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Berliner Zeitung 23.01.2019

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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 19 · M ittwoch, 23. Januar 2019 – S eite 20 *<br />

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Sport<br />

Huddersfield<br />

Dortmunder<br />

Schule<br />

Hendrik Buchheister<br />

macht in der Premier League<br />

einen bemerkenswerten<br />

Trend aus.<br />

Die Gemeinsamkeiten zwischen<br />

dem Fußballlehrer David Wagner,<br />

der Huddersfield Town in die<br />

Premier League geführthat und den<br />

Klub in der vergangenen Woche verließ,<br />

und seinem am Dienstag vorgestellten<br />

Nachfolger Jan Siewert sind<br />

offensichtlich. Beide sind vergleichsweise<br />

jung. Siewert ist mit 36 Jahren<br />

sogar der jüngste Trainer der Premier<br />

League. Beide kamen von Borussia<br />

Dortmunds zweiter Mannschaft<br />

nach Huddersfield und waren der<br />

Branche in England zuvor kein Begriff<br />

gewesen. Doch Siewert will verhindern,<br />

dass er als Wagner-Kopie<br />

gesehen wird. Dasmachte er gestern<br />

bei seinem Einstand klar.<br />

Die Ausgangslage für den neuen<br />

Mann ist kompliziert. Huddersfield<br />

ist Tabellenletzter. Der Rückstand<br />

auf die Nicht-Abstiegsplätze beträgt<br />

nach neun Niederlagen (und einem<br />

Unentschieden) aus den jüngsten<br />

zehn Spielen zehn Punkte.Nach Siewerts<br />

Auftakt gegen Everton kommende<br />

Woche Dienstag geht es gegen<br />

Arsenal und Chelsea. Nach<br />

menschlichem Ermessen ist Huddersfields<br />

Abstieg kaum noch zu verhindern.<br />

Der neue Trainer versucht<br />

dennoch, Zuversicht auszustrahlen:<br />

„Ich würde hier nicht sitzen, wenn<br />

ich nicht überzeugt wäre“, sagte Siewert.Wobei<br />

er damit wohl eher seine<br />

Arbeit an sich meinte, nicht den<br />

Klassenerhalt konkret.<br />

Huddersfield Town ist ein Verein,<br />

der wirtschaftliche Vernunft und einen<br />

langfristigen Plan über kurzfristigen<br />

Erfolg stellt. Der Gang in die<br />

zweite Liga nach zwei Spielzeiten in<br />

der Premier League wäre kein<br />

Drama. Siewert ist kein Feuerwehrmann.<br />

Seine Aufgabe wird eseher<br />

sein, die Mannschaft auf den Wiederaufstieg<br />

vorzubereiten. SeineVerpflichtung<br />

zeigt, wie in Huddersfield<br />

hinter den Kulissen gearbeitet wird.<br />

Der Verein stand seit mehr als zwei<br />

Jahren mit ihm in Kontakt, damals<br />

war Siewert noch Co- und Nachwuchstrainer<br />

beim VfL Bochum.<br />

Huddersfield wollte gerüstet sein für<br />

die Zeit nach Wagner. Nach dessen<br />

Aus war Siewert die erste Wahl des<br />

Klubs, wie Geschäftsführer Julian<br />

Winter sagte: „Jan stand auf unserer<br />

Liste ganz oben, als es darum ging,<br />

eine Entscheidung zu treffen.“<br />

Siewerts Karrieresprung aus der<br />

Regionalliga in die Premier League<br />

zeigt die wachsende Wertschätzung<br />

des englischen Fußballs für deutsche<br />

Trainer. Die alles überragende Figur<br />

in dieser Hinsicht ist natürlich Jürgen<br />

Klopp,der mit dem FC Liverpool<br />

auf dem Wegzum ersten Meistertitel<br />

seit fast 30 Jahren ist. Aber auchWagner<br />

und der ebenfalls von Dortmunds<br />

zweiter Mannschaft nach<br />

England gewechselte Daniel Farke,<br />

der mit Norwich City in der zweiten<br />

Liga auf Aufstiegskurs ist, belegen einen<br />

bemerkenswerten Trend.<br />

Der jüngste Trainer der Premier League:<br />

Jan Siewert<br />

DPA/EGERTON<br />

Kreisläufer:Deutschlands Handballer feiernden Einzug ins WM-Halbfinale.<br />

Noch lange nicht genug<br />

Dervorzeitige Einzug ins Halbfinale eröffnet der DHB-Auswahl die Möglichkeit an ihren Schwächen zu arbeiten<br />

