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Berliner Kurier 20.11.2018

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*<br />

BERLIN<br />

DER<br />

ROTE<br />

TEPPICH<br />

Ehre, wemEhregebührt!<br />

AnettaKahane,<br />

Vorsitzende<br />

der Amadeu-<br />

Antonio-<br />

Stiftung,<br />

stellte jetzt<br />

eine neue<br />

Kampagne<br />

vor.<br />

Harte Zeit für Obdachlose<br />

Überlebenskampf<br />

auf Berlins Straßen<br />

SEITEN 10–11<br />

Weihnachten2018: Feiern<br />

Markt-Betreiber rüsten auf: Zu Glühwein und<br />

Mandeln gibt’s dieses Jahr Stahl und Beton<br />

Foto: dpa<br />

Opfer rechterGewalt<br />

fühlen sich oft allein –<br />

das soll sichnun ändern.<br />

Berlins Justizsenator Dirk<br />

Behrendt (Grüne) stellte<br />

gesterngemeinsam mit<br />

Anetta Kahane, Vorsitzende<br />

der Amadeu-Antonio-Stiftung,<br />

eine neue Kampagne<br />

vor. Mit Plakaten,Postkarten,<br />

in sozialen Medien und<br />

Anzeigen soll zukünftig für<br />

mehr Empathie geworben<br />

werden.Rechte, rassistische<br />

und homophobe Angriffe<br />

seien ein bedrückend großes<br />

Phänomen, sagt Behrendt.<br />

Berlin wollePartei für<br />

die Opfer ergreifen –„weil<br />

wir eine weltoffene Metropole<br />

sind und auch bleiben<br />

wollen“. Kahane rief dazu<br />

auf, Betroffenen zu helfen<br />

und ihre Perspektive einzunehmen.<br />

FürObdachlosesei<br />

beispielsweise ein Park kein<br />

Ort zum Entspannen, sondern<br />

ein Schlafplatz, an dem<br />

sie nachts angegriffenwerden.<br />

Mit Spendenkönnten<br />

auch eine zerschlagene Brille,<br />

Anwaltskosten oder ein<br />

Umzug unterstützt werden.<br />

Laut Stiftungkommt es<br />

deutschlandweit alle 23 Minuten<br />

zu einer rechten<br />

Straftat. Nach Angaben von<br />

Behrendt erfassten verschiedene<br />

Beratungsstellen<br />

im Vorjahr 267 rechte,rassistische<br />

und antisemitische<br />

Angriffe, 324 homophobe<br />

Taten sowie 947 antisemitische<br />

Vorfälle.<br />

Fragen?<br />

Wünsche?<br />

Tipps?<br />

Redaktion: Tel. 030/63 33 11 456<br />

(Mo.–Fr. 10–18 Uhr)<br />

10969 Berlin, Alte Jakobstraße 105<br />

E-Mail: leser-bk@dumont.de<br />

Abo-Service: Tel. 030/232777<br />

VonANNIKA LEISTER<br />

und FLORIAN THALMANN<br />

Charlottenburg – Zwei Jahre<br />

ist es her, dass Attentäter<br />

Anis Amri mit einem Lkw auf<br />

den Weihnachtsmarkt am<br />

Breitscheidplatz raste, zwölf<br />

Menschen tötete und zahlreiche<br />

schwer verletzte. Bald<br />

öffnet der Markt wieder seine<br />

Pforten – als sicherster in<br />

ganz Berlin. Dafür begannen<br />

jetzt die Aufbauarbeiten.<br />

Fünf Mann braucht es, um die<br />

riesigen Stahlkörbe aufzubauen.<br />

Gemeinsam entfalten die Arbeiter<br />

Gitter, richten Seitenwände<br />

auf, schieben Stahlstäbe durch<br />

die Verdrahtung. Noch lassen<br />

sich die Körbe über den Boden<br />

schieben. Doch bald werden sie<br />

an den Flanken des Weihnachtsmarkts<br />

stehen, mit Stahl verbunden,<br />

mit Tonnen Sand gefüllt.<br />

Ein Schutzring aus Stahl.<br />

Die Körbe sind Teil eines Pilotprojekts.<br />

2,6 Mio. Euro investiert<br />

der Senat in neue Sperrelemente,<br />

die später in den Besitz der Polizei<br />

übergehen sollen:160 Gitterkörbe,<br />

