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Berliner Kurier 19.01.2019

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*<br />

Legaler Rausch<br />

BERLIN 9<br />

Oma Brigittes kleine<br />

Haschisch-Bäckerei<br />

Die<br />

Blüten für die Kekse<br />

stehen in einer verschlossenen<br />

Dose bei Brigitte Biesel<br />

im Küchenschrank.<br />

Oma Brigitte erhält<br />

Cannabis auf Rezept in<br />

der Apotheke. Die 1000<br />

Euro im Jahr zahlt sie<br />

selbst.<br />

Die 81-Jährige bekommt Cannabis auf Rezept und macht daraus leckerePlätzchen<br />

Von<br />

KERSTIN HENSE<br />

Köpenick – 200 Gramm Mehl,<br />

ein wenig Zitronensaft, ein<br />

Tütchen Vanillezucker und<br />

1,5 Gramm Cannabis. Das<br />

sind nur einige der Zutaten,<br />

wenn Oma Brigitte Kekese<br />

bäckt. Ihre schmecken nicht<br />

nur gut, sondern sie machen<br />

auch glücklich. Rentnerin<br />

Brigitte Biesel aus Köpenick<br />

backt sich Haschkekse selbst<br />

–und das ganz legal.<br />

Fotos: Eric Richard<br />

Oma Brigitte sitzt am Küchentisch<br />

ihres Reihenhauses. Vor<br />

ihr steht eine weiße Tupperdose,<br />

aus der es süßlich-würzig<br />

riecht. Sie legt kleine Sterne,<br />

Herzen und Monde auf einen<br />

Teller, die sie aus dem Teig ihres<br />

Spezialrezepts ausgestochen<br />

hat. „Das ist der Rest von<br />

Weihnachten. Sehen Sie das<br />

Grüne, was da durchschimmert?<br />

Das sind die Blüten“, erklärt<br />

sie.<br />

Eine 81-Jährige, die Haschkekse<br />

backt, das klingt zunächst<br />

lustig und ungewöhnlich,<br />

aber dahinter verbirgt sich<br />

eine tragische Geschichte. Die<br />

Rentnerin ist chronisch krank<br />

und backt sich ihre Medikamente<br />

mit verordnetem Cannabis<br />

aus der Apotheke.<br />

Als sie 20 ist, diagnostiziert<br />

ihr Arzt dasRestless-Legs-Syndrom,<br />

bei dem Betroffene ein<br />

brennendes, stechendes oder<br />

kribbelndes Gefühl in den Beinen<br />

verspüren, wenn sie zur<br />

Ruhe kommen. „Ich konnte<br />

nachts nicht mehr ruhig liegen<br />

und war stundenlang wach“,<br />

sagt sie. Trotz nur zwei Stunden<br />

Schlaf pro Nacht oder weniger<br />

arbeitet sie als Herrenschneidermeisterin<br />

und macht<br />

nebenher ein Abendstudium in<br />

Bekleidungstechnologie.<br />

Doch ihre Krankheit zerstört<br />

die Zukunftspläne. Wegen der<br />

Schlafstörungen bekommt sie<br />

eine Depression und muss das<br />

Studium abbrechen. Schließlich<br />

macht sie ein schwerer<br />

Bandscheibenvorfall mit Mitte<br />

40 arbeitsunfähig. Sie hat Lähmungserscheinungen<br />

und unerträgliche<br />

Schmerzen. „Mein<br />

Rücken fühlte sich an, als würde<br />

er auseinanderbrechen“,<br />

sagt sie. Nach einer aufwendigen<br />

Operation geht es ihr besser,<br />

aber die Schmerzen in den<br />

Beinen bleiben.<br />

Biesels Ärzte pumpen sie mit<br />

Chemie voll. Antidepressiva,<br />

Morphium, Tabletten fürs<br />

Herz. Die „schweren Geschütze“<br />

verätzen ihren Magen und<br />

verursachen Darmblutungen.<br />

Anfang 2000 erleidet sie einen<br />

Schlaganfall. Mehr als 50 Mal<br />

war sie in der Klinik. Ehemann<br />

Helmut (76) ist stets an ihrer<br />

Seite und trocknet ihre Tränen,<br />

wenn sie, wie so oft, am Ende<br />