VonCarolin Paul, Köln<br />

Erst in den letzten Minuten<br />

entschied sich am Montagabend<br />

der Hauptrunden-<br />

Krimi gegen Kroatien<br />

(22:21), der der deutschen Mannschaft<br />

den vorzeitigen Einzug in das<br />

WM-Halbfinale am kommenden<br />

Freitagabend in Hamburg sicherte.<br />

Dementsprechend losgelöst war die<br />

Stimmung nach dem Abpfiff. Matchwinner<br />

Fabian Wiede rannte auf seinen<br />

Teamkollegen Andreas Wolff zu<br />

und sprang ihm in die Arme.Schnell<br />

wurde aus dem Duo eine tanzende<br />

Meute,die zu „Oh, wie ist das schön“<br />

jubelnd im Kreis sprang. Umgeben<br />

von einem Fahnenmeer und 19 250<br />

begeisterten Zuschauern konnten<br />

die deutschen Handballer ihr Glück<br />

kaum fassen.<br />

„Mir fehlen die Worte. Wir haben<br />

jetzt das geschafft, was wir uns vorgenommen<br />

haben und sind im<br />

Halbfinale.Jetzt wollen wir natürlich<br />

noch mehr“, sagte Abwehr-Hüne<br />

Patrick Wiencek nach dem Spiel.<br />

UndBundestrainer Christian Prokop<br />

merkte an: „Das war heute eine ganz<br />

harte Prüfung. In so einer Drucksituation<br />

zu bestehen, darauf bin ich unheimlich<br />

stolz.“<br />

Bei aller Begeisterung: Die Gedanken<br />

der deutschen Handball-<br />

Helden waren auch bei ihrem Teamkollegen<br />

Martin Strobel, der in der<br />

Auseinandersetzung mit den Kroaten<br />

ein persönliches Drama erlebt<br />

hatte.Der Spielmacher war während<br />

einer Offensiv-Aktion gegen Luka<br />

Stepancic weggeknickt und musste<br />

von der Platte getragen werden. Im<br />

Krankenhaus bestätigte sich dann<br />

die Felddiagnose: Innenbandriss.<br />

Weiter wurde ein Riss des vorderen<br />

Kreuzbandes festgestellt.<br />

Mitleidvollem Gesichtlag der Balinger<br />

auf der Platte, hielt sich das<br />

Knie und schrie vor Schmerzen. Ein<br />

Schock-Moment für alle, die in der<br />

Halle und am Fernseher mitfieberten.<br />

Christian Prokop schlug an der<br />

Seitenlinie die Hände vor dem Gesicht<br />

zusammen und konnte sich<br />

das Elend gar nicht ansehen: „Es war<br />

ganz schlimm, als man ihn auf die<br />

GRUPPE 1 IN KÖLN<br />

Spanien -Brasilien 36:24 (19:13)<br />

Kroatien -Deutschland 21:22 (11:11)<br />

Brasilien -Island Mi., 15.30<br />

Frankreich -Kroatien Mi., 18.00<br />

Deutschland -Spanien Mi., 20.30<br />

1. Deutschland 4 105: 86 7<br />

2. Frankreich 4 113: 99 7<br />

3. Spanien 4 117:105 4<br />

4. Kroatien 4 101: 97 4<br />

5. Brasilien 4 96:120 2<br />

6. Island 4 93:118 0<br />

Eine Knieverletzung hat für Martin Strobel das WM-Aus zur Folge.<br />

Trage gehoben hat, weil er vor<br />

Schmerzengeschrien hat.“<br />

Pekeler ist den Tränen nah<br />

Auf dem Spielfeld steckte das deutsche<br />

Team den Vorfall erstaunlich<br />

gut weg.„Danach waren wir noch fokussierter<br />

und wollten unbedingt<br />

gewinnen. Das haben wir dann ja<br />

auch geschafft“, erklärte Rückraumspieler<br />

Fabian Wiede seine Gefühlslage.<br />

Das Glücksgefühl hatte nach<br />

dem Sieg hatte jedoch einen bitteren<br />

Beigeschmack. „Als wir in die Kabine<br />

gegangen sind, stand Martins Verletzung<br />

wieder im Vordergrund. Da<br />

konnte man das nicht mehr verdrängen“,<br />

sagte Steffen Weinhold.<br />

Strobel, der bis dahin ein starkes<br />

