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12 KULTUR JOKER KUNST<br />

Kritik und Respekt vor dem Tod<br />

Die Ausstellung „Ypern mon Amour“ im Rathaus Ebringen zeigt den 1. Weltkrieg satirisch und in seinem wahren Schrecken<br />

Das Ende des Ersten Weltkriegs<br />

am 8. November vor<br />

100 Jahren bringt viele Bücher<br />

und Ausstellungen, sodass man<br />

schnell von einer Übersättigung<br />

sprechen kann, egal, wie<br />

dringlich das Thema auch ist.<br />

Die Ausstellung „Ypern mon<br />

Amour“ im Rathaus Schloss<br />

Ebringen vom <strong>11</strong>. November bis<br />

7. Dezember tritt dem Thema<br />

hingegen mit einem ganz eigenen<br />

Ansatz entgegen. Die Annäherung<br />

an die Urkatastrophe<br />

des 20. Jahrhundert geschieht<br />

nicht wie gemeinhin über die<br />

Abbildung von historischen<br />

Kriegsfotografien, Briefen, Tagebüchern,<br />

Zeichnungen oder<br />

Gegenständen sondern über<br />

kunstvolle Fotomontagen und<br />

kleine Plastiken.<br />

Wesentliches Element dieses<br />

künstlerischen Zugangs ist die<br />

Methode der Verfremdung. In<br />

den vorgestellten Werken wird<br />

diese durch Ironie, Satire, Groteske<br />

und Persiflage sichtbar,<br />

Gattungen, die den Witz und<br />

damit das Konfrontative nicht<br />

scheuen. Als Vorlagen sowohl<br />

für die Inhalte als auch für die<br />

szenisch nachgestellten Arrangements<br />

in den Bildmontagen<br />

dienen den Künstlern Harry<br />

Reusmann und Frank Wolf jene<br />

Postkarten, die zwischen Front<br />

und Heimatland existierten. Gerade<br />

die Suche nach verkitschten<br />

Idealbildern eines grauenhaften<br />

Krieges wird zum Ziel<br />

der kritischen Neukomposition.<br />

Begriffe wie Vaterlandsliebe,<br />

Feindbild, Kaisertreue, Heldentum<br />

oder Heldentod werden in<br />

ihrem Wahnwitz offenbar. Trotz<br />

satirisch-ironischer Darstellung<br />

in den Fotocollagen nehmen die<br />

Künstler den Kriegsopfern aber<br />

nicht die Würde. Nicht zuletzt<br />

Harry Reusmann, Frank Wolf: Ohne Titel<br />

schafft die Kunst, sei sie noch<br />

so satirisch, eigenartig schöne<br />

Momente.<br />

Auch bemüht sich die Ausstellung,<br />

die zugrundeliegenden<br />

schweren Schicksale durch die<br />

Kunstfigur eines Soldaten greifbar<br />

zu machen. Dieser wird, dargestellt<br />

von einem Schauspieler,<br />

in die Fotomontagen aufgenommen.<br />

Die Künstler verbinden so<br />

die einzelnen, teils seriell angeordneten<br />

Bildmontagen miteinander<br />

und ermöglichen dem<br />

heutigen Betrachter den Ansatz<br />

zu einer begrenzten Identifikation.<br />

Das Lachen über die Satire<br />

bleibt so begrenzt, man ahnt<br />

die Schrecken und Verluste und<br />

spürt den bitteren Beigeschmack<br />

jeder Auseinandersetzung mit<br />

dem unsagbaren Krieg.<br />

Der Verein Kultur und Natur<br />

in Ebringen e.V. konnte die Ausstellung<br />

bereits an anderen Orten<br />

zeigen, so der Universitätsbibliothek<br />

Bochum, in Uffholtz<br />

(Frankreich) am Hartmannsweilerkopf<br />

oder im Erich Maria<br />

Remarque Friedenszentrum in<br />

Osnabrück.<br />

„Ypern mon Amour“, Schloss<br />

Ebringen. Geöffnet: Mo-Fr<br />

8-12 Uhr, Di 14-18 Uhr. <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.<br />

– 7.12.18. Vernissage: <strong>11</strong>.<strong>11</strong>., <strong>11</strong><br />