ihrer Kräfte ist.<br />

Erst als ihr Enkel ihr vor drei<br />

Jahren Cannabiskekse mitbringt,<br />

verringert sich ihr Leiden..<br />

„Zuerst war ich unsicher,<br />

aber dann ging es mir immer<br />

besser. Das hat mich überzeugt“,<br />

sagt sie. Sie kann wieder<br />

allein Treppensteigen und auch<br />

kleinere Arbeiten in ihrem Garten<br />

erledigen.<br />

Heute bäckt sich Biesel aus<br />

Teig eigene Plätzchen. Das<br />

Cannabis, das ihr eine Privatärztin<br />

verschreibt, wiegt sie auf<br />

einer Feinwaage ab und zerstanzt<br />

die Blüten in einem Mörser.<br />

Seit 2017 können Ärzte in<br />

Deutschland Cannabis verordnen,<br />

aber sie tun sich schwer<br />

damit. „Vielen Ärzten fehlen<br />

noch Erfahrungswerte und sie<br />

sind nicht bereit, sich darauf<br />

einzulassen“, so Dr. Christian<br />

Kessler, Oberarzt am Immanuel-Krankenhaus<br />

in Zehlendorf.<br />

Brigitte Biesel kann die Skepsis<br />

nicht verstehen. Sie sagt:<br />

„Ich liege doch nicht bekifft auf<br />

dem Sofa, sondern halte mich<br />

an die Dosierung.“<br />

Wie die Kulisse eine<br />

Horrormärchens: Die<br />

alte Kinderklinik ist nur<br />

noch eine Bruchbude.<br />

Fotos: Henseke<br />

Klinikruine in Weißensee<br />

wird besser gesichert<br />

Berlin –Das alte Kinderkrankenhaus<br />

Weißensee ist ein Ärgernis<br />

–für Anwohner und Politik<br />

(KURIER berichtete). Seit<br />

Jahren wird darum gerungen,<br />

was mit dem Areal passiert,<br />

Wohnungen oder eine Schule<br />

wären möglich. Jetzt soll die<br />

Klinikruine, durch die jeden<br />

Tag Neugierige streifen, aber<br />

erst einmal besser gesichert<br />

werden. „Es gibt konkrete Risiken<br />

für Leib und Leben auf dem<br />

Areal. Wir wollen verhindern,<br />

dass Personen unbefugt das Gelände<br />

betreten“, erklärt Birgit<br />

Möhring, Geschäftsführerin<br />

der BIM, der landeseigenen<br />

<strong>Berliner</strong> Immobilienmanagement<br />

GmbH, die das Grundstück<br />

verwalten wird. Die BIM<br />

handelt, obwohl die Umschreibung<br />

noch nicht offiziell erfolgt<br />

ist. Denn in den Gebäuden besteht<br />

hohe Absturzgefahr, auch<br />

Teile des Dachstuhls sind einsturzgefährdet.<br />

In den nächsten<br />

Wochen wird der Zaun repariert,<br />

das Betreten durch zusätzliche<br />

Bauzäune verhindert,<br />

der Schutt beräumt, ein Fußgängerschutztunnel<br />

errichtet<br />

und Fangschutznetze installiert.<br />

Zudem wird ein Sicherheitskonzept<br />

erarbeitet. STH<br />

Foto: dpa<br />

Absturz-Opfer<br />

identifiziert<br />

Strausberg –Nach dem Absturz<br />

eines Kleinflugzeugs bei<br />

Oberbarnim am vergangenen<br />

Sonnabend ist die Identität der<br />

Opfer geklärt. Bei den beiden<br />

Insassen handelte es sich laut<br />

Polizei um einen Mann (64)<br />

aus Sachsen-Anhalt und einen<br />

65-jährigen Brandenburger.<br />

Einer von ihnen war Lehrer einer<br />

Flugschule. Bei dem anderen<br />

Opfer handelte es sich vermutlich<br />

um einen Piloten, der<br />

seine Lizenz erneuern wollte.<br />

Zum Absturzhergang wird<br />

weiter ermittelt. Das in Strausberg<br />

gestartete Flugzeug war<br />

nahe der Gemeinde Oberbarnim<br />

auf ein Feld gestürzt.

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