Turnier gespielt hatte, bekam von<br />

dem Erfolg nicht mehr viel mit. Erst<br />

zum Abendessen stieß er wieder zur<br />

GRUPPE 2 IN HERNING<br />

Schweden -Norwegen 27:30 (14:17)<br />

Ägypten -Dänemark 20:26 (7:9)<br />

Tunesien -Ägypten Mi., 15.30<br />

Norwegen -Ungarn Mi., 18.00<br />

Dänemark -Schweden Mi., 20.30<br />

1. Dänemark 4 117: 90 8<br />

2. Schweden 4 122:107 6<br />

3. Norwegen 4 122:109 6<br />

4. Ungarn 4 108:109 3<br />

5. Ägypten 4 102:115 1<br />

6. Tunesien 4 90:131 0<br />

DPA/BECKER<br />

Mannschaft und verabschiedete sich<br />

mit einer mitreißenden Rede vonseinen<br />

Mitspielern. Ein bewegender<br />

Moment, der viele zu Tränen rührte.<br />

Hendrik Pekeler sprach von „Pipi in<br />

den Augen“ und lobte gleichermaßen<br />

den Teamgeist Strobels, der die<br />

Mannschaft für die nächsten Aufgaben<br />

ermutigte. „Es spricht für ihn,<br />

dass er in einer solchen Situation den<br />

Kopf oben behält“, sagte Pekeler.Der<br />

Bundestrainer konnte sich da nur anschließen:<br />

„Martin ist ein absoluter<br />

Teamplayer mit sehr großem Ansehen<br />

in der Mannschaft. Er hat auch<br />

menschlich seine Qualitäten gezeigt<br />

und sich bei der Mannschaft für die<br />

geile Zeit bedankt und uns mit Mut<br />

nach Hamburg verabschiedet. Jetzt<br />

wollenwir für ihn fighten.“<br />

Als Ersatz für Strobel hat Prokop<br />

TimSuton nachnominiert, der heute<br />

anreist und im letzten Hauptrundenspiel<br />

gegen Spaniensein erstes Match<br />

bei einer Weltmeisterschaft bestreiten<br />

wird. Sein Mannschaftskollege<br />

Steffen Fäth traut dem Lemgoer die<br />

schwere Aufgabe durchaus zu: „Tim<br />

ist natürlich noch ein sehr junger<br />

Spieler.Ich hoffe,dasserjetzt einfach<br />

zu uns stößt und die gleiche Leistung<br />

bringt, die er auch in der Bundesliga<br />

zeigt. Dann kann er uns bestimmt<br />

sehr viel helfen.“<br />

Obwohl es bei der Begegnung um<br />

nichts mehr geht, will sich die deutsche<br />

Mannschaft gebührend aus<br />

Köln verabschieden.„Das,was in Berlinlos<br />

war, warschon überwältigend.<br />

In Köln sind diepaar tausend mehr in<br />

der Halle dann aber schon spürbar.<br />

Die Fans haben uns inden schwierigen<br />

Phasen getragen und dafür wollen<br />

wir uns bedanken“, bemerkte<br />

Paul Drux anerkennend.<br />

Schwache Wurfausbeute<br />

IMAGO/HILSE<br />

Wieschon in derVorrunde gegen Serbien<br />

können die Spieler dennoch ein<br />

paar Kräfte schonen. Spanien ist dabei<br />

allerdings nicht unbedingt der angenehmste<br />

Gegner. Mit ihrer robusten<br />

Abwehr und vielen daraus resultierenden<br />

Gegenstößen drücken die<br />

Iberer ordentlich aufs Tempo. Ein<br />

Grund mehr, noch einmal ein paar<br />

Dinge auszuprobieren, um in Hamburggefestigter<br />

auftreten zu können.<br />

Denn bei all der Freude haben die<br />

letzten Spiele einige Defizite aufgezeigt.<br />

DieWurfausbeute ist ausbaufähig<br />

und wurde bisher nur vonder exzellenten<br />

Abwehr aufgefangen. Gegen<br />

Kroatien blieben die Deutschen beispielsweise<br />

neun Minuten ohne Tor<br />

und verspielten damit fast den sicher<br />

geglaubten Sieg. Soll es mit dem<br />

Traum vom WM-Gold weitergehen,<br />

so muss an dieser Sollstelle dringend<br />

gearbeitet werden. Mit der Unterstützung<br />