Uhr.<br />

Die Ausstellung des Jahres<br />

Die Regionale ist im Dreiländereck vom 22. November bis zum<br />

6. Januar 2019 zu sehen<br />

Traditionell ist das Jahresende<br />

die Zeit der Mitgliederausstellungen.<br />

Die trinationale<br />

Region kann mit einer ganz<br />

besonderen Jahresschau aufwarten.<br />

Seit 18 Jahren praktiziert<br />

sie nun schon den Grenzübertritt.<br />

In diesem Jahr beteiligen<br />

sich an der Regionale 19<br />

Institutionen aus Deutschland,<br />

der Schweiz und Frankreich,<br />

die zwischen dem 22. November<br />

und dem 6. Januar sich<br />

dem regionalen Kunstschaffen<br />

öffnen. Die Kunsthäuser in<br />

Mulhouse machen den Anfang<br />

und geben den Stab am 23. an<br />

Freiburg weiter, am darauffolgenden<br />

Samstag ist dann Basel<br />

dran, am Sonntag folgt Hegenheim<br />

und Strasbourg schließt<br />

am 1. Dezember den Vernissagereigen<br />

ab.<br />

In Freiburg sind mit dem<br />

Kunstverein Freiburg, dem<br />

E-Werk sowie dem Kunsthaus<br />

L6 und dem T66 vier Institutionen<br />

beteiligt. Die Regionaleschauen<br />

mit den langen<br />

Künstlerlisten scheinen vorbei<br />

zu sein, man konzentriert sich<br />

auf eine kleinere Auswahl. Im<br />

WAS IST WAHR<br />

www.kultur-ebfr.de/kunstpreis<br />

Morat-Institut<br />

für Kunst und Kunstwissenschaft<br />

18. <strong>11</strong>. <strong>2018</strong> bis 13. 1. 2019,<br />

Sa, So <strong>11</strong>.00 –18.00 Uhr<br />

Kunstverein Freiburg wird<br />

sich alles um die Kommunikation<br />

drehen, während sich<br />

die Regionale im E-Werk mit<br />

dem Wetter und anderen Simulationen<br />

befasst. Im Kunsthaus<br />

L6 haben hingegen Nila<br />

Weisser und Nora Minn den<br />

Flaneur des 19. Jahrhunderts<br />

für unsere Zeit adaptiert und<br />

planen neben der Ausstellung<br />

auch einen Stadtsparziergang<br />

am 1. Dezember in Weingarten.<br />

Infos: www.regionale.org<br />

Annette Hoffmann<br />

wiw <strong>joker</strong> Morat.indd 1 22.10.18 08:57<br />

Harry Reusmann, Frank Wolf: „Abschied“<br />

Kunst in der<br />

Bettackerstraße<br />

Achtzehn Künstlerinnen und Künstler öffnen<br />

ihre Ateliers<br />

Weit offen stehen die Ateliertüren<br />

am 18. November<br />

von <strong>11</strong>-17 Uhr für Gönner<br />

und Kunstinteressierte in der<br />

Bettackerstraße in Freiburg.<br />

Genau genommen sind es<br />

vier Hauseingänge – Bettackerstraße<br />

10, 10a, 10b, 10c<br />

über die man die Ateliers erreicht,<br />

in denen die Malerei<br />

dominiert, aber auch Grafik,<br />

Keramik, Druckgrafik, Musik<br />

und Fotokunst entsteht. Seit<br />

20<strong>11</strong> arbeiten hier achtzehn<br />

Künstlerinnen und Künstler<br />

unter einem Dach. Die Fülle<br />

der künstlerischen Themen ist<br />

weit gespannt und reicht von<br />

detailgetreuer, farbintensiver,<br />

klassischer Malerei Alter Meister,<br />

über fast lebensgroße<br />

Darstellungen scheinbar völlig<br />

ausge<strong>flip</strong>pter Herrschaften in<br />

irrwitzigen Posen bis zu abstrakten<br />

Themen, bei denen<br />

sich die Form nahezu vollständig<br />

verliert, an deren Stelle die<br />

Farbe tritt, um mit spontanem,<br />

gekratztem und geschabtem<br />

Farbauftrag neue Räume zu<br />

eröffnen- und noch viel mehr.<br />

Eingeladen sind auch jene,<br />

die mit Farben und Formen<br />

spielen und ihrer gestalterischen<br />

Seite Flügel verleihen<br />

möchten. Kurse in Malerei,<br />

Keramischem Gestalten, Grafik<br />

u.a. werden angeboten.<br />

Bei Sekt, Selters und scharf<br />

belegten Schnittchen lohnt sich<br />

ein Rundgang durch die Ateliers<br />

allemal: 18. November<br />

<strong>11</strong>-17 Uhr, Bettackerstraße 10<br />

abc, Freiburg

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