Berliner Kurier 01.02.2019
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BERLINER KURIER, Freitag, 1. Februar 2019<br />
Holocaust-Überlebender warnt vorNationalismus<br />
Saul Friedländers (86) Rede in der Holocaust-Gedenkstundedes Deutschen Bundestags<br />
NACHRICHTEN<br />
Ärger für Trump<br />
Berlin –Nach seiner Gedenkrede<br />
erhält Saul Friedländer<br />
stehenden Beifall vom ganzen<br />
Bundestag. Das ist heutzutage<br />
eine Nachricht: Vergangene<br />
Woche verließen bayerische<br />
AfD-Abgeordnete während der<br />
Gedenkrede der früheren Präsidentin<br />
des Zentralrats der Juden,<br />
Charlotte Knobloch, den<br />
Landtag. In Berlin applaudiert<br />
auch Alexander Gauland dem<br />
Holocaust-Überlebenden und<br />
Historiker Friedländer. Er bewegt<br />
seine Hände kaum, ein<br />
Applaus in Zeitlupe.<br />
Friedländer hatte zuvor die<br />
Deutschen aufgerufen, sich<br />
gegen Hass auf Minderheiten<br />
und gegen Nationalismus zu<br />
wehren. „Antisemitismus ist<br />
nur eine der Geißeln, von denen<br />
jetzt eine Nation nach der anderen<br />
schleichend befallen wird“,<br />
so der 86-Jährige in der Gedenkstunde<br />
des Bundestags für<br />
die Opfer des Holocaust. „Der<br />
Fremdenhass, die Verlockung<br />
autoritärer Herrschaftspraktiken<br />
und insbesondere ein sich<br />
immer weiter verschärfender<br />
Nationalismus sind überall auf<br />
der Welt in besorgniserregender<br />
Weise auf dem Vormarsch.“<br />
Friedländer überlebte den<br />
Holocaust versteckt in einem<br />
katholischen Priesterseminar.<br />
Aus Pavel wurde der katholische<br />
Junge Paul. Mit 15 wanderte<br />
er nach Israel aus, nannte<br />
sich später Saul.<br />
Davor hatte Parlamentspräsident<br />
Wolfgang Schäuble<br />
(CDU) gesprochen: „Nicht die<br />
Volksgemeinschaft ist Referenzrahmen<br />
unserer Verfassung,<br />
sondern das Individuum.“<br />
Kürzerkann man das 400-<br />
seitige AfD-Gutachten des<br />
Bundesamts für Verfassungsschutz<br />
nicht zusammenfassen.<br />
Foto: Christian Ditsch/epd<br />
Saul Friedländer (86) in der<br />
Gedenkstunde des Bundestags.<br />
Foto: Bebeto Matthews/AP<br />
New York –US-Präsident<br />
Donald Trump will eine<br />
Mauer bauen lassen, um sein<br />
Land vor illegaler Migration<br />
zu schützen. Er selbst ließ<br />
aber illegale Einwanderer ohne<br />
gültige Papiere in einem<br />
seiner Golfklubs arbeiten:<br />
Demokraten stellten jetzt die<br />
aus Guatemala stammende<br />
Victorina Morales (Bild) vor.<br />
Showdown in Venezuela<br />
Europaparlament erkennt InterimspräsidentenGuaidóan. Der umwirbt jetzt das Militär<br />
Caracas –Gefährliche Eskalation<br />
im venezolanischen<br />
Machtkampf: Der selbst ernannte<br />
Interimspräsident<br />
Juan Guaidó hat sich heimlich<br />
mit Vertretern der Streit- und<br />
der Sicherheitskräfte getroffen,<br />
schrieb er in einem Gastbeitrag<br />
für die „New York<br />
Times“. Für einen<br />
Regierungswechsel<br />
sei es entscheidend,<br />
dass das<br />
Militär dem amtierenden<br />
Staatspräsidenten<br />
Nicolás<br />
Maduro,<br />
dem Wahlma-<br />
Präsident<br />
Nicolás Maduro<br />
(56) hat das<br />
Land heruntergewirtschaftet,ihm<br />
werden Wahlmanipulationen<br />
vorgeworfen. Seine<br />
Macht stützt er auf das<br />
Militär –und seine Freunde in<br />
