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Blockchain<br />
Smarte Schlösser<br />
Das Start-up Slockit will<br />
mit seiner Idee den Alltag<br />
erleichtern. Schlösser,<br />
die über Bluetooth oder<br />
ähnliche Schnittstellen<br />
verfügen, können mit Hilfe<br />
der Blockchain-Lösung<br />
geöffnet und geschlossen<br />
werden: Wohnungen, Autos<br />
oder Fahrräder kann man<br />
so ohne persönlichen Kontakt<br />
vermieten und mieten.<br />
Per App lässt sich so etwa<br />
ein Fahrrad auswählen und<br />
bezahlen. Am Fahrrad<br />
selbst wird das Schloss via<br />
Bluetooth entsperrt.<br />
www.slock.it<br />
Machine“, wie der „Economist“ die Technologie<br />
nannte. So weit die Vision. Doch ist die Blockchain<br />
schon reif für konkrete Anwendungen? Im Augenblick<br />
herrsche noch viel Hype um die Technologie,<br />
gibt Ittner zu. „Seit Gründung unseres Kompetenzzentrums<br />
haben wir jeden Tag ein bis zwei Anfragen<br />
von Unternehmen, die glauben, unbedingt eine<br />
Blockchain-Lösung zu benötigen.“ Dabei sei das im<br />
Augenblick noch in den wenigsten Fällen gerechtfertigt.<br />
„Man will einfach auf keinen Fall etwas verpassen.<br />
Also legt man sich erstmal einen Hammer zu<br />
und sucht dann krampfhaft nach einem Nagel. Das<br />
ist schon etwas verrückt.“<br />
Andranik Tumasjan, Professor für Management<br />
und Digitale Transformation an der Universität<br />
Mainz, beobachtet aktuell zwei Entwicklungsstränge.<br />
„Auf der einen Seite haben wir die Vision dezentraler<br />
Geschäftsmodelle, wie sie im Grundkonzept der Bitcoin-Blockchain<br />
angelegt ist und wie sie inzwischen<br />
von immer mehr Start-ups angestrebt werden.“ Vielversprechende<br />
Ansätze sieht er etwa im Energiesektor.<br />
So wäre es möglich, mit Hilfe der Blockchain-<br />
Technologie Mikropayment-Systeme aufzusetzen.<br />
Die Besitzer einer Solaranlage könnten ihren Strom<br />
etwa zum Laden einer Paketdrohne zur Verfügung<br />
stellen oder direkt an den Nachbarn verkaufen. Abgerechnet<br />
würde über automatisierte, elektronische<br />
Verträge, sogenannte Smart Contracts.<br />
Gefährliche Abhängigkeit<br />
von groSSen Playern<br />
Auf solche Smart Contracts setzt auch das Startup<br />
Slockit, ebenfalls beheimatet in Mittweida bei<br />
Chemnitz. „Das ist kein Zufall“, so Firmengründer<br />
Christoph Jentzsch. „Wir profitieren sehr stark<br />
von der Initiative der Hochschule, aber auch von<br />
der lokalen Politik und Wirtschaft, das Thema<br />
Blockchain in der Region groß zu machen.“ Slockit<br />
entwickelt Lösungen, die vernetzte Geräte mit einer<br />
Zugangsberechtigung über Smart Contracts in<br />
der Blockchain steuerbar machen, und zwar – ganz<br />
nach der revolutionären Grundidee – ohne Mittelsmann.<br />
Wer zum Beispiel sein Auto, seine Wohnung<br />
oder sein Fahrrad vermieten möchte, kann das über<br />
Slockit direkt tun. Ein smartes Schloss steuert sämtliche<br />
notwendigen Aktionen – und zwar exakt nach<br />
den Bedingungen, die man in einem Smart Contract<br />
festgelegt hatte.<br />
Wie der Informatiker Ittner sieht auch Jentzsch<br />
die Chance auf eine Quasi-Neuerfindung des Internets<br />
– eine Neuerfindung, die im Grunde eine Rückbe<br />
-s innung auf jene Utopie wäre, die von Anfang an<br />
im Kern der Technologie angelegt war: das dezentrale<br />
Netzwerk. „Wir haben uns in eine gefährliche<br />
Abhängigkeit von großen Playern gebracht“, so<br />
Jentzsch. „Wenn Google sich von heute auf morgen<br />
entscheiden würde, seine Server abzuschalten, würde<br />
uns das in große Schwierigkeiten bringen.“ Mit der<br />
Blockchain hätte man dagegen die Möglichkeit, „das<br />
Web nochmals neu zu generieren, als von Grund auf<br />
dezentrale Struktur.“<br />
Nun haben nicht nur auf Disruption gepolte<br />
Start-ups, sondern auch etabliertere Firmen, besonders<br />
aus der Finanz-, Versicherungs- und Logistikbranche,<br />
das Thema Blockchain für sich entdeckt.<br />
Allerdings, so Blockchain-Experte Andranik Tumasjan<br />
von der Uni Mainz, werde die Technologie im<br />
Enterprise-Kontext bisher noch nicht dazu eingesetzt,<br />
radikal neue Geschäftsmodelle zu erschließen,<br />
sondern vielmehr, bestehende zu optimieren. So<br />
arbeitet das Digital Trade Chain Consortium, ein<br />
Verbund aus aktuell sieben europäischen Banken<br />
und IBM, an einer Plattform namens Wetrade, das<br />
den internationalen Handel für mittelständische<br />
Unternehmen erleichtern soll. Die Idee: Alle Vertragskomponenten,<br />
von der Rechnungsstellung über<br />
die Zollunterlagen bis hin zur Auslieferung, wären<br />
über die Blockchain darstellbar.<br />
Potential für weitere<br />
Automatisierung<br />
Wie man das Datenmanagement von Lieferketten<br />
noch weiter optimieren kann, dazu forscht unter anderem<br />
auch das Fraunhofer-Institut für Photonische<br />
Mikrosysteme IPMS in Dresden.<br />
Schon heute werden kleine Funk-Transponder,<br />
sogenannte RFID-Tags zur automatisierten<br />
Identifikation und Sendungsnachverfolgung von<br />
Waren eingesetzt. Integriert man Sensoren in die<br />
Tags, lassen sich Zustandsdaten wie Temperatur,<br />
Druck und Feuchtigkeit ermitteln. „Hier sehen wir<br />
das Potential für weitere Automatisierung“, so Monika<br />
Beck vom Fraunhofer IPMS. „Denkbar wären<br />
zum Beispiel automatische Qualitätsprüfungen<br />
beim Wareneingang auf Basis der gewonnen RFID-<br />
Sensordaten aus Fertigung und Transport. Die Bedingungen<br />
für die Prüfungen könnten in Smart Contracts<br />
festgehalten werden.“<br />
Ob und wann die Blockchain-Technologie<br />
tatsächlich zur großen Revolution führen wird, zu<br />
einem neuen Internet der Werte, wird sich zeigen.<br />
Ihr „Plateau of Productivity“, so das US-Marktforschungsunternehmen<br />
Gartner in seinem aktuellen<br />
jährlichen Innovationsreport, werde die Blockchain<br />
in fünf bis zehn Jahren erreichen. Für Andreas Ittner<br />
jedenfalls steht fest: „Ich bin zu 110 Prozent davon<br />
überzeugt, dass die Blockchain eine Technologie ist,<br />
die gekommen ist, um zu bleiben.“ ■<br />
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