der Fans sollte das aber<br />

kein Problem sein.<br />

Carolin Paul<br />

glaubt, dass sich das DHB-<br />

Team noch steigernkann.<br />

Und jedes<br />

Tor<br />

zählt<br />

Die Hauptrunden-Gruppe 2<br />

ist voller Spannung<br />

Nach der verpassten Vorentscheidung<br />

der Schweden gegen<br />

Norwegen begann in der Hauptrunden-Gruppe<br />

2das große Rechnen.<br />

Ein Sieg mit mindestens drei Toren<br />

im alles entscheidenden Hauptrundenspiel<br />

gegen Dänemark, bei hoher<br />

Trefferzahl reichen möglicherweise<br />

schon zwei: So können es die Schweden<br />

doch noch ins WM-Halbfinale<br />

schaffen, wenn sie am Mittwoch<br />

(20.30 Uhr) in Herning auf den Co-<br />

Gastgeber treffen. Auch das deutsche<br />

Team dürfte sich das Spiel ganz<br />

genau anschauen –esgeht um den<br />

möglichen Halbfinalgegner.<br />

Eigentlich hätte alles so schön<br />

einfach sein können: Bei einem Sieg<br />

gegen Norwegen wäre Schweden<br />

wie Dänemark schon für die Vorschlussrunde<br />

qualifiziert gewesen.<br />

Nunzählt jedes Tor. Dänemarkrechnet,<br />

Schweden rechnet, Norwegen<br />

rechnet –und am Ende können es<br />

nur zwei ins Halbfinale schaffen.<br />

Mehr Spannung geht nicht.<br />

Einfrustriertes Urteil<br />

Der Frust war nach der verkorksten<br />

Partie gegen Norwegen groß bei den<br />

Schweden. „Absolut unser eigener<br />

Fehler“, sagte Linksaußen Hampus<br />

Wanne nach dem 27:30 am Montag<br />

zerknirscht. „Besonders der Start in<br />

die zweite Hälfte war nicht in der<br />

Nähe von dem, was man braucht,<br />

um in ein Halbfinale zu kommen“,<br />

lautete sein frustriertes Urteil.<br />

Nun zählt im direkten Vergleich<br />

der drei Teams jedes Tor. Dänemark<br />

reicht sogar eine Niederlage mit maximal<br />

vier Toren zum Weiterkommen.<br />

Die Schweden müssen mit<br />

mindestens drei Toren bei niedriger<br />

Trefferzahl oder zwei Torenbei mehr<br />

als 30 Treffern gewinnen, um gemeinsam<br />

mit Dänemark ins Halbfinale<br />

einzuziehen. Bei einem aus<br />

schwedischer Sicht schlechteren Ergebnis<br />

ist derWegfür Dänemarkund<br />

Norwegen frei – vorausgesetzt, die<br />

Norweger gewinnen zuvor ihr letztes<br />

Hauptrundenspiel gegen Ungarn.<br />

Als wäre all das nicht Drama genug,<br />

geht es in diesem Spiel auch<br />

ums Prestige.Schweden ist der traditionelle<br />

Rivale Dänemarks,ganz egal<br />

ob beim Handball, Fußball oder anderswo.<br />

Gegen Norwegen zu gewinnen,<br />

ist schön und gut –ein Sieg gegen<br />

die Schweden hätte für die<br />

Handballnation Dänemark aber<br />

noch einen weitaus höheren Wert.<br />

Auch wenn Dänemarks Henrik Möllgaard<br />

im Spaß verkündete: „Wir werfen<br />

Norwegen gerne raus. Niemand<br />

magNorwegen.“<br />

Die schwedische <strong>Zeitung</strong> Dagens<br />

Nyheter spricht bereits von einem<br />

„WM-Wunder“, das die Schweden<br />

benötigen. Und die Norweger? Legen<br />

am Mittwoch gegenUngarnvor,<br />

drücken dann dem Co-Gastgeber<br />

die Daumen. Ausnahmespieler Sander<br />

Sagosen beantwortete die Frage,<br />

ob er für Dänemark sei, glasklar:<br />

„Selbstverständlich.“ (dpa)<br />

Für einen Abend Dänemark-Fan:<br />

Norwegens Sander Sagosen AFP/NACKSTRAND

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