Berliner Kurier 28.11.2018

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PANORAMA 35
Siebenjähriger tot: Pflege-Oma vorGericht
Musste der Junge sterben, weil seine Kindersitterin die langen Trennungszeiten nicht mehr ertrug?
Ein Mann läuft im Schneesturm
durch Chicago.
Schneestürme
USA:Straßendicht,
Flügegestrichen
Washington –Der Winter hat
den Mittleren Westen derUSA
fest im Griff.Wegen eines
schweren Schneesturms mussten
in den vergangenen Tagen
jeweils mehr als 1200 Flüge gestrichen
werden. Alleinam
Flughafen O’Hare in Chicago
waren am Montag 1189 Flüge
ausgefallen.Das Auto ist derzeit
keine zuverlässigeAlternative:Viele
Autobahnen sind zugeschneit.
Betroffen sind die
Staaten Wisconsin, Illinois, Michigan
und Indiana. Rund um
die Metropole Chicago fiel in
rund 200 000 Haushalten der
Strom aus.
Zeichentrickfilm
Sponge-Bob-Vater
gestorben
New York –Der Erfinder der
Serie „SpongeBob Schwammkopf“,
Stephen Hillenburg, ist
tot. Er starb 57-jährig an der
Nervenkrankheit
ALS, so Nickelodeon.
Hillenburg
habe die Serie
mit einem „einzigartigen
Sinn
für Humor und
Unschuld“ gefüllt.
Seine originellen Figuren
werden lange an die Werte von
Optimismus, Freundschaft
und grenzenloser Vorstellungskraft
erinnern, hieß es.
Würth-Entführung
Angeklagter (48)
freigesprochen
Gießen –ImProzess um die
Entführung des behinderten
Sohnes von Milliardär Reinhold
Würth hat das Landgericht
Gießen den 48-jährigen
Angeklagten freigesprochen.
Nach der Würdigung aller Indizien
„bleiben Zweifel an der
Täterschaft des Angeklagten“,
begründete der Vorsitzende
Richter gestern das Urteil. Die
wichtigste Spur in dem Indizienprozess
war die Stimme des
Lösegelderpressers. Ein Gutachten
legte nahe, dass es die
Stimme des Angeklagten war.
Doch dem Gericht reichte das
nicht für eine Verurteilung.
Foto: AP
Foto: dpa
Heilbronn –AmMorgen des
28. April fand die Mutter den
siebenjährigen Sohn Ole tot in
der mit Wasser gefüllten Badewanne
seiner Pflegeoma. Der
Junge hatte Würgemale am
Hals. Was geschah in der Wohnung
der 70-jährigen Elisabeth
S., die sich jahrelang rührend
um Ole gekümmert hatte? Seit
gestern steht die Seniorin wegen
Totschlags vor Gericht.
„Warum?“, rief Oles Mutter
gestern zu Verhandlungsbeginn
gegen Ende ihrer Aussage
schluchzend in Richtung Elisabeth
S. Auch wenn die Rentnerin
vor Gericht schwieg –
der Richter versprach Oles Eltern,
im Laufe des Prozesses
alles zu tun, damit sie eine
Antwort bekommen.
Versuchter Mord! 14 Jahre
Knast für den BVB-Bomber
Nach elf Monaten Prozesswurde Sergej W. verurteilt.Erhandelte aus Habgier
Dortmund – Er wollte die
Spieler von Borussia Dortmund
töten, um die Aktie
des Fußballvereins zum Absturz
zu bringen und sich
damit zu bereichern. Jetzt
wurde Sergej W. zu 14 JahrenHaft
verurteilt.
Am 11. April zündete der
29-Jährige aus Rottenburg
am Neckar drei Splitterbomben,
als der Bus des
Bundesligisten gerade auf
dem Weg vom Teamhotel
ins Stadion zum Champions-League-Spiel
gegen
AS Monaco war. Der Bus
wurde beschädigt,
der spanische Innenverteidiger
Marc Bartra imInneren
des Busses
schwer am Unterarm
verletzt. Ein
Polizist, der dem
Bus auf einem Motorrad
vorausfahren
sollte, hatte ein
Knalltrauma erlitten.
Der Beamte ist
heute dienstunfähig.
Das Spiel wurde
verschoben.
Fünf Jahre hatte die Witwe
Elisabeth S. den Jungen aus
Künzelsau immer wieder betreut,
Ole übernachtete auch
öfter im Haus der Kindersitterin.
Die Eltern vertrauten der
Rentnerin voll und ganz.
Als Ole tot aufgefunden wurde,
war die Seniorin spurlos
verschwunden.Bis zum Abend
des Folgetages hielt sie sich
versteckt. Bei der Rückkehr in
ihr Haus wurde S. festgenommen.
Das Motiv für die Tat ist
bisher ein Rätsel. Laut Staatsanwalt
hatte S. den Jungen seit
Beginn der Grundschule immer
seltener gesehen. Wohl
weil sie die langen Trennungszeiten
nicht mehr ertragen
konnte, habe sie beschlossen,
den Siebenjährigen zu töten.
Sergej W. am Tagder Urteilsverkündung zum
Anschlag auf den BVB-Bus (gr.F.) im Gericht.
Laut Staatsanwaltschaft
war es
das Ziel des Attentäters,
die Spieler
des Bundesligisten
zu töten. Der Angeklagte
bestreitet jedoch jede Tötungsabsicht.
Erhabe nur
Angst und Schrecken verbreiten
wollen. Er habe mit
Optionsscheinen auf einen
Kurssturz der Aktie gewettet
und auf einen Gewinn
von „einigen zehntausend
Euro“gehofft.
Seine Verteidiger hatten
deshalb nur eine Haftstrafe
wegen Herbeiführens einer
Sprengstoffexplosion be-
Foto: dpa
antragt. Diese sollte „deutlich
im einstelligen Bereich“
liegen.
Dem folgte das Gericht
nicht und verurteilte den
29-Jährigen wegen 28-fachen
Mordversuchs und
Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion.
Das Motiv
Habgier gab Sergej W. ohnehin
zu.
In dem elf Monate dauernden
Prozess hatten die
Richter neben Sprengstoffund
Aktiensachverständigen
auch fast alle damaligen
Businsassen als Zeugen
vernommen. Der heute
für Borussia Mönchengladbach
spielende Verteidiger
Elisabeth S. steht wegen
Totschlags vorGericht –
am ersten Prozesstag
schwieg die Seniorin.
Matthias Ginter brach dabei
in Tränen aus. Der damals
noch für Dortmund aktive
Torwart Roman Weidenfeller
sagte: „Der Anschlag hat
mein Leben verändert.“
Dortmunds damaliger Trainer
Thomas Tuchel mutmaßte
in seiner Zeugenaussage
sogar,dass er nach der
Saison weiter im Amt geblieben
wäre, hätte es das
Attentat nie gegeben.
Die Verteidiger hatten
Sergej W. in ihren Plädoyers
als zutiefst verunsicherte
Persönlichkeit mit
narzisstischen und selbstverliebten
Zügen beschrieben.
Fotos: dpa, AP