Berliner Kurier 27.11.2018
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34 PANORAMA BERLINER KURIER, Dienstag, 27.November 2018 **<br />
Frühchen Frieda<br />
Dieses<br />
Mädchen<br />
ist ein<br />
medizinisches<br />
Wunder!<br />
Frieda ist inzwischen<br />
acht Jahrealt –und für<br />
viele immer noch ein<br />
Wunder.<br />
Bei ihrer Geburtnach erst 21 Wochen im Mutterleib hatten ihr die Ärzte kaum eine Chance gegeben<br />
Fulda –Die kleine Frieda verpasst<br />
einem Teddybären eine<br />
Spritze zur Genesung. Reinald<br />
Repp sitzt neben ihr in einem<br />
Spielzimmer des Klinikums Fulda<br />
und beobachtet Europas<br />
jüngstes Frühchen mit stiller<br />
Freude. Was er bei Friedas Anblick<br />
empfindet? Der Direktor<br />
der Fuldaer Kinderklinik sagt:<br />
„Dass wir das erleben dürfen,erfüllt<br />
mein Team und<br />
mich mit tiefer<br />
Dankbarkeit. Es<br />
grenzt nach wie<br />
vor an ein Wunder,<br />
dass sie so<br />
gesund und<br />
Frieda liest mit<br />
Mutter Yvonne<br />
die Geschichten<br />
vonMax und<br />
Moritz.<br />
munter ist.“ Frieda wirkt zwar<br />
wie ein normales Mädchen. Aber<br />
ihre Lebensgeschichte ist besonders.<br />
Friedakam im November 2010<br />
als Europas jüngstes Frühchen<br />
zur Welt. Statistischhatte sieeine<br />
bescheidene Überlebenschance.<br />
Normale Schwangerschaften<br />
dauern 40 Wochen.<br />
Aber Frieda wurde bereits nach<br />
21 Wochen und<br />
fünf Tagen<br />
entbunden.<br />
Sie<br />
war 26<br />
Zentimeter<br />
großund wog 460 Gramm.<br />
Solche extrem unreifen Kinder<br />
sind kaum lebens- und entwicklungsfähig.<br />
Friedas Geburt galt<br />
als außergewöhnlich, mit einem<br />
gesunden Aufwachsen rechneten<br />
selbst die kühnstenOptimisten<br />
nicht. „Frieda geht’s gut“,<br />
sagt Mutter Yvonne. „Sie ist ein<br />
aufgewecktes und fröhliches<br />
Kind, das uns viel Freude<br />
macht.“Anfang Novemberfeierte<br />
Frieda ihren achten Geburtstag,<br />
seit demSommer geht sie in<br />
die Schule. „Das macht Spaß. Ich<br />
liebe den Sportunterricht“, sagt<br />
sie und turnt am Klettergerüstim<br />
Spielraum der Klinik herum.<br />
Peking – In China sollen die<br />
weltweit ersten Babysnach<br />
einer Gen-Manipulation geboren<br />
worden sein – zwei<br />
Mädchen namens Lulu und<br />
Nana. Nach Angaben von<br />
Forscher He Jiankui hatte<br />
der an Embryonen vorgenommene<br />
Eingriff mit dem<br />
noch sehr jungen Verfahren<br />
Friedafährt Inliner, im Winter<br />
Ski und flitzt auf Schlittschuhen<br />
übers Eis. Auch das Seepferdchen<br />
habe sie geschafft. „Für<br />
solch ein kleinesKind hat sie viel<br />
Kraft.Und einen starken Willen<br />
hat sie auch“, sagt die Mutter.<br />
Frieda wiegt knapp 17 Kilogramm,misst115Zentimeterund<br />
liegt damit nur knapp unter der<br />
Normalgrenze. Große gesundheitlicheProblemegebe<br />
es nicht,<br />
aber Besonderheiten. In der<br />
Schule bereite es ihr Mühe, konzentriert<br />
zu bleiben, sagt die<br />
Mutter. Außerdem esse sie wenig.<br />
Sprachlich, sozial und intellektuellbringesieallesmit.Dabei<br />
drohen Frühchen sonst oftmals<br />
Beschädigungen von Lunge,<br />
Darm, Gehirn und Netzhaut. Es<br />
drohen Hirnblutungenund bleibende<br />
Behinderungen.<br />
Prognosenfür Friedas Zukunft<br />
aufzustellen, ist schwierig, bis<br />
hierhinhat sie ihrenWeg gut gemeistert.<br />
Ihr Bruder überlebte<br />
hingegen nicht. Mutter Yvonne<br />
war mit Zwillingen schwanger.<br />
Kilian starb sechs Wochen nach<br />
der Entbindung an Herz- und<br />
Darmproblemen. Friedaschaffte<br />
es, weilsie wenigerKomplikationen<br />
in der ersten Phase des Lebens<br />
hatte –und auch eine Portion<br />
Glück.<br />
Weltweit erste Genscheren-Babys in China geboren<br />
Crispr/Cas9 das Ziel, die<br />
Kinder resistent gegen HIV<br />
zu machen. Eine geprüfte<br />
wissenschaftliche Veröffentlichung<br />
zum Eingriff<br />
gibt es nicht,lediglich einen<br />
Eintrag in einem chinesischen<br />
Register für klinische<br />
Tests. Eine Bestätigung von<br />
anderen Stellen gab eszunächst<br />
ebenfalls nicht.<br />
In Deutschland, den USA<br />
und vielen anderen Ländern<br />
sind solche Manipulationen<br />
an menschlichem Erbgut<br />
verboten, weil die Risiken<br />
bisher kaum abschätzbar<br />
sind und Veränderungen an<br />
nachfolgende Generationen<br />
weitergegeben werden.<br />
Fotos: dpa