine große Belastung,<br />
weil ihr Alltag viel schwerer<br />
zu organisieren ist als der<br />
gesunder Familien.<br />
Die Kinder Hannah (6) und<br />
Nora (10) sind wie ihr Vater David<br />
(40) taub und besuchen eine<br />
Schule für Gehörlose in<br />
Potsdam. Ihr Schulweg beträgt<br />
täglich 30 Kilometer hin und<br />
zurück, sie werden vom einem<br />
Fahrdienst abgeholt. Der Vater<br />
arbeitet im öffentlichen Dienst<br />
südlich von Potsdam und ist auf<br />
den Regionalzug angewiesen.<br />
Die langen Wege bringen die<br />
Familie mit Handicap an zusätzliche<br />
Grenzen. Die Mutter<br />
muss das Familienleben weitgehend<br />
allein managen, weil ihr<br />
Mann und die Kinder sich nur<br />
in Gebärdensprache verständi-<br />
Kathleen Dunkeist überlastet,weil<br />
sie alles allein managen mussund<br />
die Familie keine Wohnung findet.<br />
gen können und kaum Kontakt<br />
zur Außenwelt haben. „Ein Unzug<br />
nach Potsdam würde mich<br />
sehr entlasten“, sagt Kathleen<br />
Dunke. Ihr Mann kann ihr<br />
nicht viel abnehmen, weil er sie<br />
nicht hören kann.<br />
Neulich habe sie versucht, ihn<br />
zu erreichen, als sie im Stau<br />
stand und das jüngste Kind allein<br />
vor der Tür stand, „aber er<br />
hat meine Whatsapp nicht<br />
rechtzeitig gelesen“, erzählt sie.<br />
Die Kinder kostet der lange<br />
Schulweg ebenfalls viel Zeit<br />
und Kraft, da sie bereits um 5.30<br />
Uhr aufstehen müssen.<br />
Dass die Familie keine Wohnung<br />
findet, könnte an den Gehaltsnachweisen<br />
liegen. Vater<br />
Fotos: Sabeth Stickforth, Privat<br />
Die Eltern Kathleen und<br />
David mit Hannah (li.)<br />
und Norabei ihrem Familien-Urlaub<br />
am Bodensee<br />
David ist aufgrundseinerBehinderung<br />
von seinem Arbeitgeber<br />
nur Teilzeit eingestellt worden<br />
und die Familie muss mit Hartz<br />
IV aufstocken. „Uns Gehörlosen<br />
traut man weniger zu“, weiß<br />
Kathleen Dunke.<br />
Sie selbst möchte gern wieder<br />
im sozialen Bereich arbeiten.<br />
Doch die meisten Arbeitgeber<br />
wollen,dass die Betreuung ihrer<br />
Kinder sichergestellt ist, und einen<br />
Hortplatz für gehörlose Kinder<br />
gibt es in Werder nicht.<br />
Beim Sozialwerk der HörgeschädigtenBerline.V.sindsolche<br />
Probleme bekannt. InBerlin leben<br />
rund 8000 Menschen, die<br />
taub oder hörgeschädigt sind.<br />
„Viele haben immer noch Angst<br />
und wissen nicht, wie sie sich gegenüber<br />
Menschen mit Handicap<br />
verhalten sollen“, sagte eine<br />
Sprecherin.<br />
Vermieter hätten Sorge, dass<br />
Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
lauter seien, da sie<br />
mehr mit dem Körper und über<br />
Vibration kommunizierten.<br />
Die Vorurteile sind überall zu<br />
spüren. „Auf Spielplätzen weichenuns<br />
Eltern mitKindernaus.<br />
Manchen ist unsereArt der Verständigung<br />
unangenehm“, sagt<br />
Kathleen Dunke. Oft bleiben Gehörlose<br />
unter sich, weil sie Angst<br />
vor Ablehnunghaben, die ihnen<br />
oft begegnet.<br />
Die gehörlose Familie möchte<br />
so gern dazu gehören. „Es muss<br />
dochjemandengeben,der uns in<br />
Potsdamaufnimmt“,sagtKathleen<br />
Dunke.