über 360 Meter miteinander<br />

verbunden, 13 Stahlsockel, 70<br />

mobile Poller. Die Sperren sollen<br />

einem 40-Tonnen-Lkw standhalten,<br />

versichert die Senatsinnenverwaltung.<br />

Was hier getestet<br />

wird, könnte bald Märkte in<br />

ganz Berlin umzingeln. Tino Noack<br />

ist Geschäftsführer der Si-<br />

Oben: Am Breitscheidplatz bauten<br />

Arbeiter einer Sicherheitsfirma jetzt<br />

die ersten der neuen Barrieren auf.<br />

Unten: Die ersten Beton-Hindernisse<br />

am Roten Rathaus. Rechts: Am Weihnachts-Rummel<br />

an der Landsberger<br />

Allee stehen ebenfalls Sperren.<br />

cherheitsfirma Secutec Solutions,<br />

die Teile des neuen Konzepts<br />

am Breitscheidplatz liefert.<br />

Noacks Firma wurde nach<br />

dem Attentat gegründet, „dem<br />

deutschen 9-11“, wie er es nennt.<br />

„Plötzlich war der Terror in<br />

Berlin, in Deutschland.“ Gemeinsam<br />

mit Kollegen habe er<br />

beschlossen, dass man Sicherheit<br />

bieten müsse. Von den grauen<br />

Betonpollern, die zurzeit auf<br />

fast allen anderen Weihnachtsmärkten<br />

in der Stadt aufgestellt<br />

werden, hält Noack nichts. Ein<br />

„Placebo“ seien die, wirkungslos<br />

gegen einen schweren Lkw.<br />

Gerade sie werden derzeit<br />

überall aufgestellt –denn nicht<br />

nur am Breitscheidplatz rüsten<br />

sich die Markt-Veranstalter.<br />

Beispiel Mitte: Hier öffnen am<br />

Montag mehrere große Märkte.<br />

„Wir arbeiten mit Barrieren, um<br />

schnelle Zufahrten zu verhindern“,<br />

sagt Helmut Russ, Veranstalter<br />

des Weihnachtsmarktes<br />

am Gendarmenmarkt. Die Zugänge<br />

über Tauben- und Jägerstraße<br />

sollen mit Betonbarrieren<br />

geschlossen werden. „Wenn<br />

man die Straße an diesen Stellen<br />

mit einem Auto befahren würde,<br />

müsste man versetzt fahren.“<br />

Auch am Roten Rathaus wurde<br />

eifrig geplant. „Wir haben in<br />

diesem Jahr die gleichen Maßnahmen<br />

ergriffen wie 2017“,<br />

sagt Hans-Dieter Laubinger, der<br />

Veranstalter des dortigen Marktes.<br />

Auf dem Gelände sind Sicherheitsmitarbeiter<br />

unterwegs<br />

–und an der gefährlichsten Stelle,<br />

der Kreuzung von Karl-Liebknecht-<br />

und Spandauer Straße,<br />

verhindern strategisch plazierte<br />

Container, ein sechs Tonnen<br />

schwerer Geldautomat und Betonbarrieren,<br />

dass ein Auto auf<br />

den Markt rast. Für Laubinger<br />

eine wichtige, aber eine trügerische<br />

Sicherheit. „Wir laufen der<br />

Sache hinterher. Nach dem Anschlag<br />

sichern wir alles mit Barrieren<br />

ab, schützen uns vor Autos<br />

und Lkw –aber eigentlich<br />

weiß doch keiner, was als nächstes<br />

passieren könnte.“<br />

CharlesBlume, der neben Ikea<br />

an der Landsberger Allee seinen<br />

„Weihnachtsmarkt an der Allee“<br />

veranstaltet, setzt ebenfalls auf<br />

Barrieren – aber doppelt und<br />

dreifach. Er hat den Markt-Plan<br />

so gestaltet, dass die Aufbauten<br />

selbst zu Schutzbarrieren werden.<br />

Der Markt ist von den Fahrzeugen<br />

der Schausteller umgeben,<br />

die in einer Notsituation als<br />

Prellbock fungieren. „An den Zugängen<br />

arbeiten wir mit Betonpollern,<br />

die wir nicht ein-, son-

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