Moskau und Peking.<br />
nipulation und Menschenrechtsverletzungen<br />
vorgeworfen<br />
werden, die Unterstützung<br />
entzieht.<br />
Einen wichtigen Erfolg<br />
konnte der 35-jährige Herausforderer<br />
Guaidó gestern für<br />
sich verbuchen: Das Europaparlament<br />
hat ihn als neuen<br />
Interimspräsidenten von Venezuela<br />
anerkannt. Eine entsprechende<br />
Erklärung verabschiedete<br />
das Parlament mit<br />
der überwältigenden Mehrheit<br />
von 439 gegen 104 Stimmen,<br />
88 Abgeordnete enthielten<br />
sich.<br />
Die USA und zahlreiche lateinamerikanische<br />
Länder haben<br />
Guaidó bereits als legitimen<br />
Interimspräsidenten anerkannt.<br />
Zudem haben mehrere<br />
europäische Staaten Maduro<br />
ein Ultimatum gestellt: Ruft<br />
er bis zum Sonntag keine<br />
freien und fairen Wahlen aus,<br />
wollen unter anderem<br />
Deutschland, Frankreich, Spanien<br />
und Großbritannien Guaidó<br />
als Übergangspräsidenten<br />
anerkennen.<br />
Laut UN-Flüchtlingswerk<br />
sind bislang mehr als drei Millionen<br />
Venezolaner in andere<br />
Länder der Region geflohen –<br />
es sei die größte Fluchtbewegung<br />
in der modernen Geschichte<br />
Lateinamerikas. Täglich<br />
entschieden sich weitere<br />
5000 Menschen zur<br />
Flucht.<br />
Hinter Maduro stehen<br />
Staaten wir Russland,<br />
China, der Iran<br />
und die Türkei. Seine<br />
wichtigste Stütze ist<br />
(noch) die Armee. Hinter<br />
Guaidó stehen die<br />
venezolanischen Massen,<br />
die gegen Maduro<br />
demonstrieren,<br />
und<br />
die freie<br />
Welt.<br />
Juan Guaidó<br />
(35)weißdie<br />
Mehrheit der<br />
Venezolaner hinter<br />
sich –und wird vom<br />
Westen unterstützt.<br />
Er fordertNeuwahlen und<br />
möchte die politischökonomische<br />
Geisterfahrtdes<br />
Maduro-Regimes, die über drei<br />
Millionen Venezolaner außer<br />
Landes trieb, beenden.<br />
Foto: KiichiroSato/dpa<br />
Europas Puls schlägt<br />
Berlin –Die proeuropäische<br />
Bürgerbewegung„Pulse of<br />
Europe“ ruft wieder zu<br />
Kundgebungen auf. Am<br />
Sonntag gehen Europafreunde<br />
in 21 Ländern aufdie<br />
Straße, so Sprecherin Stephanie<br />
Hartung. Bis zur Europawahl<br />
(26. Mai) soll es eine<br />
Vielzahlvon Demos geben.<br />
Erfolg durch Sparen<br />
Washington –Obwohl es<br />
nicht so gutläuft, lehnt sich<br />
der E-Auto-Pionier Teslafür<br />
2019 weit aus dem Fenster:<br />
In jedemQuartalsoll ein Gewinn<br />
gemacht werden, sagt<br />
Vorstandschef Elon Musk.<br />
Wie das gehen soll?„Wir<br />
müssen gnadenlos die Kosten<br />
senken“,soMusk (Bild).<br />
Nato-Chef mahnt Peking<br />
Brüssel –Inden Konflikt<br />
Kanada-China hat sich jetzt<br />
Nato-Generalsekretär Jens<br />
Stoltenberg eingeschaltet. Er<br />
appellierte an Peking, zwei<br />
Kanadier fair zu behandeln,<br />
die festgehalten werden, seit<br />
die Huawei-Managerin<br />
Meng Wanzhou in Kanada<br />
festgenommen wurde.<br />
Foto: A. Cubillos, B. Vergara, F. Llano/AP, Edilzon Gamez/Getty<br />
Gegen US-Sanktionen<br />
Berlin –Deutschland,<br />
Frankreich undGroßbritannien<br />
haben nach NDR-Informationen<br />
eine Zweckgesellschaft<br />
für den Iran-Handel<br />
offiziell gegründet. Der<br />
Name: INSTEX. Europa<br />
wagt damit die Konfrontation<br />
mit den USA. Die Gesellschaft<br />
wird in Paris angesiedelt.