ADAC Motorwelt Januar 2019
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SICHER & MOBIL<br />
nicht auffällig und zentral ein farbiges<br />
Haltestellenschild der kreiseigenen Verkehrsgesellschaft<br />
PVGS stünde. Alle zwei<br />
Stunden kommt der Bus zu fixen Zeiten<br />
vorbei, lesen wir da – wenn man ihn vorher<br />
telefonisch bestellt hat. „Und das<br />
funktioniert“, sagt eine Frau in der Ortschaft<br />
Valfitz, die zufällig vorbeikommt.<br />
„Ja, es funktioniert“, versichern tags<br />
darauf auch PVGS-Geschäftsführer Ronald<br />
Lehnecke und Netzmanagerin Diana<br />
Woll beim Besuch im Busdepot. 329 Ortschaften<br />
zählt der Altmarkkreis auf einer<br />
Fläche von der Größe des Saarlands. Alle<br />
Orte seien angebunden und mit dem Re-<br />
LAND<br />
MIT DEM<br />
AUTO<br />
MIT ÖFFENT-<br />
LICHEM<br />
VERKEHR<br />
gionalbus oder der Bahn vertaktet, so<br />
Lehnecke, und das von morgens um fünf<br />
bis abends um zehn. Das heißt: „Besorgungsfahrten,<br />
Besuche, Arzttermine oder<br />
Ausflüge sind immer zuverlässig und<br />
pünktlich mit uns möglich.“<br />
Das System: Zwei Bahnstrecken und<br />
acht von Kreis und Land betriebene „große“<br />
Buslinien, die immer fahren. „Sie bilden“,<br />
erklärt Diana Woll, „das Grundgerüst,<br />
in das unser engmaschiges Rufbusnetz<br />
mit 80 Linien eingehängt ist.“ Dadurch,<br />
dass der Rufbus zu festgelegten<br />
Zeiten kommt, werden Anschlüsse zuverlässig<br />
erreicht – bei der Hin- wie bei der<br />
Der <strong>ADAC</strong> Monitor „Mobil auf dem Land“<br />
Hier die Zufriedenheitswerte in den zwölf großen Bundesländern – aufgeschlüsselt<br />
in vier Fortbewegungsarten. Bestwerte sind in Grün, Schlusslichter in Rot markiert<br />
MIT DEM<br />
FAHRRAD<br />
ZU FUSS<br />
Baden-Württemberg 44 8 29 42<br />
Bayern 48 8 25 41<br />
Brandenburg 36 13 19 33<br />
Hessen 39 5 12 36<br />
Mecklenburg-Vorp. 46 23 21 39<br />
Niedersachsen 42 3 33 41<br />
Nordrhein-Westfalen 44 10 19 42<br />
Rheinland-Pfalz 40 1 14 40<br />
Sachsen 43 20 15 38<br />
Sachsen-Anhalt 40 30 10 34<br />
Schleswig-Holstein 47 1 13 34<br />
Thüringen 44 10 14 38<br />
GESAMT 43 10 22 39<br />
Die angeführten Indexwerte ergeben sich aus der Gleichung „Zufriedene minus Unzufriedene“. Repräsentativ<br />
befragt wurden 3398 deutschsprachige Personen ab 15 Jahren in Gemeinden mit einer Bevölkerungsdichte<br />
von bis zu 150 Einwohnern/Quadratkilometer. Die Interviews fanden vom 3. bis 22. September 2018 statt. Je<br />
ausgewiesenem Bundesland wurden mindestens 200 Bewohner befragt; die Altersstruktur der Teilnehmer<br />
entsprach dabei der Altersstruktur des jeweiligen Landes. Mehr dazu: adac.de/monitor<br />
Rückfahrt. Doch wie kommt einer der<br />
strukturschwächsten Landkreise Deutschlands<br />
dazu, sich einen so dichten Nahverkehr<br />
zu leisten? „Gerade weil wir dünn besiedelt<br />
sind, müssen wir es tun“, sagt<br />
Lehnecke. Das sei auch ein Angebot gegen<br />
die Abwanderung aus den Dörfern. Dass es<br />
wirke, zeige der Zuspruch: Zählte der Vorgänger-Rufbus<br />
karge 2800 Fahrgäste pro<br />
Jahr, so stieg deren Zahl seit dem Start des<br />
neuen Netzes vor zehn Jahren auf inzwischen<br />
82.000 – das sind 30-mal so viele.<br />
Mehr öffentliche Gelder als andere<br />
Verkehrsunternehmen bekomme man<br />
übrigens nicht, merken die PVGS-Macher<br />
Lehnecke und Woll noch an. „Wir haben<br />
einfach viel nachgedacht, in der Gegend<br />
viel nachgefragt. Und dann gemacht.“<br />
Immer mehr Senioren –<br />
aber was machen die Jungen?<br />
Was in der Altmark schon vor Jahren eingeführt<br />
wurde, steckt im Amt Eider, einer<br />
Ortsgemeinschaft 150 Kilometer nördlich<br />
von Hamburg, noch in den Anfängen. Die<br />
Bedingungen, mit denen die beiden Regionen<br />
zu tun haben, sind dabei sehr ähnlich.<br />
Das lässt sich an diesem Novemberabend<br />
im Markttreff von Hennstedt besichtigen.<br />
Der Saal ist gut gefüllt, der<br />
Sängerbund Norderdithmarschen trifft<br />
sich zur Herbsttagung. Der demografische<br />
Wandel im Westen Schleswig-Holsteins –<br />
den traditionsreichen Chor hat er voll erwischt.<br />
Die meisten Mitglieder gehören<br />
zur Generation 60 plus. Unter den Gästen<br />
ist auch Jan Christian Büddig, Direktor<br />
des Amtes Eider. Er ist einer der Jüngsten.<br />
Am nächsten Morgen spricht Büddig<br />
über die Herausforderungen, vor denen<br />
seine Region steht. Die Zahl der Senioren<br />
steigt, die Jungen zieht’s in die Städte. In<br />
den Dörfern schließen Läden, Arbeitsplätze<br />
vor Ort sind rar. Wer nach qualifizierten<br />
Jobs sucht, muss nach Rendsburg,<br />
Itzehoe, Brunsbüttel oder gar nach Hamburg.<br />
40 Kilometer Pendlerstrecke und<br />
mehr sind da völlig normal.<br />
Gleichzeitig lieben die Menschen ihre<br />
Heimat. Nach der Familiengründung<br />
kehren viele aus den Großstädten W<br />
50 <strong>ADAC</strong> motorwelt 12/2018